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    Ludwig II.
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    Christian Alexander Z.
    Christian Alexander Z.

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    5,0
    Veröffentlicht am 3. Juni 2023
    Ein epochales Meisterwerk, wir haben ihn in voller länge gesehen (an zwei Abenden). Deutlich zugänglicher als "Der Leopard" präsentiert sich der Film, der auch nach 50 Jahren hervorragend unterhält. Cast, Ausstattung, Musik und dann diese Handlung, das ist schon SEHR sehenswert.
    Kino:
    Anonymer User
    4,0
    Veröffentlicht am 2. Januar 2019
    Kritik von Joachim Meßner

    „Ludwig II.“ von Luchino Visconti (1972

    Rezensionstitel: „Fackeln im Regen“

    Neujahrstag 2019. Ich lege die erste DVD (von zweien) in den Player. Teil 1 von 5 Teilen des Films „Ludwig II.“ von Luchino Visconti läuft los. Nach knapp einer Stunde Laufzeit muss ich tief Luft holen. Die Handlung schleppt sich langsam voran. Zuviel Mystik, zu wenig Denkfutter. Und mir wird klar, dass ich den Film so nicht würde weiter anschauen können. Mir fehlen einfach Informationen. Nach einer halben Stunde Wikipedia habe ich die Eckdaten, die mich dann den 3-stündigen Rest des Films ertragen lassen.

    Visconti begeht in diesem ansonsten wunderbar gefilmten Oeuvre gleich zu Beginn diverse, in meinen Augen unnötige Stockfehler, die dem Werk leider eine fahrige Anmutung bescheren und so manchen Zuschauer gleich zu Anfang vergraulen.

    In der allerersten Szene klärt ein Geistlicher (Gerd Fröbe) den blutjungen Ludwig (Helmut Berger) während der Beichte freundlich darüber auf, dass er als künftiger König von Bayern neue Verhaltensweisen, nämlich die eines Staatsmannes, an den Tag legen müsse. Diese sehr intim ausgeleuchteten Großaufnahmen stellen uns den 18-jährigen Teenager Ludwig als tiefgründigen, gebildeten und ohne Zweifel extrem hübschen Anwärter auf den bayrischen Thron vor. Eine Ikone von einem Mann.

    Doch schon hier patzt Regisseur Visconti. Unsaubere Schnitte, ein Teil davon platte Achsensprünge, nehmen den Monologen die erhoffte Spannkraft, weil die unausgegorene Bildsprache unsere Aufmerksamkeit absorbiert. Die Szene verliert dadurch an Wirkung. Für einen Filmauftakt denkbar ungünstig.

    Dann schneidet der Cutter urplötzlich von diesen hochintensiven Großaufnahmen in einen Zoom-Out hinein, der bereits angefangen hat. Das ist wahrhaft amateurhaft. Die wunderbare Stimmung der Beichte wird dadurch zerstört. Der ungelenke Zoom geht in einen langsamen Rechtsschwenk über und wird dann sofort wieder zu einem Zoom-In, der auf eine Wand zielt, aber dann leider einfach so abgebrochen wird zugunsten eines Schnittes zu einem Mann mit Brille vor schwarzem Hintergrund, der direkt in die Kamera hinein spricht, als würde er interviewt werden (von wem bitte?).

    Dieser Mann wird uns nicht vorgestellt (keine Bauchbinden). Wir müssen raten, wer er ist. Den Text, den er spricht, kann man inhaltlich zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht einordnen, nicht einmal den Zeitpunkt, wann er gesprochen worden sein könnte. Es könnte ein Flash-Forward sein. Aber man weiß nichts Genaues. Währenddessen zoomt die Kamera langsam auf das Gesicht des Mannes. Dann spricht er die Krönungszeremonie des jungen Königs Ludwig im Jahr1864 an.

    Sofort folgt ein Schnitt in einen großen, prächtigen Barocksaal, vermutlich im Schloss Nymphenburg, in dem sich viele Honoratioren und Würdenträger versammelt haben. Diese Einstellung ist wiederum ein Zoom-Out, der keinen Anfang hat. Man kann es kaum glauben: Einfach mal in einen bereits laufenden Zoom reinschneiden. - Fängt so ein 4 stündiger Historienfilm an, der die Jahre überdauern soll? Das ist eher mieses MTV.

    Die Honoratioren marschieren in diesem Zoom-Out auf einen jungen, bildhübschen jungen Mann in prachtvoller Uniform zu und verneigen sich vor ihm. Ein Zeremonienmeister flüstert dem jungen Mann von der Seite aus zu: „Die Herren des Kabinetts!“. Im OFF-hört man ein Blasorchester den bayrischen Defiliermarsch schmettern. Weitere steinalte Würdenträger treten heran und verneigen sich tief vor dem Jungen. Einer sagt: „Euer Hoheit!“ Dann schreitet ein würdiger Bischof mit Stab und Entourage in den Festsaal herein. Die ganze Welt scheint dieser Krönung beizuwohnen. Aber warum hat sich der junge Königsanwärter Ludwig (Helmut Berger) in den letzten 5 Minuten im Aussehen so gewandelt? Der sah doch in der Beichte noch ganz anders aus.

    Was wir nicht wissen als Zuschauer: der junge Mann ist nicht der neue König von Bayern, den wir in der Beichtszene zuvor in malerischen Großaufnahmen opulent serviert bekommen haben. Der junge Bub ist dessen Bruder Otto! Das erfahre ich aber erst später im Fortgang des Films. Verwirrung macht sich bei mir breit. Der Film ist jetzt immerhin schon 5 min alt. Und immer noch weiß ich nicht, worum es genau geht.

    Endlich kommt Ludwig (Helmut Berger) im Nebenraum ins Bild. Er scheint sich auf seine Krönung vorzubereiten, indem er, umgeben von Dienern und Adjutanten, einen Schluck Champagner trinkt. Umschnitt in den großen Saal: festlich gekleidete Damen kommen herein und begrüßen die Würdenträger. Das dauert erst mal eine geschlagene Minute und 5 Sekunden. Wir wissen nicht, wer die Damen sind. Aber dann wird die vorderste als „Eure Hoheit“ angesprochen. Ist das Sissy? Ist das die alte Königin. Ist das Tante Frieda aus Barcelona?

    Ich denke, dass man ohne zuvor Wikipedia bemüht zu haben, diesem Film nur sehr schwer folgen kann. Und das wird es der jungen Generation schwer machen, sich in diesen Film einzuklinken.

    Die Homosexualität, das zentrale Thema des Films, des jungen Ludwig wird erst spät preisgegeben. Man sollte sich also seine Vita vorher angelesen haben. Sonst versteht man bestimmte Handlungen nicht. Je mehr Fakten ich mir anlas, desto mehr konnte ich mitfiebern. Denn Visconti erzählt seine historischen Fakten eher bruchstückhaft und recht lückenhaft. Die sich anbahnende aber nicht verwirklichte Affäre mit der Kaiserin von Österreich (Romy Schneider) ist nur unter dem Aspekt verständlich, dass Ludwig homosexuell ist.

    Erst nach einer guten viertel bis halben Stunde beginnt der Film ganz langsam bei mir zu wirken. Das Gift dringt in mich. Und dann entfaltet er in grausamer Weise die gnadenlose Wirklichkeit, in die der junge Herrscher geworfen wird. Er verliebt sich anstatt in Elisabeth, die heterosexuelle Herrscherin von Österreich, in die Musik von Richard Wagner. Der ist ein Genie., aber auch ein notorischer Geldknappser, ein Nimmersatt, der brutal seine beruflichen Ziele verfolgt. Das hat fast Schmierentheater-Qualität. Trevor Howard („Die Meuterei auf der Bounty“) mimt den Notensetzer kongenial. Besser kann man eine Rolle nicht besetzen. Und eine Liebesgeschichte springt dabei auch noch heraus – mit Cosima von Bülow, alias Cosima Wagner.

    Dann zieht Visconti den Zuschauer in immer tiefere Verstrickungen hinein: Staatsgeschäfte, Finanzskandale, verlorene Kriege, diplomatische Zwänge, unglückliche Sexualität, die Unterbringung von Bruder Otto in einer Irrenanstalt. Das ist einfach zu viel. Der junge Monarch flieht immer mehr in die teure Kunst und in die noch teurere Architektur. Das sind seine Fluchtpunkte, seine Inseln des Glücks. Aber der Staat Bayern muss sich gegen innere und äußere Feinde erwehren und braucht das Geld anderweitig.

    Hier gewinnt der Film endlich an Fahrt und zeigt, wie gruselig das Leben in der Politik und im Hochadel ist – wenn auch luxuriös. Mehr Schein als Sein. Das öffentliche Leben wird auf Dauer säuerlich. Persönliche Träume bleiben auf der Strecke – aus Staatsraison. Luchino Visconti plädiert auf ein letztlich unmenschlich Dasein. Er selber kommt aus einer Mailänder Adelsfamilie und wird es wissen.

    Helmut Berger spielt den Bayernkönig mit einer unglaublichen Sensibilität. Man könnte überspitzt sagen, Visconti lässt den ganzen Film hindurch seinen Kameramann, Armando Nanuzzi, das zerbrechliche Antlitz des Monarchen kunstvoll einleuchten und dann ablichten. Der Film besteht eigentlich nur aus Berger. Erschütternd, wie dieser Mann seinen persönlichen Blues in diese Rolle legt. - Das reicht für die Ewigkeit. Großartig.

    Dem Film werden manchmal seine angeblich sinnentleerten, endlosen Szenen vorgehalten, in denen formal nichts passiere. Vor allem junges Publikum stöhnt bei Szenen, in denen Menschen entweder längere Sekunden nichts sprechen oder - nicht kämpfen. Dieser Konditionierung durch modernes Kino kann ich nur widersprechen. – Als Romy Schneider (Kaiserin Elisabeth) mit ihrer Hofdame lächelnd, aber auch fassungslos schweigend durch die leerstehenden Schlösser Ludwig’scher Provenienz eilt, wird einem erst klar, wie viele Abermillionen der König in seinen 20 Jahren Herrschaft verbauen ließ. Er schuf damit immerhin Dinge für die Ewigkeit. Die stummen Gänge von Elisabeth machen den Gestaltungswahnsinn erst in seinen tatsächlichen Dimensionen erlebbar. Sicher, das könnte man szenisch kürzer zeigen. Aber Visconti will, wie seine Filmfigur Ludwig, ebenfalls etwas für die Ewigkeit schaffen. Und dazu gehört, dass man diese kühnen Denkmäler der Baukunst auch mal ausgiebig zeigt. Da wird der Film dokumentarisch. – Ich find’s gut. Auch die Längen.

    Etwa eine Stunde vor Ende des Films überkam mich eine gewisse Traurigkeit. Wie wird dieses tragische Leben Ludwigs enden? Visconti läutet, sich ziemlich exakt an die Geschichtsschreibung anlehnend, den Niedergang dieses verträumten Menschen mit fast endlosen Aufnahmen im strömenden Regen ein. Eine unwirtliche Szenerie. Die Himmelsschleusen öffnen sich. Es fröstelt einen richtiggehend. Ich wurde unwillkürlich an Situationen aus Gestapo-Filmen erinnert. Die Jagd auf den Staatsfeind Nummer Eins, Ludwig II, wird wie eine Treibjagd im Wald oder wie ein Abtransport ins KZ gezeigt. Der Märchenkönig wird seiner Macht beraubt – und vielleicht auch seiner Würde. Das tut fast weh beim Zuschauen.

    Ich denke, man sollte sich dieses Opus öfter ansehen. Es steckt viel mehr drin, als man beim ersten, flüchtigen Sehen dechiffrieren kann, so haltlos sind die Menschen in ihrem tragischen Schicksal verfangen. Es ist eine Reise ins Innere. Eine sehr ästhetische.

    Joachim Meßner
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