Ob Springfield und Shelbyville in „Die Simpsons", Longeverne und Velrans im „Krieg der Knöpfe" oder Villariba und Villabajo in der Spülmittelwerbung: Dass in Nachbardörfern trotz aller regionalen Verbundenheit eine herzhafte Abneigung füreinander gehegt wird, hat Tradition. In Ulrike Grotes urschwäbischer Komödie „Die Kirche bleibt im Dorf" ist das nicht anders: In ihrem ersten Kinofilm hetzt die Regisseurin, die 2005 den Studenten-Oscar für den Kurzfilm „Der Ausreißer" gewann, die Bewohner zweier fiktiver Dörfer in der tiefsten baden-württembergischen Provinz aufeinander. Sich über diese dünne Klamotte zu „amisiera", dürfte Schwaben und Nicht-Schwaben aber gleichermaßen schwerfallen: Trotz der ansprechenden Ausgangsidee und einer gut aufgelegten Schwaben-Clique um den Ex-„Tatort"-Kommissar Dietz-Werner Steck („Bienzle") sowie die gebürtigen Stuttgarterinnen Karoline Eichhorn und Natalia Wörner vor der Kamera, lassen sich die gelungenen Gags an einer Hand abzählen.
Oberrieslingen und Unterrieslingen liegen schon seit dem Mittelalter im Clinch. Der Grund: Oberrieslingen hat eine Kirche, aber keinen Friedhof, Unterriesling hingegen einen Friedhof, aber keine Kirche. Da die Gemeindekassen leer sind, muss man sich seit Jahrhunderten notgedrungen miteinander arrangieren. Nicht einmal die dringend notwendige Ausbesserung eines riesigen Schlaglochs, das die einzige Schotterstraße zwischen den beiden Dörfern in eine gefährliche Buckelpiste verwandelt, kann bewerkstelligt werden. Doch es gibt Hoffnung: Der reiche US-Antiquitätenhändler Howard Jones (Gary Francis Smith), der mit seinem norddeutschen Kollegen Dieter Osterloh (Peter Jordan) den Weg ins „Ländle" gefunden hat, zeigt auffällig großes Interesse am Interieur des Oberrieslinger Gotteshauses. Er ist bereit, fünf Millionen Dollar für die Kirche zu bezahlen. Doch er hat die Rechnung ohne die aufgeweckten Schwaben gemacht...
„Guts Nächtle!", wünscht Maria Häberle (Natalia Wörner) dem gebürtigen Hamburger Osterloh, der die vollbusige Dorfschönheit daraufhin fragend anblickt: Was mag das nur bedeuten? Die unglaubwürdige Begriffsstutzigkeit des Nordlichts ist nur eine von vielen misslungenen Pointen, die Regisseurin und Drehbuchautorin Ulrike Grote im Laufe der 95 Minuten abfeuert. Der Konflikt zwischen den beiden Nachbardörfern ist dabei nur einleitend von größerer Bedeutung: Mit dem Eintreffen des Vorzeige-Amerikaners Jones, der der Hollywoodlegende Robert Redford zum Verwechseln ähnlich sieht, dreht sich alles nur noch um die Oberrieslinger Kirche und das wertvolle Geheimnis, das in ihren Schatzkammern verborgen liegt. So wirkt dann etwa die Romanze zwischen der frechen Oberrieslingerin Klara Häberle (Julia Nachtmann) und dem Unterrieslinger Schweinebauern Peter Rossbauer (Hans Löw), gegen die die erzkonservativen Eltern naturgemäß ihr Veto einlegen, wie am Reißbrett entworfen. Für die Haupthandlung ist die arg konstruierte Liebelei überdies unnötig, sie soll offenbar lediglich die behauptete tiefsitzende Abneigung zwischen den Dörflern belegen.
Die bunte Schar der sympathischen Schwaben, die sprachlich vor allem bei den zahlreichen Schimpftiraden zu Hochform auflaufen, ist eine Weile ganz putzig anzuschauen, ihr kauziges Wirken trägt aber bei weitem keine Komödie in Spielfilmlänge. Wem die markante schwäbische Mundart auf den Zeiger geht, der dürfte ohnehin schon nach wenigen Minuten entnervt den Kinosaal verlassen, denn für das ungeschulte Ohr ist „Die Kirche bleibt im Dorf" eine harte Dialektprobe. Und auch für alle, die sich sprachlich zu Hause fühlen mögen, wird der Film kaum ein ungetrübtes Vergnügen sein, schließlich dominieren bis zum hanebüchenen Finale derber Klamauk und müder Slapstick das Geschehen. Zu allem Überfluss wird das Ganze auch noch mit einem nervtötenden Soundtracks garniert, der an das übertriebene Gepoltere der „Pleiten, Pech und Pannen"-Formate im deutschen Fernsehen erinnert.
Fazit: „Die Kirche bleibt im Dorf" punktet zwar mit baden-württembergischem Lokalkolorit und einem munteren schwäbischen Darsteller-Ensemble, lässt ansonsten aber viele Wünsche offen. Oder wie der Schwabe sagt: A Schwalb macht no lang koin Sommr - on a bar Schwobe no lang koi guade Komed.