Ein nackter weiblicher Teenager im Badezimmer, der mit der haarigen Prozedur einer Intimrasur hoffnungslos überfordert ist und schließlich die beste Freundin zu Hilfe rufen muss: Was nach einer typischen Szene aus „American Pie" oder einer ähnlichen Teeniekomödie klingen mag, ist der mit Abstand amüsanteste Moment aus Bradley Rust Grays Horror-Romanze „Jack And Diane". Spaßiges dieser Art bleibt in dem außergewöhnlichen Genremix ansonsten eher die Ausnahme: Gray kombiniert in seinem expliziten Film eine leidenschaftliche Liebelei mit blutigem Splatter-Horror. Ein mutiges Experiment – doch das Ergebnis ist weder stimmig noch auf sonstige Weise überzeugend.
Eigentlich sind die toughe Jack (Riley Keough, „The Good Doctor") und die schüchterne Diane (Juno Temple, „The Dark Knight Rises") nur gute Freundinnen – bis ein Kuss plötzlich alles verändert. Die beiden Teenager werden ein Paar, doch bald wird das junge Beziehungsglück auf eine harte Probe gestellt: Bestürzt erfährt Jack, dass ihre Freundin New York bald verlassen wird, um eine Schule in Frankreich zu besuchen. Enttäuscht davon, dass Diane ihr nicht von Beginn an reinen Wein eingeschenkt hat, zieht sich Jack von ihrer Angebeteten zurück. Diane setzt alles daran, ihre große Liebe nicht zu verlieren, wird aber zugleich von ganz anderen Sorgen geplagt: Immer, wenn sie mit Jack intim wird, erlebt sie schreckliche Horrorvisionen, in denen sie schreckliche Blutbäder anrichtet...
Haare sprießen durch menschliches Gewebe, Zöpfe ranken sich wild durch Muskelfleisch: Was geht nur im Körper von Diane vor, die schon nach der ersten Begegnung mit Jack von hartnäckigem Nasenbluten geplagt wird? Eine gute Stunde wird der Zuschauer mit rätselhaften Animationen und Andeutungen auf die Folter gespannt, bis die Antwort ans Licht kommt: Während sie masturbiert verwandelt sich die Blondine in eine werwolfartige Kreatur. Anders als Marvel-Kollege „Hulk", der bekanntlich bei Wutanfällen zum grünen Monstrum wird, bedarf es für Dianes Verwandlung sexueller Erregung, die sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit der erfahrenen Jack erlebt. Das monströse Gefühl der Liebe nimmt in „Jack And Diane" damit konkrete Gestalt an und stellt eine tödliche Gefahr für das Glück der zwei Liebenden dar.
Leider scheitert Grays beherzter Versuch, die expliziten Horrorszenen, in denen Diane schon mal genüsslich in ein menschliches Herz beißt und sich anschließend die blutverschmierten Lippen leckt, stimmig mit der Romanze in Einklang zu bringen. Doch das ist nicht die einzige Schwäche: Während die ruhigen Momente des Films penetrant vom weltberühmten Pickets-Song „Only You", den sich Jack in Gedenken an ihren verstorbenen Bruder immer wieder auf einem antiken Walkman anhört, begleitet werden, liefern die Horrorszenen zwar blutige Bilder, bemühen aber meist arg abgegriffene Horrorklischees. Dafür lässt Gray, der auch das Drehbuch zum Film schrieb, sein inszenatorisches Können an anderer Stelle aufblitzen: Der Moment etwa, in dem sich die Lippen von Jack und Diane zum ersten Mal berühren und sich nie wieder voneinander lösen wollen, strahlt eine unglaubliche Magie aus, der man sich kaum entziehen kann. Auch die Begegnung Jacks mit Dianes Pflegetante Linda (Cara Seymour, „The Music Never Stopped") liefert manch amüsanten Dialog, während der Kurzauftritt von Popstar Kylie Minogue („Holy Motors") als Tätowiererin Tara schon nach wenigen Sekunden beendet ist. Doch trotz mancher schöner Momente und des interessanten, originellen Ansatzes, vermag „Jack und Diane" nicht vollends zu überzeugen. Den Sprung vom Indie-Regisseur, der mit „The Exploding Girl" aufhorchen ließ, zum Genre-Filmemacher, ist Bradley Rust Gray nur bedingt gelungen.
Fazit: Teenie-Romanze trifft Creature-Horror – Bradley Rust Gray wagt ein mutiges filmisches Experiment, das aber keinen homogenen Gesamteindruck hinterlässt.