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    Der fast perfekte Mann
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Der fast perfekte Mann
    Von Andreas Staben

    Im Trailer gibt es flott montiertes Geplänkel mit ein paar passablen Pointen und kaum spürbaren ernsten Einsprengseln, der Titel erinnert irgendwie an „Das Superweib“ und auf dem Poster verbreiten ein Mann und ein Kind lächelnd und grimassenschneidend gute Laune à la „Kokowääh“: Bei „Der fast perfekte Mann“ muss es sich wohl um eine Wohlfühl-Komödie handeln, zumal auch die Unreifer-Mann-muss-Verantwortung-für-ein-Kind-übernehmen-Handlung auf dem Papier stark an Til Schweigers Kuckuckskind-Kassenschlager erinnert. Doch in Vanessa Jopps („Vergiss Amerika“) neuem Film verbergen sich unter der allzu oft von seichter Musik dominierten Oberfläche viele tieftraurige Szenen und eine weitaus ernstere Erzählung als es zunächst den Anschein hat. Das führt aber letztlich auch dazu, dass die Feelgood-Gleichung nicht aufgeht: Für eine Komödie fehlt die Leichtigkeit, für ein ausgewachsenes Familien-Drama ist „Der fast perfekte Mann“ vor allem dramaturgisch trotzdem noch zu leichtgewichtig. Dieser etwas unglückliche Genre-Mix macht es dem Publikum nicht gerade leicht, engagiert bei der Stange zu bleiben.

    Der Enddreißiger Ulf Kramer (Benno Fürmann) moderiert eine Talkshow beim Hamburger Lokalfernsehen, bewohnt ein schick-unpersönlich eingerichtetes Single-Apartment und führt seit sechs Jahren eine lose Beziehung zur Gemüse-Imbiss-Betreiberin Anni (Jördis Triebel). Die hat jedoch genug von seiner Bindungsunfähigkeit und nachdem er auch noch eine Abtreibung von ihr fordert, macht sie Schluss. Das nimmt Ulf noch recht gelassen hin, aber dann lädt das Jugendamt seinen kleinen Neffen Aaron (Louis Hofmann) vor seiner Haustür ab. Die Mutter des Jungen, Ulfs Halbschwester, liegt im Koma und Aaron hat sich in den Kopf gesetzt, bei seinem Onkel bleiben zu wollen, obwohl die beiden sich gar nicht kennen. Das traumatisierte Kind stellt Ulfs Egoisten-Leben (und die Wohnung) auf den Kopf, der wiederum will von der Verantwortung nichts wissen und weiß sich nicht anders zu helfen, als Anni um Hilfe zu bitten…

    Wenn Ulfs Chef beim Lokal-TV (Martin Brambach) seinem problembeladenen Talkmaster vorhält, das Publikum wolle keinen „depressiven Furz“ sehen, dann ist das ein überaus doppeldeutiger Moment: Zum einen passt das übertrieben selbstgefällige Auftreten des leutselig-kaltherzigen Schmalspur-Fernsehmanagers perfekt in das lächerliche Bild des Kleinsender-Alltags, das hier gezeichnet wird. Aber während die bemüht satirischen Szenen bei HanseTV1 eindeutig komödiantisch sind, spielt Benno Fürmann („Der Krieger und die Kaiserin“, „Hai-Alarm am Müggelsee“) tatsächlich über weite Strecken einen Mann am Rande der Verzweiflung - und das ganz ernsthaft und ohne jede wirksame ironische Abfederung. Das ist bei so heiklen Themen wie Abtreibung, Selbstmord und kindlicher Trauer, die Vanessa Jopp und ihre Drehbuchautorin Jane Ainscough („Die Wolke“, „Eltern“) anschneiden, auch angemessen und das ehrliche Bemühen, diesen schwierigen Aspekten einen emotional wahrhaftigen Widerhall zu geben und sie nicht als weitgehend austauschbaren Konfliktstoff zu behandeln, ist dem Film nicht nur in Fürmanns Darstellung deutlich anzumerken – auch wenn es nicht immer erfolgreich ist.

    Der Film entfaltet in einigen ungehemmt ausgespielten Extremsituationen eine erstaunliche Wucht, wobei Vanessa Jopp inszenatorisch zuweilen über das Ziel hinausschießt (die Gefühle wirken dann echt, die Tränen aber nicht), während Fürmann und auch der junge Louis Hofmann („Tom Sawyer“) mit disziplinierter Intensität beeindrucken: Wenn Vogelliebhaber Aaron seinen gesundgepflegten gefiederten Freund Percy in die Freiheit entlassen soll und einen kompletten Zusammenbruch erleidet, dann sind wir von locker-flockiger Til-Schweiger-Unterhaltung meilenweit entfernt. Bei Jopp geraten selbst Komödien-Standard-Situationen wie jene Szene, in der Aaron seinem Onkel Löcher in den Bauch fragt („Was ist eine vorzeitige Ejakulation?“) zu Stationen einer Charakterstudie ohne groß die Lachmuskeln zu reizen. Wenn sie diesen Weg konsequent beschritten hätte, wäre „Der fast perfekte Mann“ ein anderer und womöglich besserer Film geworden, aber so ganz mag die Regisseurin ihrem Werk das Komödiengewand nicht abstreifen (passend heißt es dazu in einem Dialog „Du merkst schon, dass sie Witze macht, oder?“). Und so wirken dann die leichten Noten meist genauso unecht wie das nach Komödienart herbeigezwungene Happy-End, aus dem die Darsteller wiederum trotzdem ein Maximum an Gefühl und Überzeugungskraft herausholen.

    Fazit: Vanessa Jopps „Der fast perfekte Mann“ ist nur an der Oberfläche die gefühlvolle Komödie, die der Titel und die Werbung versprechen. Darunter verbirgt sich ein ernsthaftes Drama über Lebenslügen und Neuanfänge, das im Ansatz weitaus interessanter ist, aber auch nicht zur vollen Entfaltung gebracht wird.

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