Bekannt wurde er als charismatischer Zyniker und notorischer Womanizer Marc Meier in der RTL-Serie „Doctor's Diary", in Männerherzen war er als Kontrollfreak Niklas Michalke zu sehen. Die Rede ist von Florian David Fitz, der als Drehbuchautor von Ralf Huettners neuer Tragikomödie „Vincent will meer" sogar seine eigene Hauptrolle verfasste. In dieser gibt er den Titelcharakter mit Tourette-Syndrom - fernab seiner bisherigen Figuren, aber keinen Deut weniger überzeugend. Mit seinen Mitpatienten Marie und Alexander flieht er aus einem Therapiezentrum, um endlich das Meer zu sehen. Was einen uninspirierten Abklatsch von Knocking On Heaven's Door vermuten lässt, erweist sich als eine heitere und gut besetzte Geschichte mit Road-Movie-Elementen. Ohne sich je über die pathologische Lage der drei ungleichen Reisenden lustig zu machen oder in erdrückender Schwere zu versinken, nutzt der Film die unfreiwillige Komik, die sich zwangsläufig ergibt, wenn Tourette-Kranke und Zwangsneurotiker gemeinsam auf engstem Raum und ohne Plan unterwegs sind. Mit feinem Gespür für Zwischenmenschliches gespielt, entsteht so ein von idyllischen Bildern und leichtem Gitarrenpop gestützter Film - originell, sympathisch und unterhaltsam.
Bis zu ihrem Tod lebt Vincent (Florian David Fitz) bei seiner alkoholkranken Mutter. Flugs bugsiert ihn sein Vater (Heino Ferch), dessen Aufmerksamkeit bestenfalls als funktionalistisch gelten kann, in ein Therapiezentrum. Hier soll sich die Fachärztin Dr. Rose (Katharina Müller-Elmau) um die Behandlung von Vincents Tourette-Syndrom kümmern - das der Vater auch noch als Ursache für die Alkoholabhängigkeit seiner Frau zu erkennen glaubt. Als intelligenter, sensibler und freiheitsliebender junger Mann fühlt sich Vincent jedoch schnell eingesperrt und bevormundet. Mit der magersüchtigen Marie (Karoline Herfurth) klaut er den Wagen ihrer Ärztin und macht sich auf den Weg nach Italien. Dass auch Vincents zwangsneurotischer Zimmergenosse Alexander (Johannes Allmeyer) mit auf die Reise kommt, ist ein situationsbedingtes Opfer, das die beiden billigend in Kauf nehmen. Dann informiert Dr. Rose Vincents Vater und die beiden begeben sich auf die Suche nach den Entflohenen. Schon bald kommt es zu einem ersten Aufeinandertreffen, das aber keineswegs das Ende der Reise markiert...
...sondern vielmehr erst den Beginn der wirklichen Dynamik des Films. Die resultiert, neben den genrebedingt wechselnden und ästhetisch eingefangenen Drehorten zwischen Allgäu, Alpen und Nord-Italien, vor allem aus den Dialogen und sprachlosen Momenten zwischen den drei Hauptfiguren. Sperrt man stark verschiedene Figuren, am besten verschiedenen Geschlechts, mit einem gemeinsamen Ziel auf engen Raum, ergeben sich spannende Konstellationen nahezu automatisch. „Vincent will meer" birgt gleich zwei dieser mobilen Zwangsgemeinschaften.
Mit viel Sprachfefühl und Detailverliebtheit hat Florian David Fitz aus diesem Grundrezept ein filigranes Drehbuch verfasst, dem die bestechenden Darsteller Leben einhauchen. Das Verhältnis zwischen den drei Flüchtigen zeichnet sich dabei durch ein Wechselbad der Gefühle aus: Verständnis und Unverständnis, Toleranz und Ignoranz, Liebe und Hass, Loyalität und Egoismus. Insbesondere die unvermeidliche Liaison zwischen Vincent und Marie und ihr Umgang mit den gegenseitigen Schwächen wird teils behutsam, teils drastisch ehrlich dokumentiert - ebenso wie Alex' Gefühl, bloß das fünfte Rad am Wagen zu sein.
Auch die Konstellation der Verfolger ist immer wieder für Überraschungen gut. Die vermeintlich starren Charakterbilder werden angenehm aufgebrochen und ironisiert. So bleibt es nicht beim Duo „sensible, verantwortungsbewusste Ärztin" versus „gefühlloser Macho-Politiker", vielmehr treten viele unerwartete Zwischentöne und Hintergründe zu Tage, die zum Seufzen und Lachen animieren – wie es sich eben für eine gute Tragikomödie gehört. Trotz trauriger Augenblicke stets optimistisch zu bleiben – dafür lässt „Vincent will meer" allen Grund!