In kürzester Zeit hat sich Ruben Fleischers Zombie-Komödie „Zombieland" von 2009 zum Kultfilm entwickelt. Kein großes Wunder, denn das Verhältnis zwischen krudem Humor und grimmigen Schockeffekten stimmt und das sympathische Staraufgebot zeigt sich in guter Form. Seit dieser spaßig-lässigen Zombiejagd hat sich für zwei der Beteiligten einiges geändert: Jesse Eisenberg ist mit David Finchers „Social Network" in die erste Riege amerikanischer Jungstars aufgestiegen und für Ruben Fleischer war „Zombieland" die Visitenkarte, die ihm zum Regie-Job beim stargespickten Großprojekt „Gangster Squad" verhalf. Vor der Arbeit an dieser in den 1940er Jahren angesiedelten Banditenjagd stand für den Filmemacher jedoch noch die kleine Action-Komödie „30 Minuten oder weniger" auf dem Drehplan und auch Eisenberg ist wieder dabei. Ein wenig wirkt die erneute Zusammenarbeit der beiden Hollywood-Aufsteiger wie ein tiefes Luftholen vor der nächsten teuren Megaproduktion: In jeder Sekunde ist „30 Minuten oder weniger" anzumerken, dass er für alle Beteiligten nur eine Fingerübung war und sie sich einfach einen Spaß zwischendurch erlauben wollten. Diesem Schuss aus der Hüfte fehlt dabei allerdings einiges an der Lässigkeit von „Zombieland" und so ist er auch für den Betrachter allenfalls eine filmische Zwischenmahlzeit ohne besonderen Nährwert.
„30 Minuten oder weniger" ist der Werbespruch der Pizzeria, für die der sympathische Taugenichts Nick (Jesse Eisenberg) als Fahrer jobbt. Wenn er es nicht schafft, die bestellte Ware innerhalb einer halben Stunde aus der Küche zum Kunden zu chauffieren, geht das Essen aufs Haus. Klar, dass Nick sich im Laufe der Zeit zu einem tollkühnen Fahrer gemausert hat. Bald wird er all seine Fähigkeiten auch bitter benötigen: Der durchtriebene Tunichtgut Dwayne (Danny McBride) will seinen vermögenden Vater (Fred Ward) umbringen lassen, kann sich aber keinen Killer leisten. Also versucht er den arglosen Pizzaboten zu zwingen, eine Bank auszurauben und steckt ihn in eine Weste voller Sprengstoff - sollte Nick nicht innerhalb von neun Stunden handeln, fliegt er in die Luft. Dem Drangsalierten bleibt gar nichts anderes übrig, als sich auf Diebeszug zu begeben. Gemeinsam mit seinem ehemals besten Kumpel Chet (Aziz Ansari) begeht er seinen ersten Banküberfall...
Bis die actionreiche Erpressungs- und Bankraub-Sause endlich anfängt, ziehen erst einmal 20 fast komplett misslungene Minuten ins Feld. Wenn die Freundschaft zwischen Nick und Chet am Scheideweg zwischen spätjugendlichem Rumhängen und erster Karriereplanung auf die Probe gestellt wird, dann wirkt dies, als wollte Fleischer den Kevin Smith aus „Clerks"-Zeiten beerben. Allerdings sind seine gezwungen vulgären Dialoge meist zahn- und witzlos – wo „Zombieland" originell war, ist „30 Minuten oder weniger" schablonenhaft: Hier zeigt sich, dass sich ein Kult kaum am Reißbrett entwerfen lässt. Je länger der Film dauert, desto mehr ähnelt er jenen zahlreichen Kiffer-Klamotten, bei denen die Konfusion, die dem Genuss des grünen Krauts entspringt, nur für dessen Konsumenten wirklich komisch ist.
Den Darstellern kann man kaum die Schuld geben. Sie bekommen viel zu wenige Möglichkeiten, ihre Rollen dreidimensional auszugestalten. Jesse Eisenberg tut sein Bestes, sich von seiner Paraderolle als verschrobener Nerd mit Sozialphobie zu emanzipieren, doch so recht schien Fleischer dazu nichts einzufallen, außer ihm eine Freundin und Sex-Zoten ins Drehbuch zu schreiben. Aziz Ansaris („Wie das Leben so spielt") Chet bleibt austauschbar, ihm wird nicht viel mehr erlaubt als zuweilen nervtötende Variationen alter Inder-Klischees. Mehr als ein gelegentliches müdes Schmunzeln vermögen diese Albernheiten kaum auszulösen. Den Vogel schießt jedoch Danny McBride („Ananas Express") in der Rolle des schmierigen Strippenziehers Dwayne ab. Weit entfernt von seinen Glanzleistungen in der progressiven Sitcom „Eastbound and Down" hat er hier nur krampfhaftes Rumgefluche zu bieten. Seine mit kruden Sexfantasien vollgestopften Auftritte sind in ihrer selbstzweckhaften Schlüpfrigkeit schnell langweilig und meist auch reichlich spießig.
Auch mit den zahlreichen Actionszenen kann Fleischer das Ruder nur bedingt herumreißen. Die Inszenierung ist dafür einfach zu sorglos. Das ist natürlich auch der Spannung abträglich und wenn sich dann neben einem mexikanischen Killer auch noch Fred Ward („Short Cuts") als Dwaynes Vater ins Getümmel stürzt, dann wird selbst die Handlung unübersichtlich. Die Ereignisse überschlagen sich hektisch und der Showdown gerät entsprechend eher zu einem holprigen Rumgewusel als zu einem angemessenen Finale. So sorgt hauptsächlich der sich redlich mühende Jesse Eisenberg für ein wenig Zusammenhalt zwischen den mal mehr und öfter weniger lustigen Einzelheiten.
Fazit: Die insgesamt überschaubar lustige Action-Komödie „30 Minuten oder weniger" ist so etwas wie die filmische Entsprechung zu einem Fast-Food-Gericht: Beim schnellen Verzehr mag das Ganze noch munden, aber sehr rasch stellt sich neues Hungergefühl ein und oft auch ein fader Nachgeschmack.