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    Universal Soldier - Day of Reckoning
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Universal Soldier - Day of Reckoning
    Von Robert Cherkowski

    Fortsetzungen entstehen viel zu oft nur, um am Erfolg des Originals anzuknüpfen und ohne dass dabei auch nur versucht wird, die Geschichte gewissenhaft fortzuführen oder interessante neue Wege zu beschreiten. Da ist es schon eine Überraschung, wenn nun ausgerechnet der neueste Teil der „Universal Soldier"-Reihe mit Einfallsreichtum, Wucht und Risikobereitschaft besticht. Schließlich war schon das Original von 1992, damals noch unter der Regie von Roland Emmerich, nur wenig mehr als ein kultiges, von charismatischen Hauptdarstellern getragenes „Terminator"-Rip-Off, das beim besten Willen keine Fortsetzung gebraucht hätte. So scheiterten Ende der 90er Jahre zwei TV-Fortsetzungen („Universal Soldier 2 - Brüder unter Waffen", „Universal Soldier 3 - Blutiges Geschäft"), die eigentlich eine Fernsehserie einläuten sollten, genauso wie ein Kino-Sequel („Universal Soldier 2 - Die Rückkehr"), mit dem Jean-Claude Van Damme seine Karriere wiederbeleben wollte. Das Franchise war tot, bevor es überhaupt richtig geboren war. Doch 2009 nahm John Hyams einen neuen Anlauf. Er brachte für seinen „Universal Soldier: Regeneration" die Darsteller aus dem ersten Film wieder zusammen und ignorierte alle Fortsetzungen, die bis dahin entstanden waren. Das Ergebnis war ein düsterer, wuchtiger und absolut ernster Actioner, der sogar das Original übertraf. Selbst das ließ allerdings noch nichts von der Dampfwalze von einem Film ahnen, die Hyams mit „Universal Soldier – Day of Reckoning" auf die Menschheit loslässt. Der „dritte" Teil der nun geltenden Reihe ist hart, experimentierfreudig und schlicht einer der besten Actionfilme 2012.

    Einst eine Elite-Einheit in Diensten der US-Regierung, haben sich die „UniSols" längst zurückgezogen und führen einen offenen Krieg gegen den Staat, bei dem sie keine Gefangenen machen. Wo immer sie auftreten, verbreiten Luc Deveraux (Jean-Claude Van Damme), ehemals ein heldenhafter Streiter für die vermeintlich „gute Sache", sein ehemaliger Intimfeind Andrew Scott (Dolph Lundgren) und ihre Genossen, Angst und Schrecken. Bald jedoch macht sich der junge Familienvater John (Scott Adkins) daran, sie zu jagen: Seit seine Frau (Sigal Diamant) und seine Tochter (Audrey P. Scott) bei einem Einbruch von Deveraux und seinen Schergen umgebracht wurden, lebt er nur noch für die Rache. Doch bald heftet sich die mysteriöse Ein-Mann-Armee Magnus (Andrei Arlovski) an seine Fersen und niemand in Johns Umgebung ist mehr sich. Der muss bald einsehen, dass die Situation längst nicht so klar ist, wie sie sich ihm bislang darbot: Er wird von Visionen geplagt und kommt hinter ein Geheimnis, das nicht nur seine Widersacher in einem neuen Licht erscheinen lässt, sondern auch dafür sorgt, dass er nicht einmal mehr sich selbst trauen kann.

    Wie schon beim Vorgänger „Regeneration" gelang es Regisseur John Hyams die alten Recken Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren für ein weiteres Engagement zu gewinnen. Im Mittelpunkt von „Universal Soldier – Day of Reckoning" steht trotz der Alt-Herren-Prominenz aber ihr „The Expendables 2"-Kollege Scott Adkins. Selbst bei kleinen Auftritten in Hollywood-Filmen wie „Das Bourne Ultimatum" oder „X-Men Origins: Wolverine" machte der Martial-Arts-Spezialist immer eine gute Figur, aber erst in auf ihn zugeschnittenen Videotheken-Actionern wie „Undisputed III: Redemption" zeigte er, was er wirklich drauf hat. In „Day of Reckoning" legt Adkins nun noch eine Schippe drauf, denn er überzeugt nicht nur in seiner Paradedisziplin, dem Austeilen ruppiger Keile (ein Höhepunkt: der brutale Kampf mit Ex-Mixed-Martial-Arts-Champion Andrei „The Pitbull" Arlovski), sondern auch in den dramatischen Momenten, etwa wenn er als bewegungsunfähiger Krüppel in Trauer versinkt oder wenn er traumatisiert von seinen Visionen anfängt, seine eigenen Erinnerungen zu hinterfragen. Das Risiko, dem Actionstar aus der zweiten Reihe eine solche facettenreiche Rolle anzuvertrauen, macht sich ebenso bezahlt wie das Wagnis, die Stars von einst die Bösewichte spielen zu lassen. Jean-Claude Van Damme, der im ersten Teil noch der Held war, wird hier gleich zu Beginn als brutaler und sadistischer Familienmörder und Hauptgegner etabliert, während Dolph Lundgren sich mit ein paar verstreuten Gastauftritten begnügen muss. Diese zelebriert der überblondierte Schwede allerdings sagenhaft cool.

    John Hyams, der die Story gemeinsam mit Filmproduzent und Van-Damme-Weggefährte Moshe Diamant („Timecop", „Harte Ziele") entwickelte, bezieht sich in seinem Action-Kracher sowohl filmisch als auch inhaltlich auf allerlei Vorbilder aus der Filmgeschichte: von der Gehirnwäsche aus John Frankenheimers „Botschafter der Angst" über einen Rachefeldzug im Stil von Charles Bronson („Ein Mann sieht rot") bis zu Elementen aus Ridley Scotts Sci-Fi-Klassiker „Blade Runner" und einen deutlich an „Apocalypse Now" angelehnten Schlussakt, in dem Van Dammes Deveraux in den Fußstapfen von Colonel Kurtz (Marlon Brando) wandelt. Hyams und sein Team beweisen erstaunliches Fingerspitzengefühl und jonglieren geschickt mit den berühmten Versatzstücken. Hier gibt es kein unangebrachtes Augenzwinkern, sondern wie bereits der Vorgänger ist auch „Day of Reckoning" von erfrischender und konsequenter Ernsthaftigkeit. Spätestens mit diesem Film gelingt es Hyams, der „Universal Soldier"-Reihe einen ganz eigenen Stellenwert innerhalb des Actionkinos zu verschaffen. Im Ganzen betrachtet bietet die nun geltende Trilogie eine faszinierende Reflektion von Genre-Mythen und ist nichts weniger als eine Meditation über Heldenbilder und deren Wandel.

    War der erste „Universal Soldier" noch ein typisches Produkt der frühen 90er Jahre, das von abgelegten Kriegern handelte, die in einer Zeit wechselnder Feindbilder der Gewohnheit halber weiter kämpften, geriet das späte Sequel „Regeneration" zu einer Action-Götterdämmerung, in der die Gewalt der alten Recken fast wie eine böse Naturgewalt über einer undurchsichtigen neuen Weltordnung lag. Mit dem dritten Teil geht Hyams nun noch einen Schritt weiter und führt den Zuschauer auf einem wahren Trip in die schizophrene Gedankenwelt ausgebrannter, programmierter Killermaschinen. Mehr als einmal reibt man sich regelrecht die Augen angesichts des experimentellen Bildersturms, den Hyams hier entfacht hat: Schräge Kamerafahrten, artifizielle Lichtsetzung und einige psychedelisch angehauchte Sequenzen mit massivem Stroboskopgewitter (Warnhinweis für Epileptiker!) kontrastieren dabei mit einer Ruhe und Kälte in anderen Szenen, die weit über das Actionkino hinausführt und manchmal gar dem grenzüberschreitendem Body-Cinema des Japaners Shinya Tsukamoto („Tetsuo: The Iron Man", „Vital") oder eines David Cronenberg („Crash") ähnelt.

    Auch wenn es hier zwischen den Zeilen viel Aufschlussreiches und Anspruchsvolles zu entdecken gibt, ist „Universal Soldier: Day of Reckoning" vor allem ein ultrahartes Actioninferno. Während es John Hyams bei seinem vergangenen Film, der 2-Millionen-Dollar-Billig-Produktion „Dragon Eyes", nicht immer gelang, die dem Geldmangel geschuldeten Defizite mit seinem Talent auszugleichen, macht der Sohn von Regie-Routinier Peter Hyams („End of Days") hier die bei einem Budget von 11,5 Millionen Dollar immer noch gewaltige Lücke zum Hollywood-Durchschnitt mit viel Gespür für Choreographie, Schnitt und Raumwirkung mehr als wett. Schon der Prolog ist schockierend hart und intensiv und genau so geht es weiter: Ein splatterlastiger Axtfight, ein Duell mit Baseballkeulen, in langen Einstellungen gefilmte Schlägereien mit van Damme und Lundgren - und schließlich ein atemberaubendes Finale. Mit seiner brachialen Körperlichkeit und Wucht lässt „Universal Soldier – Day of Reckoning" die „The Expendables" weit hinter sich. Die Krawall-Krone des Jahres mag zwar das Haupt der indonesischen Abrissbirne „The Raid" schmücken, doch auch die Urgewalt dieses Krachers wird noch lange im Gedächtnis bleiben.

    Fazit: Mit diesem filmischen Fausthieb derbster Natur war nicht zu rechnen. Durch Wucht, Härte und Mut zu genreuntypischen Experimenten etabliert sich John Hyams mit seinem zweiten „Universal Soldier"-Film auf der Liste der Action-Regisseure, von denen man noch viel erwarten kann und gibt nebenher der gesamten „Universal Solder"-Reihe eine neue Dimension – wie passend, dass der Arbeitstitel „Universal Soldier: A New Dimension" war.

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