Mein Konto
    Die Spur des Falken
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Die Spur des Falken
    Von René Malgo

    „Die Spur des Falken“ eilt der Ruf voraus, der beste Detektivfilm aller Zeiten zu sein. Darüber kann gestritten werden. Allerdings wird der Film seinem legendären Prädikat bei näherer Betrachtung absolut gerecht.

    Eine Frau (Mary Astor) betritt das Büro des Privatdetektivs Sam Spade (Humphrey Bogart). Sie macht sich Sorgen um ihre Schwester und gibt Spade und dessem Partner Miles Archer (Jerome Cowan) den Auftrag, einen Mann namens Thursby zu beschatten. Miles übernimmt den Job und wird gleich in der ersten Nacht erschossen. Als dann noch Thursbys Leiche auftaucht, gerät Spade selbst unter Mordverdacht. Er sucht die Frau auf und stellt fest, dass ihr wahrer Name Brigid O’Shaughnessy lautet. Nur ansatzweise rückt sie mit der Wahrheit heraus. Der misstrauisch gewordene Spade beginnt vorgeblich in ihrem Auftrag, tatsächlich aber auf eigene Faust, weiter zu ermitteln. Dabei entdeckt er, dass die ganze Geschichte mit einer mysteriösen Falken-Statuette zusammen zu hängen scheint, hinter der so ziemlich jeder, welcher seinen Weg kreuzt, her ist...

    Schon zwei Mal zuvor ist die Geschichte vom Malteser Falken nach Dashiell Hammetts berühmter Buchvorlage verfilmt worden. In Erinnerung geblieben und zum Klassiker avanciert ist allerdings die dritte Version aus dem Jahre 1941 von John Huston. Sein Regiedebüt gilt als Begründer der so genannten Stilrichtung des Film Noir, die sich in der außergewöhnlichen Optik des Films manifestiert. Dafür verantwortlich ist die hervorragende Arbeit des Kameramanns Arthur Edeson, der mit seiner am frühen deutschen Expressionismus angelehnten Kameraführung eine dichte, düstere Atmosphäre geschaffen hat. Jener atmosphärischer Stil und die im Film auftretenden Antihelden haben sich im Nachhinein als wegweisend für die „Schwarze Serie“ Hollywoods erwiesen.

    Anfänglich sollte der damalige Star George Raft die Rolle des Sam Spade übernehmen. Er lehnte es aber ab, mit einem jungen und unerfahrenen Regisseur zusammen zu arbeiten. Dieser Umstand ebnete Hustons Freund und geheimen Favoriten Humphrey Bogart den Weg. Heute wäre ein anderer in der Rolle des Sam Spade undenkbar. Zu Recht bescherte dieser Part Bogart seinen lang ersehnten Starstatus. Gekonnt mimt er den undurchsichtigen, intrigant wirkenden Zyniker, überzeugt auf der anderen Seite aber auch als Mann mit Prinzipien und kann sich so die Sympathien des Publikums sichern. Daneben verblasst die unscheinbare Mary Astor, welche in ihrer Rolle als Femme Fatale anfangs etwas deplaziert wirkt. Gegen Ende offenbart sich jedoch die harmlos und sympathisch aussehende Frau als gefährlichste Art der Femme Fatale. Für Lacher und denkwürdige Szenen sorgt der mit „M, eine Stadt sucht den Mörder“ berühmt gewordene Peter Lorre als überadretter, homosexueller Gauner Joel Cairo. Sydney Greenstreet als ebenso hinterhältiger wie charmanter Gangsterboss, mächtig in Körperumfang und Leinwandpräsenz, und Elisha Cook Jr. als unfähiger, bemitleidenswerter Möchtegern-Killer komplettieren eine außergewöhnliche Besetzung.

    Modernen Sehgewohnheiten kann der schon über 60 Jahre alte Film auch heute noch genügen. Die Spannung definiert sich nicht durch Schockmomente- oder Effekte, sondern über eine fintenreiche, intelligente und nachvollziehbare Geschichte. So verdächtigt der Zuschauer jede in Frage kommende Person schon einmal, die beiden Herren Thursby und Archer umgebracht zu haben. Nebenher kann dann noch darüber gerätselt werden, in wessen Hand diese Falken-Statuette sich nun eigentlich befindet. Es sind kleine Gesten, Blicke und die Wahl gewisser Worte, die den Film so spannend und unvorhersehbar machen. In diesem Sinne ist John Huston ein doppelter Geniestreich gelungen. Neben einer tadellosen Inszenierung kann er auch eine kongeniale, intelligente Buchumsetzung in seiner Funktion als Drehbuchautor vorweisen.

    Die Krönung zum Meisterwerk erhält „Die Spur des Falken“ im Schlussakt, welcher gängigen Happy Ends nicht entsprechen mag. Näher darauf einzugehen würde allerdings einiges an Spannung vorwegnehmen. Nur soviel sei gesagt, einer der Schlusssätze, die Humphrey Bogart in der Person des Sam Spade zum Besten gibt, hat sich seitdem zum geflügelten Wort entwickelt, ähnlich seiner Aussage: „Dies ist der Beginn einer langen Freundschaft“ aus „Casablanca“. Das Finale hebt nicht nur die Einzigartigkeit des Films an, sondern gibt dem Werk auch Anspruch und Aussage, wodurch es wesentlich bedeutsamer und tiefgründiger als vergleichbare Krimis geriet.

    „Die Spur des Falken“ bietet alles, was das Herz eines dem Film Noir zugeneigten Krimi-Fans begehrt: einen zynischen Antihelden, immer mit einem ironischen Spruch auf den Lippen, eine etwas andere Femme Fatale und markante Nebencharaktere, eingebettet in eine von einer urbanen Atmosphäre geprägten, rätselhaften Story. Entstanden als B-Movie und zum Klassiker gereift, sollte dieser Film zum Pflichtprogramm eines jeden Hobbydetektivs gehören.

    Eine Warnung noch am Schluss: „Die Spur des Falken“ sollte unbedingt im O-Ton genossen werden, müsste der Zuschauer in der synchronisierten Fassung doch einen völlig anderen, variationsarmen Soundtrack in Kauf nehmen, welcher zu allem Überfluss die Grundtonart des Films erheblich beeinträchtigt und verfremdet.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top