Nach „Sommer in Orange" bringt Regisseur Marcus H. Rosenmüller nun den „Sommer der Gaukler" in die Kinos. Die beiden Titel klingen nicht nur ähnlich, die Filme folgen auch einem ähnlichen Grundprinzip: Beide Male geht es um eine außergewöhnliche Gruppe Menschen, die mit der vermeintlichen Normalität konfrontiert wird, und um die daraus resultierenden, oftmals komischen Reibungen. Während „Sommer in Orange" von einer bayrischen Kommune handelt, die auf Skepsis und Ablehnung bei der alteingesessenen Bevölkerung stößt, so erzählt Rosenmüller, der seit seinem großen Erfolg mit „Wer früher stirbt, ist länger tot" als prominentester Vertreter eines neuen deutschen Heimatfilms gilt, in „Sommer der Gaukler" von einer reisenden Theatertruppe, die im Jahre 1780 auf dem Weg nach Salzburg in einem Bergdorf hängenbleibt und sich ebenfalls mit den Einheimischen arrangieren muss. Als Vorlage diente ihm Robert Hültners gleichnamiger, auf historischen Tatsachen beruhender Roman, den er in eine über weite Strecken sehr klamaukige Komödie mit regelmäßigen dramatischen Einsprengseln verwandelt.
Im Sommer 1780 macht sich Theaterdirektor Emmanuel Schikaneder (Max von Thun) mit seiner Theatertruppe, zu der auch seine Frau Eleonore (Lisa Potthoff) und der Kollege Wallerschenk (Nicholas Ofczarek) gehören, auf den Weg nach Salzburg, um dort aufzutreten. Als die erwünschte Spielerlaubnis ausbleibt, haben die Reisenden keine andere Wahl, als in einem kleinen Bergdorf Halt zu machen und die nächsten zwei Wochen dort zu verbringen. Die Truppe tritt den Einheimischen mit gewisser Skepsis gegenüber - und das Misstrauen wird erwidert. Zufällig fällt der Aufenthalt der Schauspieler mit einem Aufstand der ansässigen Bergleute zusammen, der Schikaneder zu einem neuen Stück inspiriert. Schließlich wird beschlossen, die Uraufführung für die Dorfbewohner stattfinden zu lassen. Hinter den Kulissen bahnt sich indessen eine Romanze zwischen dem Bergarbeiter und Aufstandsführer Vester (Maxi Schafroth) und Babette (Anna Maria SturmAnna Maria Sturm), der Tochter des Bergwerkbesitzers Franz Paccoli (Erwin Steinhauer), an...
Rosenmüller entscheidet sich nicht für einen einheitlichen Erzählton und schwankt ständig zwischen Heimatfilm, überzogener Komödie, einfachem Klamauk und historischem Drama. Seine Figuren - einschließlich Wolfang Amadeus Mozarts (Florian Teichtmeister), der uns in einer Nebenrolle begegnet - sind dagegen fast alle überdreht, vor allem Schikaneder wirkt selbst für einen extrovertiert-exzentrischen Bühnenimpresario allzu theatralisch. Max von Thun („Rubbeldiekatz") treibt den Film durch seine extreme Darstellung des „Zauberflöten"-Librettisten unterstützt durch einige alberne Regieeinfälle in Richtung Farce, wobei die ernsteren Ansätze oft schlichtweg verjuxt werden. Dieser überlebensgroßen Hauptfigur können die übrigen Darsteller insgesamt naturgemäß wenig entgegensetzen, ein besonderes Lob verdient sich aber Lisa Potthoff („Die Geschichte vom Brandner Kaspar") als Schikaneders Frau Eleonore, die wesentlich bodenständiger rüberkommt und viele Lacher und Sympathien auf ihrer Seite hat. Ähnliches gilt für Nicholas Ofczarek („Falco") als Wallerschenk und für Maxi Schafroth als Vester, der in seiner unbeholfenen Art zwar auch oft albern, aber dennoch glaubwürdig wirkt.
Durch das Fehlen einer festen Genreeinbindung und die sehr lockere Erzählstruktur bekommt „Sommer der Gaukler" fast schon Züge eines Experiments. Wenn die Bergarbeiter plötzlich in Gesang ausbrechen und im Chor eine Musicaleinlage hinlegen, oder wenn Schikaneder sich unter dem Tisch einem Liebesspiel hingibt, während eine ganze Gesellschaft dort gerade ihr Essen einnimmt, entsteht allerdings auch der Eindruck einer gewissen Willkür. Dabei sind manche Szenen für sich durchaus hervorragend gelungen wie etwa der sehr amüsante Wortwechsel zwischen Babette und dem inhaftierten Schikaneder. Aber gerade im Zusammenhang betrachtet überwiegt eine verwirrende Ziellosigkeit, die nicht nur gewisse Längen aufkommen lässt, sondern auch eine ordentliche Distanz zu den Figuren. Den erzählerischen Defiziten gilt es immerhin das exzellente Bühnenbild sowie die gelungene Kostüme entgegenzustellen, die ganz im Gegensatz zu den Figuren einen glaubwürdigen und wahrhaftigen Eindruck vom Leben im späten 18. Jahrhundert vermitteln.
Fazit: „Sommer der Gaukler" ist ein unausgewogener Mix aus Heimatfilm, Drama und Komödie, bei dem insgesamt leider Klamauk überwiegt.
Von Anne Facompre