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    Pommes Essen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Pommes Essen
    Von Robert Cherkowski

    Zumindest ein Zweig der deutschen Filmproduktion boomt zu jeder Jahreszeit und spielt so gut wie immer sein Geld ein: der Kinderfilm. Ob „Das Sams" mit schöner Regelmäßigkeit irre Wünsche erfüllt, „Die wilden Kerle" den Rost von der Latte kicken oder „Fünf Freunde" verzwickte Fälle lösen, die Zuschauerzahlen bleiben solide bis gut und nicht selten lassen sich besonders mit den bereits aus Büchern populären Stoffen ganze Filmreihen füllen. Auch „Pommes essen" von Tina von Traben soll in dieser Erfolgsliga spielen, auch wenn es sich um eine Originalgeschichte handelt. Mit ansprechenden Bildern und einer gut aufgelegten Besetzung wirkt die heitere Ruhrpott-Sause wie ein deutscher Kinderfilm aus dem Lehrbuch. Außer Acht gelassen haben die Macher dabei jedoch, dass ein guter Film, egal ob für Kinder oder Erwachsene, nicht nur die richtigen Zutaten braucht – sie müssen auch stimmig verarbeitet werden. Stimmiger zumindest als im allzu kalkuliert wirkenden „Pommes Essen".

    In den 60ern war die Imbissbude von Papa Frey eine Institution im Pott. Nach der Maloche war Freys Currywurst samt Spezialsoße für die Arbeiter Pflichtprogramm. Nun ist alles anders. Seit einem Jahr ist der Curry-Patriarch unter der Erde und das Geschäft läuft schlecht. Während Sohn Walther (Smudo) ein erfolgreicher Fastfood-Franchise-Unternehmer geworden ist, plagt sich Freys Tochter Frieda (Anneke Kim Sarnau) – selbst Mutter dreier Mädchen – mit dem Erhalt seines alten Geschäfts herum. Während ihre jüngeren Töchter Selma (Marlene Risch) und Lilo (Tabea Willemsen) hinter ihr stehen, ist Patty (Luise Risch) wenig begeistert von der Idee, den Traum des verstorbenen Großvaters weiterzuleben und in Duisburg zu versauern. Lieber würde sie in einer Düsseldorfer Gourmet-Küche an ausgefallenen Delikatessen feilen. Als die überforderte Frieda einen Kurzurlaub einlegt, übernehmen ihre Töchter den Betrieb. Da ist Chaos vorprogrammiert! Und im Hintergrund spinnt Walther, der nur zu gern das Spezialsoßen-Rezept in seine Finger kriegen würde, seine Intrigen. Ein großer Currywurst-Contest muss Klarheit schaffen...

    „Pommes Essen" ist ein erzählerisch geradezu wirrer Film – schon der Titel wirkt ratlos, steht die Fritte hier doch keineswegs im Mittelpunkt, sondern vielmehr die Currywurst. Und eigentlich noch nicht einmal die. Auch die erdige und mit Ruß belegte Seele des Potts bleibt hier eher Behauptung, als dass sie mit lokalpatriotischer Glaubwürdigkeit eingefangen werden würde. Den eigentlichen Schauplatz Ruhrpott gibt es hier zudem kaum zu sehen, gedreht wurde weitestgehend in sterilen Innenkulissen. Auch die Gesichter der „einfachen Leute" aus dem Pott, die sich bei den Freys ihre tägliche Currywurst abholen, rekrutieren sich aus glattpolierten Klischee-Prolls. Zwischen dem, wovon hier erzählt wird und dem, was hier ausgestrahlt wird, liegen oft Welten.

    „Pommes Essen" spielt in einer heilen Phantasiewelt mit leuchtenden Farben, lächelnden Menschen und strahlend blauem Vorabendserien-Himmel. Sämtliche Konflikte sind auf eine nette und gerechte Art lösbar. Dazu hat Tina von Traben eine sympathische Besetzung zu bieten. Neben Anneke Kim Sarnau („Sie haben Knut") als überforderte Mutter Frieda gefällt vor allem Fanta-4-Rapper und Gelegenheitsschauspieler Smudo („Die Vorstadtkrokodile"), der als raffgieriger Onkel Walther zwar nominell den Bösen gibt, aber den Antagonisten keineswegs als richtigen Fiesling anlegt. Man sieht diesem Walther an, dass er ausgebrannt und in halbseidene Kungeleien mit Fußballfunktionären verwickelt ist, die ihm selbst keinen Spaß machen. Auch dass er von seinem Vater ein Leben lang missachtet wurde, nagt an ihm. Der Currywurst-Patriarch beobachtet die Geschehnisse derweil von zahlreichen Fotos aus und lässt sich hier und da zu mimischen Kommentaren hinreißen – die charmanteste Idee des Films!

    Gern würde Walther sich mit seiner Schwester aussöhnen und seinen Nichten ein spendabler Onkel sein, doch Frieda lässt ihn nicht. Hier hätte Autorin und Regisseurin Tina von Traben neue Wege beschreiten und auch dem Gegenspieler eine klare Stimme geben können. Dann aber wird Walther im Finale zum Strolch von der Stange degradiert. Mit Luise Risch als Heldin Patty hat man wiederum einen echten Glücksgriff getan, zumal sie über ein unverbrauchtes Gesicht verfügt. Patty muss sich sehr lebensnah geschilderten Konflikten stellen und darf dabei noch so manchen Fehler machen. Tabea Willemsen und Marlene Risch (Luises Schwester) in den kaum ausgearbeiteten Rollen der Schwestern sind dagegen eher für die komischen Momente verantwortlich. Nebenfiguren wie Aushilfe Besjana (Thekla Carola Wied) oder Pattys heimlicher Verehrer Önder (Michael Keseroglu) sind dagegen überflüssig bis nervtötend.

    Von Trabens Film ist durchaus familiengerecht gestaltet, aber der Erzählton bleibt vage und uneinheitlich. Für eine Komödie gibt es zu selten handfeste Pointen, zu mehr als einem kleinen Schmunzeln wird man kaum animiert. Als Drama funktioniert „Pommes Essen" ebenso wenig, dazu fehlen handfeste Konflikte und außerdem ist der gute Ausgang des Ganzen von vornherein klar. So hat auch die Schilderung von Pattys Hoffnungen, Träumen und Rückschlägen hat nie die rechte erzählerische Dringlichkeit und Tiefe. „Pommes Essen" ist weder Fisch noch Fleisch, auch keine Currywurst und erst recht keine Pommes.

    Fazit: Die Currywurst-Mär „Pommes Essen" ist filmisches Fast Food für Kinder – auf die Schnelle oft durchaus schmackhaft, aber wenig nährstoffreich.

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