Autos, so sagte ein russischer Dichter, seien nichts für ein Volk, das dem Wodka und der Melancholie verfallen ist. Und Dichterworte sind schliesslich nicht selten Gesetz in Russland. Aber in diesem Land ist nicht nur der Dichter mehr als ein Dichter. In Russland ist auch ein Auto mehr als nur ein Auto, es ist ein beseeltes Wesen: wie Lada – was auf russisch „Geliebte“ heisst. Auch 40 Jahre nachdem das kantige Lada-Modell an den Ufern der Wolga in Togliatti das Licht der sowjetischen Realität erblickte, bewegt sich die Mehrzahl der Russen in diesem altmodischen Gefährt, das als rustikaler Nachbau in italienischer Lizenz enstand: Ein lebendiges Wesen, kauzig wie die Menschen, die ein Leben mit und in „ihrer Lada“ verbringen. Da ist Murad, der heimwehkranke kaukasische Taxifahrer in Moskau. Die Polizisten Oleg und Vladimir in der russischen Provinz, die davon träumen, endlich einen Terroristen zu fangen. Dann Kolja, Edek und Sascha, die ihr halbes Leben in den unterirdischen Garagen verbringen, ihr letztes Refugium, nachdem man sie in der neusortierten Oberwelt nicht mehr benötigt. 4000 km weiter nördlich, am verschneiten Ende der Welt wohnen Maxim und Tatjana, die vor Jahrzehnten einen Lada zur Hochzeit bekommen haben. Vladimir, der tschetschenische Kriegsveteran, der sein Leben mit Lada bei den Gräbern seiner Freunde verbringt, die ihre letzte Ruhe auf einem abgelegenen Soldatenfriedhof gefunden haben. Und schließlich Michail, der einsame Alte, der mit seinem Hund und seiner „besseren Hälfte Lada“ in der Taiga wohnt.
Sie allesamt sind Menschen, die von den Veränderungen der letzten Jahre an den Rand der Gesellschaft gespült wurden. Überlebende, Überlebenskünstler, wie Lada, die uns mit ihrer Erzählung in die Welt ihrer abseitigen Helden führt und uns damit auf eine subjektive wie poetische Erkundung des heutigen Russlands mitnimmt. Ein modernes, altes Märchen und ein Roadmovie, immer dann, wenn Michails verdammte Kiste endlich anspringt.