Der Flop des mehr als 200 Millionen Dollar teuren Blockbusters „Lone Ranger“ an den US-Kinokassen ist womöglich der letzte Sargnagel für das althergebrachte Hollywood-Starsystem – nun bringt nicht einmal mehr Box-Office-Titan Johnny Depp die Massen in die Kinos! Wer sich neben den aktuellen Kinostarts aber auch ein wenig mit dem Direct-to-DVD- und Video-on-Demand-Mark beschäftigt, den dürfte diese Entwicklung kaum überraschen. Nehmen wir zum Beispiel Bruce Willis: Während sein Action-Blockbuster „Stirb langsam 5“ im Frühjahr in den Kinos anlief, landete sein Feuerwehr-Thriller „Fire with Fire“ zeitgleich direkt in den Videothekenregalen. Stars scheinen heute nur noch dazu gut zu sein, um ihre Filme durch ihren bekannten Namen auf dem Blu-ray-Cover von noch billiger produziertem Ausschuss-Ramsch abzuheben. Das ist auch bei „Killing Season“ von „Ghost Rider“-Regisseur Mark Steven Johnson nicht anders. Zwei Männer allein im Wald schießen ein paar Pfeile aufeinander ab – und das Produktionsbudget fließt unterdessen fast vollständig in die Gage der beiden Hauptdarsteller. Vor 20 Jahren wäre ein Film mit Robert De Niro und John Travolta ein Ereignis gewesen, heute kräht kaum ein Hahn danach – und angesichts der enttäuschenden Qualität von „Killing Season“ ist das noch nicht mal sonderlich traurig.
Während des Bosnienkriegs wurde der serbische Elitesoldat Emil Kovac (John Travolta) vor ein illegales amerikanisches Exekutionskommando gestellt – und überlebte den Schuss ins Genick wie durch ein Wunder! Lange hat es gedauert, bis er wieder Gehen und Sprechen gelernt hat, doch nun ist er bereit, seinem Peiniger von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten: Emil reist in die USA und trifft dort nach fast 20 Jahren wieder auf den inzwischen pensionierten Schützen Benjamin Ford (Robert De Niro), der seit der Trennung von seiner Frau in einer abgelegenen Waldhütte lebt. Nach einem gemeinsamen Abend (inklusive einer schnell geleerten Flasche Jägermeister) offenbart Emil am nächsten Morgen seine wahren Absichten: Er will sich an Benjamin für den Vorfall in Bosnien rächen – und zwar in einem Mann-gegen-Mann-Jagdduell, das nur einer der beiden überleben soll…
Ursprünglich hieß „Killing Season“ mal „Shrapnel“ (nach einem Schrapnellsplitter in Benjamins Bein) und sollte unter der Regie des inzwischen inhaftierten John McTiernan nach 15 Jahren das erste Aufeinandertreffen von John Travolta und Nicolas Cage seit „Im Körper des Feindes“ markieren. Aber dann hat De Niro die Rolle von Cage übernommen – und das erweist sich nun als echtes Problem: Mit seinem lähmungsbedingten Sprachfehler, dem serbischen Akzent und dem auffälligen Bart haut Travolta richtig auf die Kacke – und wir lehnen uns wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn wir behaupten, dass Cage da mit ebenbürtigem Overacting ordentlich gegengehalten hätte. Das wahrscheinlichste Ergebnis: ein Trash-Fest! De Niro verkörpert seinen Part hingegen vollkommen geradlinig, erdet so das Geschehen und macht „Killing Season“ fast zu so etwas wie einem ernstzunehmenden Film – was sich im ersten Moment wie ein Lob anhört, bedeutet in Wahrheit jedoch das Todesurteil für jeden bierreich-spaßigen Videoabend. Denn ernstnehmen kann man diesen Film trotz De Niro beim besten Willen nicht!
Emil und Benjamin schwadronieren in ausführlichen pseudo-philosophischen Dialogen über die Schrecken des Krieges – und dann wird das ganze bedeutungsschwangere Gesülze auch noch mit einem katholischen Unterbau versehen, dem auch Regisseur Johnson mit seiner prätentiösen Inszenierung (die Sonnenstrahlen fallen wie bei einer Christerscheinung in die zerfallene Scheune) immer wieder Vorschub leistet. Auf der anderen Seite gibt es dann aber comichaft überhöhte Foltereinschübe (Stichwort: salzige Limonade), die jede ernsthafte Auseinandersetzung mit der Vergebungs-Thematik des Films von vorneherein aushebeln. Zudem sollen Emil und Benjamin ja angeblich Profis sein – trotzdem lassen sie sich, hat einmal einer die Oberhand im Duell gewonnen, im Minutentakt voneinander überrumpeln: So dämlich verhalten sich keine Elitesoldaten, sondern allenfalls Teenager in einem Slasherfilm. Da fällt dann nicht nur uns nichts mehr zu ein, sondern offenbar auch den Machern selbst nicht – anders ist es zumindest kaum zu verstehen, warum ein Quasi-Zwei-Personenstück einen mehr als zehn Minuten langen Abspann verpasst bekommt: Offenbar war vertraglich eine minimale Laufzeit von 90 Minuten zugesichert.
Fazit: Mit Ausnahme des schauspielerisch amoklaufenden John Travolta nehmen die Macher ihren Film viel zu ernst, als dass das Publikum einfach nur Spaß haben könnte. Zugleich ist „Killing Season“ inhaltlich so hohl und die Gewalt so comichaft übertrieben, dass man den Film beim besten Willen nicht ernst nehmen kann.