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    Rosewood Lane
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Rosewood Lane
    Von Lars-Christian Daniels

    Der Teufel ist ein Eichhörnchen – und weiß sich darüber hinaus auch in Menschengestalt perfekt zu tarnen. Das weiß der geneigte Genrefreund spätestens seit Evil-Child-Schockern im Stile von „Das Omen" oder zuletzt dem von M. Night Shyamalan produzierten klaustrophobischen Fahrstuhltrip „Devil". Auch Gruselexperte Victor Salva („Jeepers Creepers") wählt in seinem Horror-Thriller „Rosewood Lane", einem von elf Filmen im Programm der Fantasy Filmfest Nights 2012, eine an scheinbarer Harmlosigkeit kaum zu übertreffende Maskerade für das Böse: In beschaulicher Vorstadtidylle verleiht er ausgerechnet einem fahrradfahrenden Zeitungsjungen ausgeprägte diabolische Züge. Das klingt für einen mörderischen Unhold zunächst einmal recht ausgefallen und funktioniert über weite Strecken auch hervorragend – bis zum unbefriedigenden Showdown, der dem handwerklich souverän inszenierten Reißer einen beachtlichen Teil seiner möglichen Nachwirkung raubt.

    Die hübsche Sonny Blake (Rose McGowan) ist so etwas wie der „weibliche Domian": Gemeinsam mit ihrer Produzentin und besten Freundin Paula (Lauren Velez) führt sie ihre nächtlichen Zuhörer durch eine Radio-Call-In-Show, die pünktlich um Mitternacht auf Sendung geht. Als Sonnys Vater in seinem Haus tödlich verunglückt und sich kein Käufer für das schmucke Eigenheim in der vordergründig friedlichen Rosewood Lane finden lässt, entschließt sich die Karrierefrau mit abgeschlossenem Psychologie-Studium dazu, der Großstadt den Rücken zu kehren und in die beschauliche Heimat zurückzukehren - in das Haus ihrer unglücklichen Kindheit. Und auch diesmal scheinen die Tage – und vor allem die Nächte – nicht glücklicher auszufallen als zu Kinderzeiten: Der aufdringliche Zeitungsjunge Derek Barber (Daniel Ross Owens), der die Nachbarschaft schon seit Jahren terrorisiert, lässt keine Gelegenheit aus, die Moderatorin zu verängstigen. Sonny bittet ihren Ex-Freund Barrett Tanner (Sonny Marinelli) um Unterstützung – doch der erfolgreiche Staatsanwalt muss bald feststellen, dass er Barbers Willenskraft sträflich unterschätzt hat...

    Wenn Regisseur und Drehbuchautor Victor Salva zum Start von „Rosewood Lane" selbstbewusst ankündigt, er erwarte über seine rund zweiminütige Katzenklappen-Sequenz eine ähnlich heiße Diskussion wie über die berühmte Duschszene aus Alfred Hitchcocks Meisterwerk „Psycho", dann weckt das naturgemäß hohe Erwartungen. Zugegeben, die genannte Filmsequenz fällt spannend aus und gehört definitiv zu den besseren Momenten des Films, aber von der Genialität des „Master of Suspense" trennt Salva letztlich doch noch mehr als den Teufel vom Weihwasser. Da nützt es wenig, dass der amerikanische Filmemacher mit dem gipsbeintragenden Barrett auf den gehandicapten James Stewart in „Das Fenster zum Hof" verweist. Viele seiner Gruselmomente sind einfach zu abgegriffen: Bewegungslose Gestalten im Dunkeln, deren Konterfei kurz im Licht aufflackert, Personen am anderen Straßenrand, die nach der Fahrt eines Lieferwagens durchs Bild plötzlich vom Erdboden verschwunden sind, und nicht zuletzt der gute alte Autoschlüssel, der im Angesicht des nahenden Peinigers einfach nicht den Weg ins Zündschloss findet – Salva lässt zwar selten Langeweile aufkommen, aber besonders originell ist er dabei nicht.

    Zumindest begeht Salva – anders als in seinem Mystery-Slasher „Jeepers Creepers" – nicht ein weiteres Mal den Fehler, die Karten zu früh offenzulegen und das Geheimnis um die Identität und die finsteren Absichten seines Killers schon in der Filmmitte zu lüften. Im Gegenteil: Der Regisseur hält den Zuschauer lange bei der Stange, weil dieser sich seinen eigenen Reim auf den kompromisslosen Terror des Teenagers machen muss. Was treibt den diabolisch grinsenden Zeitungsjungen mit den unheimlichen schwarzen Reptilaugen an? Und warum ist die attraktive Sonny sein auserkorenes Opfer, nachdem bereits ihr Vater unter verdächtigen Umständen das Zeitliche segnete? Salva stellt viele Fragen, stiehlt sich am Ende aber ohne überzeugende Antworten aus der Affäre. Die Auflösung misslingt ihm völlig, statt beim Zuschauer für ein Aha-Erlebnis zu sorgen oder ihm zumindest eine finale Erkenntnis mit auf den Weg zu geben, hinterlässt der Filmemacher sein Publikum mit einem dicken Fragezeichen auf der Stirn.

    Fazit: „Rosewood Lane" ist ein solide inszenierter Horror-Thriller mit einem wirklich ungewöhnlichen Bösewicht, frische Ideen und echte Gänsehautmomente bleiben aber die Ausnahme - und das Finale fällt sehr enttäuschend aus.

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