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    Parade
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Parade
    Von Björn Becher

    Mit seinem Meisterwerk Go sowie mit „A Day On The Planet“ war Isao Yukisada („Crying Out Love, In The Centre Of The World”) bereits zwei Mal im Forum der Berlinale vertreten. 2010 ist der Japaner mit „Parade“ wieder Gast in Berlin, nun im Panorama. Der Regisseur macht es dem Zuschauer bei seiner Verfilmung von Shuichi Yoshidas 2002 mit dem renommierten Yamamoto-Shugoro-Preis ausgezeichneten Roman nicht leicht. Aber trotz seiner fragmentarischen Erzählweise ist „Parade“ ein faszinierendes, streckenweise sogar begeisterndes Werk.

    In einem der typisch japanischen 2LDK-Appartements (mit zwei Schlafräumen, einem Wohn- und Speisezimmer sowie Küche und Bad) haben sich zwecks Mietersparnis gleich vier Mittzwanziger eingerichtet. Der Fitnessfreak Naoki (Tatsuya Fujiwara) hat einen guten Job bei einem Filmverleih und ist sowieso selten in der Wohnung anzutreffen. Auch Miki (Karina) ist nicht sehr häufig zu Hause, die Zeichnerin streift lieber durch die lokalen Bars. Die arbeitslose Kotomi (Shihori Kanjiya) sitzt dagegen den ganzen Tag vor dem Fernseher und zupft ihre Augenbrauen. Ihr einziger Grund, sich hübsch zu machen ist ihre oberflächliche und unstete Beziehung zu einem Filmstar. Fehlt noch der frisch verliebte Student Ryosuke (Keisuke Koide), der nebenher in einer Bar jobbt und sein Leben recht locker nimmt. Die Vierer-Gemeinde wird aufgeschüttelt, als im nahe gelegenen Park nachts junge Frauen überfallen und brutal zusammengeschlagen werden und sich plötzlich sich auch der achtzehnjährige Stricher Satoru (Kento Hayashi) als neuer Mitbewohner einnistet.

    Einen Plot im engeren Sinne gibt es nicht und trotzdem ist „Parade“ fesselndes Kino. Yukisadas Film ist in kleine Episoden eingeteilt, die den Titeln nach immer einem der vier ursprünglichen Bewohner der Wohnung gewidmet sind. Yukisada seziert das Nebeneinanderherleben seiner Protagonisten, die alle ein Geheimnis haben. Der Neuankömmling Satoru (Kento Hayashi) erkennt deren Situation schnell: Man komme auf dem engen Raum nur miteinander aus, weil man zwar vordergründig befreundet sei, sich dann aber doch nur rudimentär füreinander interessiere. Und er mischt – ähnlich, aber nicht so drastisch wie der namenlose Besucher in Takashi Miikes Visitor Q – die Gemeinschaft kräftig auf, was die Gruppe letztlich stärker zusammenschweißt. Das verstörende Ende dürfte den einen oder anderen Zuschauer dabei jedoch ein wenig ratlos zurücklassen.

    Zusätzlichen Reiz gewinnt „Parade“ durch den häufigen Einsatz von subjektiver Erzählweise und Rückblenden. Als etwa Satoru neu in die Wohnung kommt, wird er von allen erst einmal fast selbstverständlich akzeptiert, denn jeder glaubt, er sei ein Freund eines der anderen. Erst nach fast 24 Stunden stellen plötzlich alle fest, dass ihn keiner kennt und erzählen jeweils, wann sie ihn das erste Mal getroffen haben. Anschließend kommt mit Satorus eigener Schilderung seines Einzugs noch eine fünfte Ebene hinzu, die das Geschehen amüsant auflöst. Dabei kann sich Yukisada jederzeit auf seine starke Besetzung verlassen und es sich sogar leisten, dass sein größter Star, Tatsuya Fujiwara (Death Note, Battle Royale, Takashi Miikes „Sabu“), lange Zeit im Hintergrund bleibt.

    Fazit: Yukisada wandelt munter zwischen den Genres und beweist dabei, dass er sie allesamt beherrscht. „Parade“ ist zwar etwas sperrig erzählt und hat bei der Laufzeit von knapp zwei Stunden auch seine Längen, aber insgesamt ist der Film dennoch ein gefälliger Mix aus Drama, Komödie und einem mysteriösen Serienverbrechen.

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