Mein Konto
    Brasch - Das Wünschen und das Fürchten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Brasch - Das Wünschen und das Fürchten
    Von Christian Horn

    Mit TV-Porträts über Klaus Kinski, Ulrich Mühe oder Angela Winkler hat Regisseur Christoph Rüter bereits Erfahrungen in der Umsetzung filmischer Biografien gesammelt. Mit „Brasch - Das Wünschen und das Fürchten" porträtiert er nun den 2001 verstorbenen Schriftsteller und Dramatiker Thomas Brasch, der auch als Drehbuchautor und Regisseur („Der eiserne Engel") in Erscheinung trat. Indem er private Aufnahmen, Ausschnitte aus den Werken und öffentlichen Auftritten des Künstlers sowie Interview-Passagen stimmig miteinander verbindet, ermöglicht der Filmemacher einen intimen und vielfältigen Blick in das Leben seines Freundes Thomas Brasch.

    Geboren wurde Thomas Brasch 1945 in Großbritannien, wo seine jüdische Familie vor den Nationalsozialisten Zuflucht suchte. Nach dem Krieg siedelte die Familie in die DDR über, wo Braschs Vater zum Kulturminister aufstieg. 1968 demonstrierte Thomas Brasch mit Plakaten gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in Prag, wurde vom eigenen Vater denunziert und landete für 27 Monate im Gefängnis. Als er in der Folge seinen Prosaband „Vor den Vätern sterben die Söhne" illegal in Westdeutschland veröffentlichte, wurde Brasch aus der DDR ausgewiesen. Sein Erfolg im Westen, wo er von den Kritikern gefeiert wurde, brachte den Querdenker jedoch nicht von seinem gesellschaftskritischen Kurs ab: Das kapitalistische System der BRD monierte er ebenso wie das kommunistische der DDR – hier wie dort eckte der Schriftsteller Zeit seines Lebens an...

    Christoph Rüter erzählt die Lebensgeschichte von Thomas Brasch nicht streng chronologisch, sondern ordnet das Material nach übergreifenden Themen im Leben des Schriftstellers, die immer auch in einem Zusammenhang mit seiner Arbeit stehen. Zum Beispiel das Verhältnis zur DDR, deren System Brasch als grundsätzlich gut, aber mangelhaft umgesetzt erachtete. Oder die Beziehung zum Vater, seine jüdischen Wurzeln und in den letzten Jahren seines Lebens die Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod. Vater, Judentum, Krankheit – das erinnert ein wenig an die zentralen Lebensthemen Franz Kafkas und tatsächlich eint die beiden Künstler auch ihr Hang zum Leiden an der eigenen zerrissenen Identität und der Welt als Ganzes.

    Wie bei so vielen neueren Dokumentarfilmen sind es die flexiblen Aufnahmetechniken der Gegenwart, die den intimen Blick von „Brasch" überhaupt erst ermöglichen. Ein Kernstück des Porträts sind etwa Aufnahmen, die Brasch in seiner Berliner Wohnung – teilweise unter Alkoholeinfluss – von sich selbst gemacht hat. Nicht alle dieser persönlichen Aufnahmen sind von Relevanz und in der Tat hätte „Brasch" wie so viele Doku-Porträts ruhig ein wenig kürzer ausfalle dürfen – am Ende bleibt aber trotzdem ein starker Eindruck des Porträtierten zurück.

    Dass sich der Film nicht zur Gänze in beiläufigen Alltagsaufnahmen verliert, liegt auch an der Einbindung von öffentlichen Auftritten und Interviews, beispielsweise von der Verleihung des Bayerischen Filmpreises, den Thomas Brasch 1981 für seinen Spielfilm „Engel aus Eisen" erhielt: Weil Brasch in seiner Dankesrede den kriminellen Helden seines Films für ihren Einsatz dankte und zudem ein Lob für die Filmhochschule der DDR aussprach, sorgte er für einen Eklat, der dem anwesenden Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß die Schamesröte ins Gesicht trieb. Solche und ähnliche Ausschnitte verorten Thomas Brasch immer wieder als unangepassten Rebell.

    Fazit: Mit „Brasch - Das Wünschen und das Fürchten" ist Christoph Rüter ein eindringliches und persönliches Porträt des Künstlers Thomas Brasch gelungen, das zugleich auch eine deutsch-deutsche Geschichte erzählt. Mit minimalistischen Mitteln kommt das bisweilen sperrige Porträt seinem Protagonisten auf unmittelbare Art sehr nahe.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top