Schon bei ihrer Premiere beim Sundance Film Festival im Januar 2007 wurde John Carneys bescheiden produzierte Musical-Romanze „Once" begeistert gefeiert. Bald darauf startete sie einen Siegeszug um die Welt, der mit dem Gewinn des Oscars für den Besten Song seinen Höhepunkt fand. Geradezu märchenhaft wurde die Geschichte dadurch, dass die Filmromanze zwischen einem Straßenmusiker und einer Immigrantin in Dublin in der Realität ihre Parallele fand: Die beiden Hauptdarsteller und Musiker Glen Hansard und Markéta Irglová verliebten sich während der Dreharbeiten ineinander und begaben sich nach ihrem großen Erfolg auf eine zweijährige Konzert-Tour. Die Regisseure Nick August-Perna, Chris Dapkins und Carlo Mirabella-Davis haben diese Reise zum Gegenstand einer Dokumentation gemacht: „The Swell Season".
„The Swell Season" – benannt nach der Band der Protagonisten - ist ein einfühlsamer, fast zärtlicher Film. Das Regisseurs-Trio fängt mehr ein als einfache Konzert-Aufnahmen oder gewöhnliche Backstage-Momente, denn das anstrengende Leben im Tourbus hinterlässt Spuren: Markéta Irglova ist mit dem Rummel um ihre Person zunehmend überfordert und sehnt sich nach Ruhe, Glen Hansard leidet unter dem hohen Erwartungsdruck. Aus der anfänglichen Tour-Reportage wird so allmählich die dokumentarische Erzählung von zwei Liebenden, die sich auseinanderleben.
Eine stringente, chronologische Dramaturgie gibt es hier allerdings nicht, weite Teile von „The Swell Season" wirken, als habe sich das Vorhaben, eine Dokumentation zu drehen, eher zufällig ergeben. Es werden viele kleine Episoden aneinandergereiht, die von Tour-Erfahrungen über Familienbesuche bis hin zu Momenten der Zweisamkeit zwischen den beiden Hauptfiguren reichen. Kommentiert wird das Geschehen von den Musikern beziehungsweise von engen Vertrauten. Oft kommen dabei interessante Gedanken zu Tage – über das zermürbende Leben auf Tour, über den Erfolgsdruck und natürlich über die Liebe. Mit ihrer Bescheidenheit und authentischen Ausstrahlung machen die beiden Musiker dabei einen äußerst sympathischen Eindruck.
Inszenatorisch gelingt den Regisseuren die bruchstückhafte Erzählweise hervorragend. Mit geschmackvoller Schwarzweiß-Fotografie, effektivem Einsatz der live vorgetragenen Folk-Songs und einem sicheren Händchen für stimmungsvolle Kameraeinstellungen und Details beschwören sie durchgehend eine warme, intime Atmosphäre, die den Film zusammenhält. Inhaltlich dagegen mag sich das Material jedoch nicht recht zu einem schlüssigen Gesamtwerk zusammenfügen. Hansards und Irglovás Beziehung und deren Scheitern an den anstrengenden Umständen in den Mittelpunkt der Dokumentation zu stellen ist durchaus sinnvoll, doch um diesen Aspekt ausreichend zu vertiefen, fehlte es augenscheinlich an passendem Material.
Der Mittelteil von „The Swell Season" wird mit an sich unterhaltsamen Episoden aufgefüllt, die aber nur wenig Einblick in das Innenleben der Protagonisten gewähren, während es im letzten Akt, in dem die Trennung thematisiert wird, kaum mehr als vage Andeutungen gibt. So funktioniert „The Swell Season" zwar für alle Fans von „Once", die sich ein Wiedersehen mit den beiden Hauptdarstellern, der Musik und der bittersüßen Atmosphäre aus John Carneys Werk wünschen, doch um als eigenständiger Film voll zu überzeugen, mangelt es „The Swell Season" an einer eigenen stringenten Geschichte und emotionaler Durchschlagskraft.
Fazit: Als eigenständiger Film funktioniert die Dokumentation über Glen Hansard und Markéta Irglová, ihre Musik und ihre Liebe nur bedingt, aber für Kenner der oscar-prämierten Romanze „Once" ist sie lohnenswert – und für deren Fans ein Muss: „The Swell Season" wäre hervorragendes Bonus-Material für eine Special Edition von John Carneys Erfolgsfilm.