"Fantastic 4", was für eine Produktionsgeschichte, fast schon ein eigener Mythos, eine eigene dramatische Geschichte. Und dabei den Überblick über die Schuld aller Beteiligten zu behalten, ist ungefähr so erfolgsversprechend wie Einsicht in den Ukraine – Russland – Konflikt zu erhalten.
Obwohl die Latte die es zu überspringen galt, doch beinah auf Limbohöhe liegt. Tim Story's F4 war ein dumm-dreistes Buntfilmchen, allerdings mit einem Hauch des Charmes damaliger Produktionen, Josh Trank schafft mit seinem F4 anno 2015 nun Ansatzkino ohne Identität, dem man seine Zerrissenheit in nahezu jeder Minute ansieht.
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Bei dieser pressevereinbarten, internationalen Haudrauf – Kritik sollte jedoch eins klar sein, Josh Trank schlägt seine Vorgänger 05 und 07 natürlich schon. Wie der letztjährigen, etwas stark beweihräucherten "Planet der Affen: Revolution" – Resonanz, verkehrt sich die Welle nun ins Gegenteil und dem Film entgegen.
Trotzdem ist auch "Fantastic 4" 2015 in seinen besten Momenten nur interessantes Ansatzkino. Reed Richards, hier begleitet von klein an, als fanatischer Wissenschaftler, der schon als Kind in Sphären agierte, die Einstein neidisch gemacht hätten und sein Freund Ben Grimm, als einsamer Junge in einer Familie im sozialen Brennpunkt aufgewachsen, eröffnen F4. Das ist schnitttechnisch in einigen Dunkel – Hell – Einblendungen etwas unglücklich, trotzdem stecken hier Motivation und Grundgedanke.
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Sowieso gelingt es Trank bei seiner Besetzung gegen den Strich zu bürsten, allerdings nicht zu stark ausformuliert. Die adoptierte Sue Storm ist ein interessanter Ansatz und ihr schweigsames Mysterium gilt es, zunächst zu entschlüsseln. Johnny ist hier schwarz (wuaaaahh schockierend), des war's aber auch schon, was er an Neuerungen beisteuern kann, abgesehen davon das ihm der subtile Witz eines Chris Evans (>> Sie sind aber heiß> Sie aber auch<<) verlorengeht. Und Jamie Bell erscheint sehr schweigsam. Das sieht im Film zunächst alles nicht so achselzuckend aus wie es hier geschrieben steht und doch schafft es F4 für seine finalen Parts nichts Zusammengehöriges zu formulieren. Das "Wir vier" – Gefühl, dass alleine schon der Titel darstellt, wird nie erreicht. Denn F4 ist – und es überrascht mich selbst enorm, dass über ein Comicblockbuster zu sagen – viel zu kurz.
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Was ihm dann zum Verhängnis wird, ist das deutlich bemerkbare Einschreiten des Studios. Was bisher nach solider Comicverfilmung mit Charakterstudie – Anleihen aussah, verliert nach ca. der Hälfte den Boden unter den Füßen. Nun auf ihre Superheldenmerkmale reduziert, bemerkt F4 (oder vielmehr bemerkt wohl keiner, der dafür verantwortlich war), dass den lose aufgebauten Charakteren, die noch mitten in der Einführung waren, nichts mehr folgen kann, der Film ergibt sich in seine eigene Orientierungslosigkeit und folgt Comic – reliefartig, bekannten Mustern.
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Und dann ist er auch auf einmal wieder da, der ganze Tim Story – Quark, denn man so gerne auf ewig aus seinem Hirn gelasert hätte. Auch wenn die individuelle Fähigkeitserlangung etwas ansprechender dargebracht wird, wie auch der Versuch, das "Ding" als militärisches Monster zu nutzen, so bleiben die coolen Superheldenkräfte der Vier eben vor allem eins – ein Showeffekt, der wie eine von Trank gebettelte Entschuldigung für die sonstige Absenz von Actioneinlagen daherkommt. Auch wenn es zuvor anders sein sollte, es bleibt doch wieder dabei, dass die Helden auf's Äußerst komplexe ihre Beweggründe hinterfragen ("Die arbeiten nicht mit mir, ich arbeite mit denen zusammen"), auf's Ergreifendste eine Motivationsrede für die finale Schlacht halten ("Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber die Zukunft") oder erst nach einem hoffnungslosen Solo – Angriffsversuch klar wird, "Wir sind ja die Fantastic Four" und müssen gemeinsam kämpfen. Es erscheint als hätte ein hinterlistiger Mitarbeiter zum Ende hin einfach all die Passagen ins Drehbuch gemogelt, die uns bei Comicverfilmungen der letzten 15 Jahre zum Augenrollen gebracht haben.
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Ausgesprochen oder in die Tat umgesetzt von Miles Teller, Kate Mara, Michael B. Jordan, Jamie Bell und auch Toby Kebbell – die allesamt in Zukunft zum Top – Kreis von Hollywood's Schauspieler aufsteigen (können). Vor allem jener Teller, der seinen Film bereits im Vorfeld leugnete, tut Hälfte zwei weh. Als vorheriger Nerd mit Potential wirkte er noch gut getroffen, aber das Aufsagen erwähnter Drehbuchphrasen kommt ihm nicht mehr so leicht über die Lippen. Sein Schauspiel wird mit der Zeit immer unsteter und scheint sowohl Lust als auch Kontrolle über das Geschehen zu verlieren. Seinen Höhepunkt des unfreiwillig Komischen findet er dann im Schlusspunkt, wo er auf augenzwinkernde Weise nach einem Namen für die Heldentruppe sucht. Das sieht dann nicht viel besser als die Gesamtvorstellung einer Schulaufführung aus und ist auch ungefähr so witzig.
Am ehesten zieht sich noch Toby Kebbell als Victor von Doom aus der Affäre. Er wirkt zu Beginn interessant, motiviert und als gut besetztes Gegenstück zu Reed Richards, verschwindet auch ab dem Zusammenbruch des Drehbuchs und taucht als optisch ansprechendste Figur impulsiv wieder auf.
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Fazit: Was bleibt nun also von den Fantastischen Vier? Weniger Humor, eine "Nolanisierung", eine schwarze "menschliche Fackel" (übrigens erschütternd, dass darum ein Bohei veranstaltet wird) – all das sind Punkte aus dem Vorfeld, mit denen sich "Fantastic 4" gar nicht befassen muss, denn es hat tieferliegende Probleme. Das ein Sammelsurium an Einflüssen, und mehr ist der Film nicht, bei denen tatsächlich jemand das "OK" zur Veröffentlichung gegeben hat, implodiert ist und dass das einzige, was einem an Charme entgegenfliegt, die schwächeren Spezialeffekte sind (denn die haben in Zeiten der Comic – Hochglanz – Produktionen schon fast etwas liebenswertes).
Oder anders formuliert, "Fantastic Four" ist die Klausur eines Top – Regisseur – Anwärters, bei dem der Lehrer während der Prüfung an den Tisch tritt und sagt: "Noch 10 Minuten!", während der erst weniger als die Hälfte ausformuliert hat. Und das dabei nicht viel Gutes herumkommen kann, wissen Viele aus ihrer Schulzeit noch am Besten.