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    Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt
    Von Robert Cherkowski

    Das Ende scheint nahe. Der Maya-Kalender verspricht für 2012 den Untergang der Welt, die Wirtschaft liegt am Boden, die Politik wirkt hilflos, Kriege liegen in der Luft. Diese düstere Stimmung wird auch vom Kino reflektiert: In den Jahren der Krise wurden Rezessionsthemen in Dramen und Komödien von „Company Men" über „Larry Crowne" bis zu „Alles muss raus" aufgegriffen, während gleichzeitig das Endzeitkino mit Produktionen wie „The Book of Eli" oder „The Road" ein Revival erlebte. Zuweilen näherten sich die Filmemacher der globalen Apokalypse auch auf geradezu intimem Weg. So drehte Lars von Trier mit „Melancholia" eine Depressionsstudie unter dem Motto „Weltuntergang als Chance" und David Mackenzie beschwor in „Perfect Sense" die Liebe als einzigen Ausweg vor dem großen Nichts. In „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt" tritt nun Regiedebütantin Lorene Scafaria dem Ende aller Tage gegenüber. Sie entscheidet sich für eine besinnlich-versöhnliche Herangehensweise und stellt sich der Katastrophe mit Humor. Dabei gelingt ihr Erstaunliches, denn mit ihrer stilsicher inszenierten romantischen und ernsten Komödie macht sie selbst den Weltuntergang zu einer schönen Erfahrung.

    Diesmal scheint es keinen Ausweg mehr zu geben: Ein Asteroidenhagel bedroht die Erde, jeder Rettungsversuch ist hoffnungslos. Allein Dodge (Steve Carell) bringt der drohende Weltuntergang nicht aus der Ruhe. Stoisch geht der Mittvierziger seiner Arbeit nach, während sich seine Freunde einem wahnwitzigen Hedonismus hingeben. Seine Freundin hat ihn verlassen, als sie vom nahenden Ende erfuhr, aber auch das kann Dodge nicht erschüttern, er fristet seine Tage, als wäre nichts gewesen. Doch dann lernt er seine quirlige Nachbarin Penny (Keira Knightley) kennen und sie beschließen, gemeinsam die Stadt zu verlassen. Dodge will seine Jugendliebe aufsuchen, Penny ein Flugzeug finden, das sie zu ihrer Familie nach England bringt. Während die Welt um sie herum im Chaos versinkt, kommen sich der biedere Bürohengst und die lebenslustige Träumerin näher...

    Seit seinem Kino-Durchbruch als vierzigjährige Jungfrau hat Steve Carell nicht nur in schrägen Komödien wie „Anchorman" überzeugt. Auch in leicht melancholischen Indie-Dramen wie „Little Miss Sunshine" oder im starbesetzten „Crazy Stupid Love" verfeinerte er seine Paraderolle des biederen Nobodys, in dessen Hühnerbrust das Herz eines großen, doch oft enttäuschten Romantikers schlägt. In „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt" wirkt er einmal mehr wie ein Mann, der am liebsten in der Masse untertauchen möchte und mit dem extrovertierten Gehabe seiner Mitmenschen nichts anfangen kann. Besonders im ersten Drittel des Films wird geschickt mit dem Kontrast zwischen dem stoischen, durch nichts aus der Fassung zu bringenden Carrel und seiner aufgekratzten Umgebung gespielt. Höhepunkt ist eine wilde Party, auf der Dodges eigentlich eher langweiliger Freundeskreis im Anbetracht des nahenden Todes versucht, bisher ausgelassene Exzesse nachzuholen. Die Fete artet schnell zu einer hemmungslosen Orgie aus, bei der Kondome ebenso überflüssig sind wie die Pille danach und bei der Heroin konsumiert wird wie Süßigkeiten. Für Dodge jedoch kommt das nicht infrage: Die Welt mag untergehen, aber das ist für ihn kein Anlass, sich gehen zu lassen.

    Der alberne und nahezu hysterische Erzählton des Beginns macht indes bald einem stillen, melancholischen Gestus Platz. Sobald sich Penny und Dodge zu ihrem gemeinsam Trip aufmachen, steht die Liebesgeschichte des ungewöhnlichen Paars im Mittelpunkt. Langsam und zunächst ganz schüchtern kommen sich der lethargische Bürohengst und das späte Hippie-Mädchen näher, ehe sich plötzlich doch die Begierde Bahn bricht, um wenig später wieder einem verschämten Nebeneinander Platz zu machen. An diesem unwahrscheinlichen Paar kann man sich weder der Zuschauer noch die Kamera sattsehen, die Darsteller machen den Zauber einer ganz besonderen Beziehung spürbar, wobei besonders Keira Knightley („Anna Karenina", „Abbitte") die Blicke auf sich zieht, was auch dabei hilft, manche kleine Länge und allzu absehbare Story-Wendung zu kaschieren. Die mit melancholischen Songs unterlegten Montage-Sequenzen etwa sind zwar sehr stimmungsvoll, aber zuweilen auch extrem ausführlich geraten und wenn das immerhin sehr gut passende „The sun ain't gonna shine anymore" von den Walker Brothers in voller Länge zu hören ist, dann mag das für manchen Betrachter doch etwas viel des Guten sein. Ein wehmütig vertrauter Abend zwischen Penny, Dodge und seinem entfremdeten Vater Frank (Martin Sheen) lässt etwaige kleine Vorbehalte bald vergessen und im zwar absehbaren, in dieser Form aber doch überraschend konsequenten Finale erreicht der Film die bewegende Intensität einer innigen Umarmung.

    Fazit: Wer hätte gedacht, dass das Ende der Welt den Rahmen für eine der schönsten, verträumtesten und romantischsten Komödien dieses Kinojahres bieten könnte. Trotz gelegentlicher kleiner Längen wird der Weltuntergang in „Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt" zu einem geradezu wunderbaren Erlebnis.

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