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    In & Out
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    In & Out
    Von Robert Kock

    Als Tom Hanks 1994 für seine Darstellung eines Homosexuellen in „Philadelphia“ den Oscar für die beste männliche Hauptrolle erhielt, erwähnte er in der obligatorischen Dankesrede auch seinen alten Schauspiellehrer Rawley Farnsworth und seinen ehemaligen Klassenkameraden John Gilkerson. Er bezeichnete sie als „two of the finest gay Americans“ und bedankte sich bei ihnen für ihre Inspiration. Dieser Auftritt wiederum inspirierte Paul Rudnick (Die Frauen von Stepford) zu einem Drehbuch für eine Schwulenkomödie. Mit „In & Out“ ist dabei ein Film herausgekommen, der teilweise gekonnt mit den Vorurteilen über Homosexuelle spielt, oftmals jedoch auch nur an der Oberfläche kratzt.

    Greenleaf, Indiana: Alle Einwohner der Kleinstadt sitzen gespannt vor ihren Fernsehern und fiebern der Oscar-Verleihung entgegen, denn Cameron Drake (Matt Dillon), ein ehemaliger Schüler aus ihrer Mitte, ist nominiert für seine Performance eines schwulen Soldaten in dem Streifen „Geboren am 16. Oktober“. Er gewinnt die begehrte Trophäe und während seiner Rede dankt er ganz besonders seinem alten Englischlehrer Howard Brackett (Kevin Kline) und outet ihn ganz nebenbei vor einem Millionenpublikum als homosexuell. Das Problem: Howard will in 3 Tagen seine Verlobte Emily (Joan Cusack) heiraten. Schon am nächsten Tag belagert eine Horde von Reportern die Schule, um den über Nacht berühmt gewordenen schwulen Lehrer zu interviewen. Auch Peter Malloy (Tom Selleck) ist an der Geschichte interessiert und will Brackett zu einem Geständnis bewegen. Der behauptet jedoch felsenfest, er sei nicht vom anderen Ufer. Doch nun kommen auch seiner Verlobten und seinen Schülern erste Zweifel an seinen sexuellen Vorlieben...

    In erster Linie ist der „In & Out“ eine nette kleine Komödie. Nichts Besonderes, aber unterhaltsam. Die Lacher entstehen dabei größtenteils aus den überzeichneten Schwulen-Klischees. So ist Howard Brackets Lieblingsfilm „Funny Girl“ mit Barbra Streisand, seine Leidenschaft die Poesie und er ist immer gut gekleidet. Einmal kommt er gerade in die Umkleidekabine der Jungs, als diese nur in Unterwäsche bekleidet herumstehen und sich sofort mit Handtüchern bedecken. Eine andere Szene zeigt Howard beim Hören eines Audiotrainers für mehr Männlichkeit. Dabei versucht er krampfhaft nicht zu tanzen, während „I Will Survive“ im Hintergrund läuft (Merke: „wahrhaft männliche Männer tanzen nicht!“). Das ist nicht zuletzt durch das Schauspiel von Oscar-Preisträger Kevin Kline (Wild Wild West, Ein Fisch namens Wanda) ziemlich komisch. Auch sonst lebt der Humor meist allein von der Gestik und Mimik des vermeintlich schwulen Lehrers, was jedoch nicht jedem gefallen dürfte.

    Das ist eigentlich schade, denn „In & Out“ hat durchaus Momente, in denen ein wenig gesellschaftskritisches Potential zu erkennen ist. So entlarvt er die Menschen von Greenleaf in den bissigeren Dialogen immer wieder als spießig und latent homophob. Selbst die vermeintlich abgeklärte Jugend hat unterschwellig einige Vorurteile, die denen der Erwachsenen von Greenleaf in nichts nachstehen. Auch Hollywood selbst bekommt öfter mal einen auf die Mütze: das magersüchtige Model wird ebenso parodiert wie der zu unrecht gehypte Jungstar. Dadurch jedoch, dass der Film gerade bei dem potentiellen Reizthema Homosexualität schlussendlich doch konsequent oberflächlich bleibt, hinterlässt er beim Zuschauer einen faden Beigeschmack. So hat man nach dem Abspann das Gefühl, das irgendetwas gefehlt hat. Die Möglichkeiten werden zwar aufgezeigt, aber nicht ausgeschöpft. Der Film springt zu oft wieder in die Kategorie zurück, in die er anscheinend so gerne gehören möchte: leichte Komödie. Dass ist nicht per se verurteilenswert, aber es wäre halt mehr als durchschnittliche Hollywood-Kost drin gewesen.

    Das ändert jedoch nichts an der hervorragenden Besetzung. Neben dem bereits erwähnten Kevin Kline gibt sich auch Tom Selleck die Ehre, der seit seinen „Magnum“–Zeiten überwiegend in eher mittelprächtigen TV-Western rumgurkte und ab und an ein paar Gastauftritte in erfolgreichen Serien wie „Friends“ oder „Boston Legal“ abgreift. Völlig zu unrecht, wie seine Darbietung des schwulen Reporters Peter Malloy beweist. Witzig und ungekünstelt spielt er sich von einer Szene zur nächsten. Auch Joan Cusack (Arlington Road, School Of Rock) zeigt als hysterische Freundin von Howard mal wieder, was sie so drauf hat. Diese Darstellung trägt zwar auch die eine oder andere nervende Nuance in sich, für die Academy hat es aber offenbar trotzdem gereicht, da sie sie mit ihrer zweiten Oscarnominierung belohnten. Zusätzlich wird das Ganze noch durch kurze Gastauftritte von Whoopi Goldberg, Glenn Close und Jay Leno aufgelockert, die sich allesamt selbst spielen. So entsteht ein lustiger Hollywoodreigen, der für jeden Geschmack etwas bereithält. Für die Musik zeichnet sich übrigens der talentierte Komponist Marc Shaiman (Hairspray, Schlaflos in Seattle) verantwortlich. Er verpasst dem Film eine zusätzliche romantische Kleinstadtatmosphäre und bezaubert den Zuschauer dabei mit schönen, wenn auch eher konventionell kitschigen Melodien.

    Fazit: Mit „In & Out“ ist Regisseur Frank Oz (Sterben für Anfänger) eine nette Komödie gelungen, die abendfüllende Unterhaltung bietet. Dabei ist der Film jedoch weder witzig genug, um ein echter Comedy-Kracher zu sein, noch ernst genug, um seinem Publikum ehrliche Gesellschaftskritik mit auf den Weg zu geben. So bleibt der Streifen leider irgendwo dazwischen hängen, kann sich durch die tatkräftige Unterstützung der Schauspieler aber dennoch vor dem Abrutsch in die Traumfabrik-Mittelmäßigkeit retten.

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