Enid Blytons „Fünf Freunde" gilt als eine der ersten großen Krimi-Reihen für ein junges Publikum. Die ab 1942 veröffentlichten Romane wurden weltweit über hundert Millionen Mal verkauft. Die Bücher und auch die Hörspiele mit den Abenteuern von George, Julian, Dick, Anne und Timmy, dem Hund, sind nach wie vor immens erfolgreich und ähnlich wie „Die drei ???" hierzulande mittlerweile fast sogar populärer als in ihrem Herkunftsland. Da verwundert es nicht, dass eine Kino-Adaption von Blytons Klassikern nun nicht aus ihrer Heimat Großbritannien, sondern aus Deutschland kommt. Das Problem dabei ist, dass Regisseur Mike Marzuk („Sommer") dem jungen Publikum seines Kinder-Krimis zu wenig zutraut und Blytons Vorlage zu stark vereinfacht. Dieses erzählerische Defizit kann er auch mit ein wenig Klamauk und ein paar optischen Schauwerten nicht ausgleichen.
Die Geschwister Julian (Quirin Oettl), Dick (Justus Schlingensiepen) und Anne (Neele-Marie Nickel) freuen sich auf ihre Sommerferien bei Tante Fanny (Anja Kling) und Onkel Quentin (Michael Fitz) auf dem Land. Doch die Ernüchterung folgt schnell. Cousine Georgina, die sich nur George (Valeria Eisenbart) nennen lässt, will mit den Städtern nichts zu tun haben. Und auch Onkel Quentin hat keine Zeit für die Kids, verbringt er doch die nächsten Wochen abgeschottet in seinem Labor auf der Felseninsel, wo er eine revolutionäre Energiegewinnungsmethode erforscht. Erst als die Geschwister mit mutigem Einsatz Georges Hund Timmy aus einer Höhle befreien, taut die Cousine auf. Das Quartett stößt auf ein Funkgerät, über das verschwörerische Botschaften ausgetauscht werden. Scheinbar ist jemand hinter Quentins Erfindung her. Da die trotteligen Dorfpolizisten Peters (Armin Rohde) und Hansen (Johann von Bülow) den Kindern genauso wenig Glauben schenken wie Tante Fanny, nimmt George die Sache gemeinsam mit ihren drei neuen Freunden und Timmy selbst in die Hand. Doch wer will Quentin ans Leder? Verdächtige gibt es genug, wie zum Beispiel den mysteriösen Peter Turner (Anatole Taubman), der mit seinem Fernglas die Insel beobachtet, oder zwei angebliche Tierfilmer (Elyas M'Barek / Alwara Höfels), die an dieser ein ähnlich reges Interesse zeigen...
Im Gegensatz zu den Geschichten der „Drei ???", die über mehrere Generationen hinweg Kultstatus genießen und wahrscheinlich sogar mehr erwachsene als junge Fans haben, waren die „Fünf Freunde" schon immer ein Stoff vornehmlich für Kinder. Dass das Team hinter der ersten Kinoadaption des Klassikers daher nach eigener Auskunft auf ein Publikum zwischen fünf und zwölf Jahren abzielt, ist folgerichtig. Leider bereiten sie die Geschichte dabei aber so simpel auf, dass nicht nur die erwachsene Kinobegleitung des Zielpublikums, die vielleicht mit den Abenteuern der „Fünf Freunde" aufgewachsen ist, außen vor bleibt, sondern auch viele der Jüngsten schlicht und einfach unterfordert sein werden. Am deutlichsten wird dies bei den Ermittlungen der Jung-Detektive. Diese fassen einen einzelnen Verdächtigen ins Auge, untersuchen kurz die ihn betreffenden Fakten und stellen dann zweifelsfrei seine Unschuld fest. Dann geht dieses Spiel von vorne los, und auf diese Weise wird nach und nach einfach das gesamte, zu Beginn kurz eingeführte Personal abgeklappert. Dieses Muster wird so starr durchgehalten, dass am Schluss einfach nur noch die zwangsläufigen Schuldigen übrigbleiben. Bei der Auflösung geht es dann ausschließlich um einen möglichst überraschenden Aha-Effekt, nicht um eine nachvollziehbare Entwicklung. Durch diese spannungslose Abzählreim-Dramaturgie wird selbst den jüngsten und damit am wenigsten krimierfahrenen Zuschauern jede Möglichkeit genommen, zumindest ein wenig mitzurätseln.
Bei der Einführung der Figuren und bei der Erzählung von der Entstehung der Freundschaft zwischen den abenteuerlustigen Jungdetektiven gehen Regisseur Marzuk und sein Autorenduo Peer Klehmet und Sebastian Wehlings („Rock It!") leider ähnlich platt vor wie bei der Krimihandlung. Jede Figur bekommt schlicht ihre bekannteste Eigenschaft aus der Vorlage zugewiesen, die dann immer mal wieder zur Erinnerung aus dem Nichts aufgerufen wird. Mit Charakterzeichnung hat das allerdings wenig zu tun, wenn „Computerhirn" Dick Fakten herunterrasselt oder wenn das wandelnde Mädchen-Klischee Anne jedes harmlose Mini-Abenteuer als schmutzig und gefährlich kommentiert. Bei solch oberflächlichen Charakteren wirkt dann auch die anfängliche Konkurrenz zwischen dem geborenen Anführer Julian und George arg konstruiert, auch wenn letztgenannte die weitaus interessanteste Figur ist: Valeria Eisenbart („Wickie auf großer Fahrt") gelingt es immer wieder, das komplizierte Innenleben ihrer Figur herauszukehren. George, ein Mädchen, dass kein Junge sein will, sich stark gibt, aber verletzlich ist, bildet daher auch das Zentrum der Geschichte und ist neben dem für einige amüsante Szenen zuständigen Hund Timmy das Prunkstück von „Fünf Freunde".
Kaum eine deutsche Kinderfilmproduktion kommt mehr ohne namhafte Erwachsenendarsteller in den Nebenrollen aus. Auch die Macher von „Fünf Freunde" versammeln hier gleich reihenweise prominente Gesichter, wie so oft bleiben die meisten von ihnen aber unterbeschäftigt. Armin Rohde („Contagion") und Johann von Bülow („Kokowääh") haben die Aufgabe, für einen Großteil der Komik zu sorgen, was sich allerdings als undankbar erweist, denn ihre Rollen erinnern doch sehr stark an das trottelige, ungleiche Polizistenduo aus „Pippi Langstrumpf". Ohne das Mädchen, das ihnen dank übermenschlicher Kräfte ein Schnippchen schlägt, ist es aber nur halb so lustig, wenn Rohde und von Bülow munter übereinanderstolpern. Der Slapstick-Humor kann daher auch die mangelnde erzählerische Finesse höchstens notdürftig übertünchen und so bleibt etwa unübersehbar, dass die Figuren von Elyas M'Barek („Türkisch für Anfänger") und Alwara Höfels („Keinohrhasen") als Verdächtige einzig dazu dienen, die Geschichte um zwanzig Minuten zu verlängern. Der einzige Gaststar, der eigene Akzente setzen kann, ist Anatole Taubman. Der Bond-Bösewicht („James Bond 007 - Ein Quantum Trost") spielt mit sichtlichem Genuss eine überdrehte Parodie auf den Agenten mit der Lizenz zum Töten.
Fazit: Der Sprung auf die Kinoleinwand ist den fünf Freunden nicht sonderlich gut gelungen. Mit der Wiederholung des immer gleichen Schemas bringen Regisseur Mike Marzuk und seine Autoren ihre dünne Geschichte künstlich auf Kinolänge. Die Folge sind unübersehbare Längen, zumal auch die meisten Figuren unterentwickelt bleiben. Immerhin überzeugen einige der humorigen Sequenzen und eine Luftkissenboot-Actionsequenz durchbricht kurzzeitig die Lethargie.