2006 formte Hochglanz-Ästhet Zack Snyder („Man Of Steel“) mit einer atemberaubenden Bildsprache aus Frank Millers kultisch verehrter Graphic Novel „300“ einen Instant-Klassiker des martialischen Actionkinos. Sieben Jahre später erhält dieser nun einen parallel zu den Geschehnissen aus „300“ angesiedelten zweiten Teil, der zwar nicht von Snyder selbst in Szene gesetzt wird, dem der „Watchmen“-Regisseur aber als Drehbuchautor und Produzent dennoch unübersehbar seinen Stempel aufdrückt. Snyders Nachfolger Nuom Murro verbeugt sich mit seiner antiken Action-Schlachtplatte „300: Rise Of An Empire“ so knietief vor dem Original, dass sie sich phasenweise schon fast wie eine Kopie anmutet. Die CGI-getränkte 3D-Fortsetzung bietet allerdings auch noch brutalere Kämpfe und noch epischere Schlachten, lässt dabei aber das zelebrierte Blut-und-Boden-Pathos des Vorgängers vermissen. Dieses hat Snyder zwar damals auch viel Kritik eingebracht (schließlich birgt Frank Millers Graphic Novel schon ziemlich offensichtliche faschistische Tendenzen), aber ohne dieses kommen die Emotionen inmitten des ultraheftigen Blutbads nun leider etwas zu kurz.
480 vor Christus: Gottkönig Xerxes (Rodrigo Santoro) versucht mit aller Macht und Brutalität das zerstrittene Griechenland für sein Persisches Reich zu erobern. Während er selbst mit seiner Streitmacht in die Schlacht bei den Thermopylen gegen König Leonidas und 300 tapfere Spartaner zieht, vertraut Xerxes seiner rücksichtslosen Kriegsherrin Artemisia (Eva Green) das Kommando über die als unschlagbar geltende persische Flotte an. Artemisia giert nach bitterer Rache an den Griechen, weil ihre Familie einst von diesen niedergemetzelt und sie selbst in Ketten gelegt, vergewaltigt und gedemütigt wurde. In der Seeschlacht von Artemisium muss sich die selbstbewusste Kommandeurin gegen die zahlenmäßig unterlegenen Griechen beweisen. Die setzen unter der Führung des furchtlosen Feldherrn Themistokles (Sullivan Stapleton) alles auf eine Karte und suchen ihr Heil in der militärischen Konfrontation. Und tatsächlich: Nach ersten Scharmützeln auf hoher See muss die arrogante Schlachtenlenkerin Artemisia einsehen, dass sie Themistokles offensichtlich unterschätzt hat…
„300: Rise Of An Empire“ basiert zwar erneut auf einer Graphic Novel von Kultautor Frank Miller („Sin City“, „The Spirit“), allerdings verzögert sich die Arbeit an dieser immer weiter, weshalb die Vorlage nun kurioserweise erst nach der Verfilmung erscheinen wird. Einen Vorgeschmack auf den Comic-Roman bietet Regisseur Nuom Murro („Smart People“) im Abspann, dessen Animationen von Illustrationen der Graphic Novel inspiriert sind. Ansonsten bemüht der Werbefilm-Veteran, der in der Fortsetzung zwangsläufig ohne den Aha-Effekt des „300“-Originals auskommen muss, die höchste der altbewährten Tugenden der Filmfortsetzerei: noch mehr von allem! Während der Israeli in „300: Rise Of An Empire“ den Look des Vorgängers einfach nur eins zu eins nachzeichnet, erhöht er die Schlagzahl deutlich. Das kommt einer Offenbarung zwar nicht einmal nahe, aber Fans des ersten Teils bekommen nun genau das geboten, wonach ihnen dürstet: eine extrem stilisierte, ultrabrutale, vom ewig pumpenden Industrial-Score von Junkie XL („Resident Evil“) vorangetriebene Schlachtplatte, in der athletische Männer ohne die geringste Rücksicht aufeinander einprügeln, sich die Köpfe abschlagen und tonnenweise Gedärme am Strand verteilen, so dass dagegen selbst die Eröffnung von Steven Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ regelrecht harmlos anmutet.
Murro zelebriert die Gewalt in nahezu jeder Szene, gerne auch in Zeitlupe. Die nihilistische Schlächterei ist trotz der unverkennbaren Verankerung im Comic-Genre nichts für zartbesaitete Gemüter, dafür geht es einfach zu rabiat zur Sache. Anders als zuletzt beim „RoboCop“-Remake, das bewusst auf eine Freigabe ab 12 Jahren ausgelegt war, beweist Warner Bros. mehr Mut und geht keine Kompromisse beim Härtegrad ein. Die logische Folge: eine 18er Altersfreigabe. Auch das 3D ist zur Abwechslung echt sinnvoll, weil der Stilisierungsoverkill in der dritten Dimension seine logische Fortsetzung findet. Selten ging die Form eindeutiger über den Inhalt: „300: Rise Of An Empire“ ist bildgewaltiges Spektakel, eine durchgestylte CGI-Orgie, die kaum noch als Realfilm, sondern eher schon als brillant im Halbdunkeln designter Videospielfilm funktioniert. Die Dialoge sind von wenig Belang, knackige Oneliner wie „Du kämpfst viel besser als du fickst!“ setzen allenfalls vereinzelte Ausrufezeichen in den kurzen Gefechtspausen.
Mit der historischen Wahrheit der Schlacht von Artemisium, die im August des Jahres 480 vor Christus parallel zur Schlacht bei den Thermopylen stattfand, nimmt es „300: Rise Of An Empire“ bis auf die Eckdaten nicht so genau. Die Drehbuchautoren Zack Snyder und Kurt Johnstad („300“, „Act Of Valor“) geben dem Massaker so zwar einen grob gesteckten, auch für Geschichts-Laien verständlichen Rahmen, den Lena Headey („Game of Thrones“) mit einem Off-Kommentar im „Der Herr der Ringe“-Stil einleitet, aber gerade die Figuren auf griechischer Seite bleiben blass. Die Sympathien sind trotzdem klar verteilt, denn schon die visuelle Gestaltung macht aus den Griechen Helden und aus den Persern Berserker. Und obwohl allgemein kaum mal ein Tageslichtstrahl die antike Welt von „300: Rise of an Empire“ erhellt (CGI-Effekte sind im Dunkeln eben leichter glaubhaft umzusetzen), sind die Perser noch düsterer angezogen und bei ihrer Goth-&-Gore-Anführerin Artemisia kommt außer Schwarz sowieso keine Farbe in den Kleiderschrank.
Artemisia ist dann auch die einzige, die zumindest ein wenig erzählerischen Hintergrund zugestanden bekommt, auch wenn ihre Leidensgeschichte ebenfalls nur in sehr groben Strichen gezeichnet wird, um ihren unstillbaren Rachedurst zumindest in Ansätzen greifbar zu machen. Bond-Girl Eva Green („Casino Royale“) verkörpert die Feldherrin dabei mit einer feurigen Inbrunst und so genüsslich over the top, dass man dahinter schon so etwas wie augenzwinkernde Ironie vermuten könnte. Aber gelächelt oder gar gelacht wird in „300: Rise Of An Empire“ nicht. Gar nicht. Nie! Wobei, zumindest einen absurd-komischen Moment gibt es dann doch: Kurioserweise ist die erinnerungswürdigste Sequenz des Action-Spektakels nämlich keine der furiosen Seeschlachten, sondern eine hochgradig skurrile Sexszene zwischen Eva Green und Sullivan Stapleton („Gangster Squad“): Artemisia und Themistokles belauern sich in ihren Gemächern wie Tiere, die mit dem martialischen Akt ihr Revier markieren wollen. Hier überrascht „300: Rise Of An Empire“ tatsächlich, weil sich der holde Held nicht in edel-vornehmer Zurückhaltung übt, sondern herzhaft zulangt.
Fazit: „300: Rise Of An Empire“ ist ein gewaltzelebrierendes Gemetzel ohne Kompromisse. Regisseur Nuom Murro orientiert sich stark an Zack Snyders Original und liefert so eine optisch herausragende, inhaltlich mittelprächtige „300“-Hommage, die ganz sicher keinen Klassikerstatus erreichen wird, aber als bluttriefende Unterhaltung für ein nach rustikaler Leinwand-Schlachtplatte verlangendes Publikum durchaus überzeugt.