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    Hands Of Stone - Fäuste aus Stein
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Hands Of Stone - Fäuste aus Stein
    Von Asokan Nirmalarajah

    Im Boxerfilm geht es meist um einen Underdog - entweder um einen unverbesserlichen Träumer oder um einen von seiner brutalen Vergangenheit gezeichneten Schläger. Seine Rohheit und seine Unbeholfenheit maskieren dabei eine intensive Sehnsucht nach Anerkennung, Zuneigung und Zärtlichkeit, er setzt sich den Schlägen seiner Gegner aus, um sich selbst, seiner Liebsten oder der Gesellschaft etwas zu beweisen. Über die Duelle im Ring wird von Aufstieg und Fall des (Anti-)Helden erzählt – bis zum alles entscheidenden finalen Kampf. Dass man mit diesen geradezu archaischen Erzählmustern auch 2016 noch die Herzen der Zuschauer erobern kann, bewies Ryan Coogler mit der „Rocky“-Fortsetzung „Creed“. Allerdings sind sie schon lange kein Selbstläufer mehr, das zeigt der künstlerische K.O. von Autorenfilmer Jonathan Jakubowicz mit seinem Boxer-Drama „Hands Of Stone“: Sein oberflächlich-schematischen Biopic des panamaischen Weltmeisters Roberto Dúran hat trotz Starbesetzung und aufwendig gezeichneten Zeitkolorits mit viel Leerlauf zu kämpfen.

    Roberto Durán (Édgar Ramírez) wächst vaterlos in den Ghettos Panamas auf. Er schwänzt die Schule und teilt sein gestohlenes Essen mit Mutter und Geschwistern. Bald verdient er mit Straßenboxkämpfen erstes Geld, sein großes Ziel ist es, Profi zu werden. Mit seinem unbedingten Ehrgeiz überzeugt er den lokalen Trainer Plomo Quinones (Pedro Pèrez) von sich und gibt sein offizielles Debüt 1968 im zarten Alter von 16 Jahren. Der Manager Carlos Eleta (Rubén Blades) verhilft ihm anschließend zu einer steilen Karriere, die den Boxer bis in das von ihm verhasste Amerika führt. Dort nimmt ihn schließlich der legendäre Trainer Ray Arcel (Robert De Niro) unter seine Fittiche, der dafür sogar Probleme mit dem New Yorker Mafioso Frankie Carbo (John Turturro) in Kauf nimmt. Unterdessen steigert sich der Durán immer mehr in die Rivalität mit dem amtierenden Weltmeister Sugar Ray Leonard (Usher) hinein …

    Die Geschichte von „Hands Of Stone“ ist nicht neu, aber dafür wahr. Ähnlich wie Martin Scorsese in „Wie ein wilder Stier“ erzählt Jonathan Jakubowicz („Prófugos – Auf der Flucht“) vom Leben eines realen Champions. Und mit dem Panamaer Roberto Durán – Weltmeister in vier verschiedenen Gewichtsklassen und über 33 Jahre als Profi aktiv – hat er sich eine der schillerndsten Figuren des Boxzirkus ausgesucht (Al Pacino soll sogar seinen Scarface, Tony Montana, nach Duráns Vorbild angelegt haben). Doch der Regisseur macht allzu wenig aus den Möglichkeiten des Stoffes. Einseitig konzentriert er sich auf das rücksichtslose Ego und den prahlerischen Machismo Duráns, er zeigt uns, wie das Großmaul seine spätere Ehefrau Juanita erobert, wie es seinen verhassten Gegner Sugar Ray Leonard einschüchtert und wie es alle seine früheren Freunde und Mitstreiter nach und nach zu Feinden macht. Eine tragische, selbstzerstörerische Seite des Protagonisten kommt dabei jedoch nicht zum Vorschein, er bleibt nur ein jähzorniger, ungebildeter Klischee-Exote, der ausschließlich Gewalt und Sex kennt. Dem kann auch Édgar Ramirez („Carlos - Der Schakal“) nichts entgegensetzen, obwohl er sich mit sichtbarer Leidenschaft in die Rolle wirft.

    Neben den Figuren sind auch die soziopolitischen und kulturellen Hintergründe in „Hands Of Stone“ unterbelichtet: Der Streit der US-Regierung mit Panama um den Panamakanal, das  ökonomische Gefälle zwischen den Armen und Reichen in Duráns Heimat, die Kommerzialisierung des Boxens durch das Fernsehen, die Rollen der afroamerikanischen Boxer und Promoter, der jüdischen Trainer und der italienischen Geldeintreiber in der Entwicklung des einstigen Hinterhof-Sports zum Massenphänomen – all das sind nur beiläufig erwähnte Fußnoten. Und so ist es am Ende einzig Robert De Niro („Taxi Driver“) als Trainerveteran Ray Arcel, der uns mit seinem melancholischen Blick in Erinnerung bleibt und überdies die besten Dialogzeilen des Films für sich verbuchen kann.

    Fazit: „Hands Of Stone“ ist eine verschenkte Gelegenheit: Die faszinierende Geschichte des Boxers Roberto Durán verkommt durch ein oberflächliches Drehbuch und eine klischeehafte Inszenierung zu einem trägen und eindimensionalen Drama.

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