Der Roman „What Maisie Knew“ (deutscher Titel schlicht „Maisie“) von Henry James stammt zwar aus dem Jahr 1897 ist jedoch ein zeitloses Werk: Im Mittelpunkt stehen zwei geschiedene Eltern, die ohne Rücksicht auf die Befindlichkeit ihrer Tochter um das Sorgerecht streiten – das Thema ist heute sogar noch aktueller als damals. In ihrer Adaption „Das Glück der großen Dinge“ verlegen die Regisseure Scott McGehee und David Siegel („The Deep End“) so auch die Handlung des Romans in das New York der Gegenwart. Heraus gekommen ist dabei ein tragikomischer und kurzweiliger Independentfilm, der von den durchweg überzeugenden schauspielerischen Leistungen des gesamten Ensembles lebt.
Die sechsjährige Maisie (Onata Aprile) lebt gemeinsam mit ihrer Mutter Susanna (Julianne Moore) und ihrem Vater Beale (Steve Coogan) in einem schicken New Yorker Apartment. Doch in der Ehe der abgehalfterten Rockmusikerin und des international tätigen Kunsthändlers kriselt es und schließlich kommt es sogar zur Scheidung. Fortan streiten die Eltern ohne Rücksicht auf die Gefühle ihrer Tochter um das Sorgerecht. Während der Vater seine Position vor Gericht stärken will, indem er Maisies Kindermädchen Margo (Joanna Vanderham) heiratet, ehelicht Susanna den jüngeren Barkeeper Lincoln (Alexander Skarsgård). Schließlich wird auf ein gemeinsames Sorgerecht entschieden, so dass Maisie hin und her pendelt. Weil Susanna ihr Comeback als Musikerin plant und Beale regelmäßig im Ausland arbeiten muss, kümmern sich letztlich vor allem die neuen Lebensgefährten Margo und Lincoln um das Wohl des kleinen Mädchens.
Scott McGehee und David Siegel nehmen in „Das Glück der großen Dinge“ die Perspektive von Maisie ein, die zum Opfer des Scheidungskriegs der Eltern wird. In jeder Szene des Films ist Maisie zu sehen, beobachtet dabei immerzu aus ihrer kindlichen Perspektive die zerrüttete Familiensituation. Dabei schwankt das Mädchen zwischen Enttäuschung und Hoffnung, zieht sich über weite Strecken in ihre eigene Welt zurück und findet erst peu à peu eine eigene Stimme. Dem Zuschauer gibt dieser Blickwinkel die Möglichkeit, die Auseinandersetzungen der Eltern aus kindlicher Perspektive zu sehen. Dabei finden die Regisseure allerdings keine inszenatorischen Mittel, um die kindliche Perspektive auch filmisch umzusetzen: Im Grunde absolviert Maisie in jeder Szene ihren Auftritt, ohne dass der Film tatsächlich mit Leib und Seele auf ihrer Augenhöhe wäre.
Trotz seiner schweren Thematik artet der tragikomische Independentfilm nicht in Gefühlsduselei aus, sondern ist im Gegenteil eher leichte Arthouse-Unterhaltung, die durchaus für einen besinnlichen und kurzweiligen Kinoabend taugt. Sehenswert ist vor allem das durchweg überzeugende und gut besetzte Ensemble um die Streithähne Julianne Moore („Magnolia“) und Steve Coogan („Tropic Thunder“), die kleinen zwischenmenschlichen Momenten große Wahrhaftigkeit verleihen. Bemerkenswert ist aber vor allem Onata Aprile („Yellow“): Die junge Darstellerin der Maisie kann sich trotz ihrer allzu passiven Rolle gegenüber diesen Schauspielprofis mühelos behaupten. Rundum überzeugend ist das Scheidungsdrama letztlich jedoch nicht, da die früh etablierten Konflikte bisweilen nicht weiterentwickelt werden und die recht vorhersehbare Geschichte wenige echte Höhepunkte bietet.
Fazit: „Das Glück der großen Dinge“ ist ein von überzeugenden Darstellern getragenes Independent-Drama, in dem ein Rosenkrieg aus der Sicht eines kleinen Mädchens – teilweise etwas zu sehr dahinplätschernd - erzählt wird.