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    Wer's glaubt wird selig
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Wer's glaubt wird selig
    Von Tim Slagman

    Marcus H. Rosenmüller, der „Rosi", wie er in Bayern liebevoll genannt wird, und der in Hamburg aufgewachsene Christian Ulmen – passen die zusammen? Zumal Rosenmüller sich einen Namen gemacht hat als einer der Mitbegründer des sogenannten neuen Heimatfilms. Einer, der Idyll und Spießigkeit auf romantische und humorvolle Weise zusammenbrachte, vor allem in seinem Erstling „Wer früher stirbt ist länger tot". Für die Handlung und den Charme seiner neuen Arbeit „Wer's glaubt wird selig" ist es letztlich relativ wurscht, woher der Protagonist nun stammt – die liebevoll gezeichneten Nebenfiguren, die dörflich-katholische Mentalität, die der Filmemacher auf die Schippe nimmt und das Krachledern-Deftige, das mit dem Heiligen in Bayern irgendwie immer schon ganz gut zusammenging, machen die Komödie zum vielleicht besten Rosenmüller seit seinem gefeierten Debüt - und auch der Hanseat Ulmen kann seine Stärken ausspielen.

    Im bayerischen Hollerbach ist seit Jahren der Schnee ausgeblieben, nun steht das beschauliche Ski-Dorf vor dem wirtschaftlichen Ruin. Den Hamburger Georg (Christian Ulmen) hat es in besseren Zeiten erst zum Skifahren, dann der schönen Emilie (Marie Leuenberger) wegen nach Hollerbach verschlagen – und mindestens so sehr wie der ausbleibende Gästeansturm nagt an dem Wirt der religiöse Fanatismus seiner Schwiegermutter Doris, genannt Daisy (Hannelore Elsner). Als Daisy bei einem Unfall ums Leben kommt, hecken Hollerbachs Großkopferte um Georg einen bescheuerten Plan aus: Wallfahrtsort müsste man werden, dann klingelten die Kassen wieder – und wer eignete sich besser zur Heiligen als Daisy? Den längst beim Papst in Ungnade gefallenen Gutachter (Fahri Yardim) des Vatikans hingegen plagt erst eine Lebensmittelvergiftung und dann ein Autodieb, so dass er heimlich seinen lebenslustigen Bruder (ebenfalls Yardim) nach Hollerbach schickt. Nun müssen nur noch zwei von Daisy gewirkte Wunder aus dem Hut gezaubert werden...

    Mit einer der Schlüsselszenen des Films nimmt Rosenmüller die Kritik an der Bigotterie des fundamentalistischen Katholizismus ziemlich genau an der Stelle wieder auf, wo er mit „Wer früher stirbt..." aufgehört hatte: Nach diesem hoch amüsanten, aber letztlich absolut familientauglichen Film gerät die Handlung dieses Mal genau dann in Fahrt, als auch Georg und Emilie, zum ersten Mal seit langem, wieder so richtig in Fahrt kommen. Ja sogar derart in Fahrt, dass alles laute Beten von Daisy das erregte Stöhnen des Paars nicht übertönen kann. Und als Emilie einmal so richtig hart gegen die Wand knallt, da plumpst das riesige Kruzifix auf der anderen Seite herab und erschlägt die arme Mutter. Daisy auf Knien und die vögelnden Eheleute schneidet Rosenmüller entweder direkt gegeneinander oder er zeigt gar beide Zimmer zugleich - als absurdes Breitwandwandpanorama von der Seite. Man muss nicht unbedingt gläubig sein, um dieses Arrangement einigermaßen mutig zu finden.

    Der Regisseur setzt in „Wer's glaubt wird selig" auf starke Kontraste, einige Szenen hat er tatsächlich in Rom gedreht - vor dem Petersdom etwa - und ein Gespräch zwischen Georg und dem Papst (Nikolaus Paryla) beim Spaghettiessen umrahmt die Handlung. Gleichzeitig ging es bei Rosenmüller kaum einmal ähnlich fleischlich derbe und schwarzhumorig zu. Da wird gleich zu Beginn versehentlich ein Hund angeschossen und sehr deutlich entfernt der schusselige Dorfpolizist Hartl (Simon Schwarz) danach die Patrone aus dem Körper des Tieres. Da kommt die verlorene Tochter Evi (Lisa Maria Potthoff), die aus der provinziellen Enge in die Scheinwelt des Pornobusiness geflohen ist, zur Beerdigung der Mutter zurück nach Hollerbach – doch die Beisetzung zieht sich eine Weile hin, immerhin liegt Daisy unter den Fischen in der Tiefkühltruhe im Keller. Und so weiter.

    Rosenmüller hat ein feines Gespür für komödiantisches Timing, ja überhaupt für Gags, die stimmig in den Erzählrhythmus und die Spannungsdramaturgie eingewoben statt bloß selbstzweckhaft eingestreut sind. Ein detailreich ausgeheckter Plan, der sich um einen Banküberfall und die Wiederauferstehung des scheinbar erschossenen Hartl dreht, ist ein Musterbeispiel dieses inszenatorischen Könnens – dass dieses Vorhaben der Dorfdeppen geradezu epochal in die Hose geht, versteht sich von selbst. All dies mündet in eine eigentümliche Erleuchtung. „Warum ist der Himmel blau?" wird zur Schlüsselfrage im letzten Teil des Films, eine kleine, quasi-religiöse Rolle rückwärts. Die Antwort mit einem Krankenhaustablett aus dem Befragten herausprügeln zu wollen, ist dann wiederum die feine bayerische Art.

    Fazit: Der mutige schwarze Humor und Rosenmüllers Fähigkeit, spannende Geschichten um liebenswerte Figuren aufzubauen, machen „Wer's glaubt wird selig" zu einem herausragenden Beispiel deutscher Komödienproduktion.

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