„Spannend und prominent besetzt" – mit diesen Begriffen wird das Regiedebüt des sonst als Drehbuchautor bekannten Michael Brandt („Wanted", „Das A-Team") vom Verleih beworben. Tatsächlich tummeln sich durchaus einige bekannte Mimen in dem Agenten-Thriller „The Double", aber abgesehen von Hauptdarsteller Richard Gere absolvieren die meisten Stars nur Kurzauftritte und auch mit der Spannung ist es letztlich nicht besonders weit her, zumal Brandt sein Pulver schon in der recht vielversprechenden ersten halben Stunde verschießt. Danach verliert er allerdings mehr und mehr den Faden und am Ende flüchtet er sich in eine kaum glaubwürdige Auflösung. Das treffendere Mini-Fazit muss daher lauten: „Leichtfertig Potenzial verschenkt".
Eigentlich wollte der ehemalige CIA-Agent Paul Shepherdson (Richard Gere) seinen Ruhestand genießen. Er hat seine berufliche Vergangenheit hinter sich gelassen, führt ein ruhiges, bescheidenes Leben und schaut in seiner Freizeit der örtlichen Jugend beim Baseballspielen zu. Doch nach dem tödlichen Attentat auf einen US-Senator meldet sich sein ehemaliger Arbeitgeber wieder bei dem Ex-Agenten: Die Indizien weisen auf den legendären russischen Auftragskiller „Cassius" hin, dem Shepherdson zu Dienstzeiten eng auf den Fersen war. Zusammen mit dem Nachwuchsagenten Ben Geary (Topher Grace) soll Shepherdson nun die alte Spur wieder aufnehmen und „Cassius" endgültig zur Strecke bringen.
Zu Beginn liefert Brandt genretypische, solide Unterhaltung. Zwischen den beiden ungleichen Ermittlern, die wider Willen zusammenarbeiten müssen, kommt es zu Spannungen, ein amüsantes Geplänkel wie es deutsche Zuschauer auch aus vielen „Tatort"-Krimis kennen. Auf der einen Seite steht ein praxiserfahrener Veteran und auf der anderen der Klassenstreber, der alles schon einmal gelesen, aber noch nichts erlebt hat. Hier sind Richard Gere und Topher Grace („Spider-Man 3", „Traffic") mit Schwung bei der Sache, aber insgesamt fehlt ihren Figuren das deutliche Profil, was sich im weiteren Verlauf des Films schmerzlich bemerkbar macht. Den anderen Darstellern ergeht es noch schlimmer, denn sämtliche weiteren Mitwirkenden haben nur kurze Auftritte und ihre Figuren bleiben entsprechend eindimensional: Ob Martin Sheen („Apocalypse Now") als CIA-Boss oder „True Blood"-Star Stephen Moyer als vernarbter Killer – noch ehe der Zuschauer eingeordnet hat, wer da gerade was tut und warum, ist die betreffende Person schon wieder von der Leinwand verschwunden.
Die schwach ausgearbeiteten Figuren sind aber nicht das größte Problem, es ist vielmehr Brandts Entscheidung, einen großen Handlungstwist wie man ihn sich sonst für ein Überraschungsende vorbehält, bereits nach etwa 30 Minuten Laufzeit zu vollziehen, durch die „The Double" ins Schlingern gerät. Dieser entscheidende Moment an sich ist hervorragend inszeniert, die neue Situation nach dem Knackpunkt ist allerdings unbefriedigend erzählt. Der Zuschauer hat nun einen Wissensvorsprung vor den Akteuren, aber Brandt gelingt es nicht, daraus Kapital zu schlagen. Anstatt mitzufiebern wie beim Suspense à la Hitchcock, möchte man als Betrachter am liebsten durch den Bildschirm nach Washington greifen, um eine der Figuren einmal kräftig durchzuschütteln – denn sie sieht das doch so Offensichtliche einfach nicht, obwohl die Lösung auch für sie auf der Hand liegt. So verliert das Geschehen deutlich an Glaubwürdigkeit und der Spannungsbogen ist dann auch durch das plötzliche Auftauchen weiterer Agenten nicht mehr wiederherzustellen, dadurch wird ganz im Gegenteil schon das hanebüchene Finale eingeleitet.
Fazit: Die ersten 30 Minuten in „The Double" machen durchaus Appetit auf mehr und besonders Richard Gere gefällt in seiner Rolle als alter Agenten-Hase. Aber nach dem guten Beginn gleiten Michael Brandt die Regiefäden aus der Hand und der Filmemacher lässt einige Möglichkeiten ungenutzt.