Die Romane von Cornelia Funke wurden zwar in 37 Sprachen übersetzt, aber irgendwie scheinen wir Deutschen sie doch am besten zu verstehen. Denn während die englischsprachigen Verfilmungen „Herr der Diebe" und „Tintenherz" floppten, stehen die ersten beiden Teile der „Die wilden Hühner"-Reihe und Detlev Bucks „Hände weg von Mississippi" ganz oben an der Spitze der besten deutschen Kinderfilme des vergangenen Jahrzehnts. Dementsprechend hoch waren auch die Erwartungen an Oliver Dieckmanns Funke-Verfilmung „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel" – und wie es dann meistens so ist, kann er diese leider nicht ganz erfüllen. An manchen Stellen mangelte es offensichtlich am Budget, an anderen an erzählerischer Finesse – und so ist dieses Weihnachtsmärchen am Ende doch ein Stück weit vom Charme früherer Funke-Adaptionen entfernt. Aber zum Glück gibt es da ja auch noch Hauptdarsteller Alexander Scheer, der als lässigster Weihnachtsmann aller Zeiten die Kohlen aus dem Feuer holt.
Seit der bösartige Waldemar Wichteltod (Volker Lechtenbrink) das Kommando in der Weihnachtswelt übernommen hat, ist nichts mehr wie es früher einmal war. Die Rentiere wurden durch Motorschlitten ersetzt, den Wunschzetteln der Kinder wird keine Beachtung mehr geschenkt und statt um Wunder geht es nur noch ums Geldverdienen. Von den sieben Weihnachtsmännern, die sich weigerten, das alles mitzumachen, sind sechs zwar inzwischen zu Eissäulen erstarrt, doch dem siebten gelingt die Flucht: Der junge Weihnachtsmann Niklas Julebukk (Alexander Scheer) schnappt sich das letzte verbliebene Rentier Sternschnuppe und fliegt mit seinen Weihnachtsengeln Matilda (ChrisTine Urspruch) und Emmanuel (Charly Hübner) sowie seinen Kobolden Fliegenbart und Ziegenbart davon. Aber Wichteltod entfacht ein grausiges Gewitter, das Julebukk und seinen Schlitten auf die Erde stürzen lässt. Hier bittet der letzte echte Weihnachtsmann den Grundschüler Ben Schuster (Noah Kraus) um Hilfe, um die anstehenden Festtage zu retten und Wichteltods grauen Schergen zu entwischen...
Wer auch immer auf die Idee gekommen ist, Alexander Scheer als Weihnachtsmann zu besetzen, dem gebührt ein ganz dickes Lob – und den Produzenten gleich mit, weil sie sich auf diese mutige Wahl eingelassen haben. Denn der ziemlich schlaksige Filmschauspieler („Carlos - Der Schakal") und Theaterstar hat so gar nichts gemein mit dem üblichen Bild vom Weihnachtsmann als dicklichem, etwas gemütlichem Vollbartträger. Stattdessen strahlt Scheer als Julebukk eine unglaubliche Lockerheit aus, ständig lehnt er sich irgendwo an, den Weihnachtsmannmantel lässig auf den schmalen Schultern. Das erinnert ein wenig an den jungen Mick Jagger, den man in ein Weihnachtsmannkostüm gesteckt hat – das ist mal was anderes, und das ist im Gegensatz zu den gewollt hippen Popsongs, die im Kinderkino zuletzt immer mehr in Mode gekommen sind und die auch in „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel" nicht fehlen, tatsächlich richtig cool.
Im Vergleich zu Scheer ist der Rest des Films zwar deutlich biederer, aber das ist gar nicht so schlimm. Die Familiengeschichte um Ben mit seinem gerade arbeitslos gewordenen Vater (Fritz Karl), seiner vielbeschäftigten Schokobäcker-Mutter (Jessica Schwarz) und den Problemen in der neuen Schule ist nicht gerade originell, dafür aber vor allem dank der durchweg überzeugenden Darsteller recht sympathisch. Ganz anders steht es da um die Szenen, die in der Weihnachtswelt spielen – an diesen verhebt sich Regisseur Diekmann nämlich gewaltig. Schon die stotternde Auftaktsequenz, in der Julebukk vor Wichteltods Nussknackerarmee flieht und dabei von sowjetisch anmutenden Schwarzmantelträgern auf Motorschlitten verfolgt wird, weckt beim Zuschauer wenig weihnachtliche Gefühle – denn die aufgesetzte Action sieht recht billig aus und ist in dieser Form auf der Kinoleinwand fehl am Platz.
Fazit: Der großartige Alexander Scheer als Weihnachtsmann, wie man ihn definitiv noch nicht gesehen hat, tröstet über so manch holprige Actioneinlage und manch nervigen Popsong hinweg.
PS: Wir haben vor einiger Zeit ein Special veröffentlicht, in dem wir Filme vorgestellt haben, bei deren Abspann man besser sitzen bleibt, weil noch etwas Lohnenswertes folgt. Bei „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel" ist nun leider genau das Gegenteil der Fall, hier sollte man seinen Kindern den Abspann besser ersparen. Dort wird nämlich gezeigt, wie die Spezialeffekte mit dem galoppierenden Rentier und den fliegenden Kindern im Kaufhaus eigentlich funktionieren. In einem Film, der die Magie Weihnachtens wiederaufleben lassen will, wird also die Magie des Kinos im Abspann aufgelöst: Das passt nicht zusammen.