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    Monsters
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Monsters
    Von Florian Koch

    Jedes Fantasy Filmfest braucht seinen Hype-Film. Während im vergangenen Jahr Neill Blomkamp mit „District 9" die im Vorfeld geschürten Erwartungen bestätigen konnte, tritt 2010 Gareth Edwards mit „Monsters" in die Fußstapfen der Peter-Jackson-Produktion. Und die immer wieder gezogenen Parallelen kommen nicht von ungefähr. Denn die Grundideen der Sci-Fi-Utopien ähneln sich verblüffend. In beiden Zukunftsvisionen sind die Außerirdischen bereits seit Jahren auf der Erde gelandet. Die Problematik besteht in der Konsequenz darin, wie man mit den fremden Lebewesen umgeht. Auch wenn sowohl Blomkamp als auch Edwards aus der Special-Effects-Ecke stammen, gibt es in der Herangehensweise an ihr Sujet dann aber doch den ein oder anderen Unterschied. Im Kern liegt die Differenz darin, dass „District 9" den Action-Aspekt in den Vordergrund stellt, während „Monsters" sich auf die Liebesgeschichte seiner Hauptfiguren konzentriert.

    Die Erde ist nicht mehr dieselbe, seitdem die NASA außerirdisches Leben entdeckte. Gewaltige Krakenkreaturen machen Zentralamerika unsicher. Die US-Militäradministration weiß sich nicht anders zu helfen und bekämpft die Monster mit brutaler Waffengewalt. Am Ende hilft nur noch die Errichtung eines monströsen Schutzwalls, der die fremden Wesen einigermaßen in Schach hält. Die sogenannte infizierte Zone erstreckt sich über ein Riesengebiet zwischen Mexiko und den USA. Was in diesem neu geschaffenen Territorium wirklich stattfindet, weiß niemand so genau. Nur die immer gleichen grünstichigen Fernsehbilder zeigen stereotype Kriegsszenarien aus dem umkämpften Gebiet. Es ist deswegen leicht zu verstehen, dass Samantha (Whitney Able) einen großen Bogen um die Zone machen will. Bevor die Grenze zwischen den USA und Mexiko endgültig abgesperrt wird, will sie mit einer Frachterüberfahrt den rechtzeitigen Absprung schaffen. Damit ihr das auch gelingt, stellt Samanthas vermögender Vater ihr den Fotografen Andrew (Scoot McNairy) zur Seite. Widerwillig nimmt er den Auftrag an. Nach zähen Verhandlungen erstehen die beiden endlich die letzten je 5.000 Dollar teuren Tickets. Aber Andrew, der längst ein Auge auf Samantha geworfen hat, lässt sich nach einer durchzechten Nacht von einer Bettbekanntschaft die wertvollen Fahrkarten stehlen. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als mit der fassungslosen Samantha und einem Begleitschutz die Durchfahrt durch die infizierte Zone zu wagen...

    Die Produktionsbedingungen von „Monsters" wirken wie ein Märchen aus Tausend und einer Filmnacht. Mit einem Mini-Budget realisierte der Engländer Gareth Edwards seinen Kino-Erstling. In Personalunion war er für Regie, Drehbuch, Kamera und Szenenbild verantwortlich. Eine Herkulesaufgabe, die ein wenig an Robert Rodriguez und sein Low-Low-Budget-Werk „El Mariachi" erinnert. Aber das ist noch nicht alles. Edwards arbeitete an „Monsters" lediglich mit einem Miniteam (häufig nur mit einem Tonmann und den zwei Hauptdarstellern) und verzichtete zudem fast vollständig auf künstliches Licht. Diese technische Reduktion führt letztendlich dazu, dass sein Film sich – ganz ohne den pseudodokumentarischen Ansatz von „District 9" – unglaublich echt anfühlt. Die Außerirdischen-Prämisse akzeptiert man nach wenigen Minuten als filmische Realität. Dazu tragen neben der brillanten Kameraarbeit, die geschickt zwischen einer fiebrig-nervösen Bildsprache und wunderschön-erhabenen Landschaftsaufnahmen wechselt, auch die authentischen Drehorte und die Nebendarsteller bei, die allesamt nicht wie Schauspieler, sondern wie tatsächliche Söldner oder Ticketverkäufer wirken.

    Auch mit der Verpflichtung der weitgehend unbekannten Hauptdarsteller Whitney Able und Scoot McNairy gelang Edwards ein Glücksgriff. Ähnlich wie in „District 9" lenkt auch hier kein prominentes Gesicht von dem realistisch wirkenden Schreckensszenario ab. Wie in vielen Romanzen folgt Edwards im Grunde einer klassischen Dramaturgie: Das Paar kann sich erst einmal nicht riechen, um sich nach dem Bestehen von zahlreichen Prüfungen endlich ein wenig anzunähern. Dankenswerterweise spielen Able und McNairy aber keinesfalls echte Sympathieträger. Samantha wirkt am Anfang vielmehr so, als stehe sie ein wenig zu sehr über den Dingen.

    Immerhin wähnt sie sich ja bald wieder bei ihren superreichen Vater und da geht sie die ganze Armut der Mexikaner eigentlich gar nichts an. Auch Andrew wird als oberflächlicher, leichtlebiger Zeitgenosse eingeführt, dem es nur darum geht, möglichst spektakuläre und profitträchtige Katastrophenbilder zu schießen. Die langsame und glaubwürdige Entwicklung dieser Charaktere, die erst im Dschungelkampf sich der gesellschaftlichen und sozialen Probleme ihrer Umgebung und auch der fremden Lebensformen bewusst werden, ist ein großer Pluspunkt des Films. Das Able und McNairy auch im realen Leben ein Paar sind, ist ihrem harmonischen Zusammenspiel positiv anzumerken.

    Wer sich mit „Monsters" ein realistisch gefilmtes Action-Spektakel im Stile von „Cloverfield" erhofft, wird zwangsläufig enttäuscht. Auf Action verzichtet Edwards nahezu völlig, die Attacken der für dieses Budget ordentlich animierten Riesenkreaturen sieht man genau wie die Protagonisten hauptsächlich auf Fernsehschirmen. Wenn sie nach langen Warte- und Ruhephasen (oft sind nur Geräusche zu vernehmen) aber einmal zuschlagen, sind diese Momente der Todesgefahr von einer enormen Intensität, der man sich kaum entziehen kann. Dennoch ist die Bedrohung ständig allgegenwärtig. Allerdings wechselt das Feindbild wie bei Blomkamp bald in Richtung der Militärs, die eine viel größere Gefahr als die Kreaturen darstellen. Die hier hineinspielende Kritik, die sich deutlich auf den Krisenherd Mexiko bezieht, verarbeitet Edwards bis zum Schlussabschnitt sehr subtil. Erst zum Ende hin zeigen sich an Hand ein paar thesenhafter Dialoge Schwächen im Drehbuch, die aber zu verschmerzen sind.

    Besonders beeindruckend an „Monsters" ist nicht der ungemein effektive Spannungsaufbau, sondern Edwards einmaliges Gespür für verblüffend-originelle Bildkompositionen. Ob entvölkerte, ein wenig an „The Road" erinnernde Müllstädte, einsame Häuserskelette oder – in der beeindruckendsten Sequenz – eine plötzlich aus dem Wasser auftauchende Kampfjet-Ruine, die von einem Kraken in die Tiefe gerissen wird: Selten gab es einen Regisseur, der treffendere apokalyptische Motive für den Verfall einer Zivilisation gefunden hat.

    Fazit: Der Titel „Monsters" führt in die Irre, wenn man davon ausgeht, dass Regisseur Gareth Edwards mit seinem Film ein Action-Spektakel im Sinn hatte. Sein preisgünstig am Heimcomputer zusammengezimmertes Kino-Erstlingswerk ist vielmehr ein atemberaubender Mix aus Liebesgeschichte, Sozialkritik und beklemmender Sci-Fi-Utopie, das trotz so manchem Genrefilm-Verweis als innovatives Kunstwerk allein für sich stehen kann.

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