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    Father's Day
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Father's Day
    Von Robert Cherkowski

    In den Troma-Studios, Lloyd Kaufmans legendärer Trash-Schmiede, regiert in der Regel ein quietschvergnügtes Chaos voller lustvoll ausgewalztem Splatter, Humor unter der Gürtellinie und selbstgenügsamen Tabubrüchen. Werken wie „Surf Nazis Must Die!", „Sergeant Kabukiman", „Tromeo & Julia" oder „Poultrygeist" ist mit den Mitteln normaler Filmkritik kaum beizukommen, denn die Troma-Provokateure sprengen mit viel Spaß an der Sauerei die Grenzen des guten Geschmacks. So wurde etwa die 1980 entstandene saufiese Rape-and-Revenge-Backwood-Slasher-Komödie „Muttertag" von konservativen Medien als Ausweis des Untergangs jeder Sitte und Moral angesehen und als Gewaltporno verschrien – bei so viel Aufregung schaffte sie es natürlich zum Kultfilm. Dem Muttertag folgt nun der „Father's Day", mit dem man versucht, die Schmierigkeit und den Ekelfaktor des „Klassikers" wieder aufleben zu lassen. Was die Menge und den Härtegrad von unverblümter Gewalt, derbem Sex und sonstiger Grenzüberschreitungen angeht, gelingt das auch nicht schlecht: „Father's Day" ist eine bitterbös-brachiale Splatterpunk-Keule, die dem Zuschauer mit Schmackes in die Weichteile gehauen wird. Der von sage und schreibe fünf(!) Regisseuren parallel inszenierte Film ist daher auch nur denjenigen zu empfehlen, die ein Faible für Tiefschläge und Geschmacklosigkeiten nach Art des Hauses Troma haben.

    Eine betuliche, ganz normal verdorbene Kleinstadt im Herzen des amerikanischen Bibelgürtels wird von einem Serienkiller der etwas anderen Art terrorisiert. „Fuckman" treibt sein abgefucktes Unwesen und hat es keineswegs auf blutjunge Girls abgesehen, sondern stellt am liebsten dicken, alleinerziehenden Vätern nach, die er gern vergewaltigt (!), foltert (!!) und anschließend isst (!!!). Nachdem er den Daddy des jungen Strichers Twink (Conor Sweeney) ermordet hat, dürstet es diesen nach Rache. Zusammen mit dem vom Glauben abgefallenen Nachwuchs-Priester Sullivan (Matthew Kennedy) und dem hartgesottenen Kopfgeldjäger Ahab (Adam Brooks), der selbst seinen Vater durch den Fuckman verloren hat, macht er sich auf die Jagd nach dem skrupellosen Missetäter. Ihre Spur führt sie durch die Kirchen, Stripclubs und Hinterzimmer des Landes und schließlich sogar bis in die Hölle selbst, wo ein alter Bekannter nur darauf wartet, seine sündigen Schäfchen mit Hausarrest zu belegen.

    Was sich liest wie ein Brainstorming aus der geschlossenen Abteilung, ist erst der Anfang. Man kann dem Reißer viel unterstellen, aber nicht, dass hier nicht mit offenen Karten gespielt würde, denn das Regie-Quintett Adam Brooks, Jeremy Gillespie, Matt Kennedy, Steven Kostanski und Conor Sweeney braucht keine zehn Minuten, um dem Publikum klarzumachen, woher hier der Wind weht. Zornig, albern und überdreht wird dem Zuschauer gleich zu Beginn ein Mundvoll Obszönität, spritzendes Blut, Hass, Kot und Sperma ins Gesicht gespuckt und in diesem Tempo geht es auch weiter. Obwohl der Erzählton dabei oft genug von einer Sekunde auf die nächste von der lockeren Bad-Taste-Klamotte über die ernsthafte Anklage amerikanischer Doppelmoral bis hin zum Folter-Vergewaltigungs-Kannibalen-Splatter der allerhärtesten Gangart wechselt und das Publikum mit solchen Kapriolen schon recht früh abgehängt wird, kann man dem Regieteam doch zumindest die Verspieltheit und den Willen zur Überwältigung nicht absprechen.

    Die Macher surfen beizeiten auf der durch „Grindhouse" und Konsorten gestarteten Welle der retro-trashigen postmodernen B-Movie-Verklärung und geben für billiges Geld gewaltig Vollgas: Sie veranstalten ein gestalterisch einfallsreiches Tohuwabohu und bombardieren den Horror- und Trash-Fan mit Hommagen auf Dario Argento („Suspiria"), Lucio Fulci („Ein Zombie hing am Glockenseil"), John Carpenter („Halloween"), Mario Bava („Die Stunde wenn Dracula kommt") sowie die Troma-Filme von einst. Hier und da gelingen dabei sogar ein paar schöne Szenen voller Suspense, die originell aufgebaut sind und es gar nicht nötig gehabt hätten, so drastisch auf die Spitze (und darüber hinaus) getrieben zu werden. Dazu gesellt sich ein fieser elektronischer Retro-Soundtrack, der wie ein Messer ins Gehör schneidet.

    Was „Father's Day" jedoch wirklich auszeichnet, ist die offen zur Schau gestellte Verachtung für die Doppelmoral und Spießigkeit des modernen Horrorkinos, das meist bei weitem nicht so subversiv ist wie es daherkommt. Hier wird von Anfang an jede bürgerliche Moral, jede heteronormative Verklemmtheit und jedes scheinbare Tabu mit solch einem bösartigen Hass in den Schlamm getreten, dass man seinen Augen kaum glauben möchte. Es werden Väter vergewaltigt, Penisse abgenagt und Priester angespuckt, aber diese Raserei erschöpft sich recht schnell. Auch der Humor, der stets mitschwingt, zündet längst nicht immer. So pendelt dieser rabiat-kaputte und ebenso schwer berechenbare wie schwer konsumierbare Film irgendwo zwischen dem Werk des Wermelskirchener Regie-Doktors Uwe Boll („Postal") und den Horror-Achterbahnen eines Rob Zombie („TDR - The Devil's Rejects"). Wer hart im Nehmen ist und sich von einer konfrontativen Arschbombe wie dieser nicht kategorisch angewidert fühlt und wer dazu noch jedes Gefühl von Scham für 90 Minuten an der Garderobe abgeben kann, mag hier durchaus einen Blick riskieren.

    Fazit: „Father's Day" ist ein echtes Troma-Produkt und verfügt über alle Insignien des umstrittenen Labels: Hier gibt es Sex, Gewalt, Provokation und Bad-Taste-Humor im Überfluss. Trotz aller Albernheit, viehischer Brutalität und Geschmacklosigkeit hat der nur für die ganz Hartgesottenen zu empfehlende Film dabei durchaus auch thematischen Biss und seine Zähne vergraben sich tief im Fleisch des Zuschauers.

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