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    Die Unfassbaren - Now You See Me
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die Unfassbaren - Now You See Me
    Von Christoph Petersen

    Showmagier und Filmemacher haben eine Menge gemeinsam: Sie alle sind Illusionskünstler und ihrem Publikum kann nichts Besseres passieren, als auf ihre Tricks hereinzufallen und sich von ihnen verzaubern zu lassen. Trotzdem haftet Magier-Filmen noch immer der Ruf des Kassengifts an – selbst der inzwischen von vielen als Meisterwerk geschätzte „Prestige“ von Blockbuster-Champion Christopher Nolan hat die in ihn gesetzten finanziellen Erwartungen damals nicht erfüllt. Aber mit diesem Vorurteil ist jetzt Schluss – immerhin hat der französische Hollywood-Export Louis Leterrier („The Transporter“) mit „Die Unfassbaren – Now You See Me“ am US-Startwochenende selbst den viel teureren und mit der Starpower von Will Smith beworbenen Sci-Fi-Blockbuster „After Earth“ hinter sich gelassen. Darauf hat zuvor kein Analyst gewettet, aber wenn man länger darüber nachdenkt, ist es gar keine so große Überraschung – denn Leterriers Hochgeschwindigkeits-Thriller hat viel mit einem der ganz großen Kassenknüller dieses Kinosommers gemein: „Die Unfassbaren“ ist praktisch das „Fast and Furious 6“ unter den Magie-Filmen – so atemlos und abgehoben, dass am Ende nur der pure Kinospaß übrigbleibt!

    Der weltberühmte Illusionist Atlas (Jesse Eisenberg), seine ehemalige Assistentin Henley (Isla Fisher), der abgehalfterte Mentalist Merritt (Woody Harrelson) und der Touristen abzockende Trickbetrüger Jack (Dave Franco) erhalten von einem Unbekannten jeweils eine Tarotkarte zugesteckt, auf deren Rückseite eine Adresse und eine Uhrzeit stehen. In dem angegebenen Appartement stoßen die Magier nicht nur auf einen atmosphärischen Trockeneis-Trick, sondern auch auf die Blaupausen für eine nie dagewesene Illusion. Ein Jahr später treten die vier unter dem Namen „The Four Horsemen“ in einem Casino in Las Vegas auf - und rauben während der Show drei Millionen Dollar aus dem Tresor in einer Bank im über 8700 Kilometer entfernten Paris, die sie auf ihr Publikum niederregnen lassen. Der FBI-Agent Rhodes (Mark Ruffalo) und seine französische Interpol-Kollegin Alma (Mélanie Laurent) stehen vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel…

    Regisseur Louis Leterrier und seine Drehbuchautoren Ed Solomon („Men In Black“), Boaz Yakin („Safe“) und Edward Ricourt haben so viele (Plot-)Asse im Ärmel, dass sie es sich ohne weiteres erlauben können, sich zwischendurch in die Karten blicken zu lassen. So erklärt der hauptberufliche Magie-Spielverderber Bradley (Morgan Freeman) der Polizei schon nach einer guten halben Stunde, wie das mit dem Bankraub funktioniert hat – der Spannung tut das allerdings keinen Abbruch, denn wie bei jeder guten Illusion passiert der eigentliche Kniff sowieso ganz woanders, als es das Publikum erwartet. Mit der Auflösung der Tricks sind wir dann auch schon wieder bei der „Fast & Furious“-Parallele: Die Drehbuchautoren von „Die Unfassbaren“ setzen die bekannten Illusionshilfsmittel vom Spiegeltrick bis zur Hypnose äußerst phantasievoll ein und treiben die Trickserei mit einer solchen Selbstverständlichkeit auf die Spitze und weit darüber hinaus, wie man es sonst nur von Justin Lin kennt. So wie der Regisseur in „Fast and Furious 6“ klassischen Verfolgungsjagden eine Absage erteilt und seine Jungs stattdessen lieber ein Transportflugzeug vom Himmel holen lässt, so begnügen sich auch die unfassbaren Film-Magier nicht mit ein paar läppischen Kartentricks, sondern lassen mit ihren ausgefeilten Over-the-Top-Leinwand-Heists selbst Einbrecher-Profis wie Frank Ocean oder Thomas Crown alt aussehen!

    Mit einer ordentlichen Prise Zynismus und Besserwisserei lässt sich wie bei den allermeisten Illusions-Kunststücken fast jeder Schritt des Plans (der Zauberer wie der Filmemacher) feinsäuberlich zerrupfen, aber es macht viel mehr Spaß, sich einfach nur mitreißen und überwältigen zu lassen. Apropos Überwältigung - als gezieltes Stilmittel findet sich diese auch in Leterriers Inszenierung: Seine Kamera steht niemals still und kreist fast die kompletten 116 Minuten um alles und jeden – das aber mit einer Eleganz und Effektivität, die nur wenige zeitgenössische Filmemacher draufhaben! Die selbstbewusste Regie und das effektgespickte Vollgas-Skript (bereits die temporeiche Montagesequenz, mit der zu Beginn die vier Hauptfiguren eingeführt werden, steckt voller Finten und Finessen) bereiten die Bühne für eine imposante Allstar-Besetzung: Auf den Spuren der charmant-verschmitzten Trickbetrüger-Truppe aus „Ocean’s Eleven“ begeistern Jesse Eisenberg („The Social Network“) als arroganter Besserwisser, Woody Harrelson („Zombieland“) als anzüglicher Aufschneider und Isla Fisher („Der große Gatsby“) als sexy Entfesselungs-Amazone – nur der weniger namhafte Dave Franco („Warm Bodies“) nimmt innerhalb des Quartetts so offensichtlich eine weniger wichtige Rolle ein, dass man vielleicht besser ganz auf den Trickbetrüger Jack verzichtet hätte.

    An denkwürdigen Figuren mangelt es schließlich auch außerhalb der Viererbande nicht: Mark Ruffalo („The Avengers“) reißt den Film als besessener Cop in der zweiten Hälfte immer mehr an sich, während Mélanie Laurent („Inglourious Basterds“) mit ihrem einlullend-süßen Akzent herrlich undurchsichtig bleibt. Ob ihre Alma nun eine gefährliche Femme Fatale oder doch nur eine harmlose Gespielin ist, darauf sollte man bis zur alles auf den Kopf stellenden Auflösung keinen Cent wetten, wenn man sein Geld nicht gleich aus dem Fenster werfen möchte. Zudem liefern sich die „The Dark Knight“-Altstars Michael Caine (als Mäzen Arthur Tressler) und Morgan Freeman in ihrer einzigen gemeinsamen Szene ein großartiges Einschüchterungs-Duell – oder ist vielleicht auch das nur eine Ablenkung? Denn nicht umsonst heißt es: „Kommen sie ganz nah ran! Denn je mehr Sie zu sehen glauben, desto einfacher ist es, Sie zu täuschen!“

    Fazit: Selten hat es so viel Laune gemacht, sich von einer Leinwandillusion hinters Licht führen zu lassen.

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