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    Mein Freund Knerten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Mein Freund Knerten
    Von Christian Horn

    Ein guter Kinderfilm ist nicht nur zur Belustigung des ganz kleinen Publikums da, sondern erzählt eine Geschichte, die abseits der kindgerechten Präsentation problemlos auch Erwachsene interessiert oder sogar einnimmt. Was für die Kinder spannend ist, sollte für die elterliche Begleitung mindestens charmant und unterhaltsam sein. Die norwegische Kinderbuchverfilmung „Mein Freund Knerten" von Regiedebütant Åsleik Engmark erfüllt diesen Anspruch mit Bravour. Die einfach gestrickte Moral – verliere nie die Hoffnung! – verpackt Engmark in eine stets unterhaltsame Erzählung, die in genau der richtigen Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit stattfindet.

    Die Familie des kleinen Lillebror (Adrian Grønnevik Smith) bezieht ein Holzhaus, das irgendwo in der norwegischen Provinz mitten in einem Wald steht. Von hier aus will Lillebrors Vater (Jan Gunnar Røise) seine Boutique für Damenunterwäsche und Strumpfhosen zum Erfolg führen, doch die schrillen und bunten Kleidungsstücke finden keine Abnehmerinnen – so dass die Mutter (Pernille Sørensen) einen Nebenjob in einem kleinen Geschäft, in dem Kinder unerwünscht sind, annehmen muss. So kommt es, dass Lillebror, dessen großer Bruder Philip (Petrus A. Christensen) tagsüber in die Schule geht, die Gegend auf eigene Faust erkundet. Schon am ersten Tag im neuen Zuhause findet Lillebror ein Holzstück, das eine Gesichtsform erahnen lässt und sehr zur Verwunderung des Jungen das Wort an ihn richtet (gesprochen wird Knerten vom Regisseur selbst). Fortan verbringen Lillebror und Knerten, so der Name des Holzstücks, ihre Tage gemeinsam und erleben größere und kleinere Abenteuer.

    Thematisch kreist „Mein Freund Knerten" jederzeit um die zentrale Botschaft, die der junge Protagonist zu Beginn von seinem Vater hört: Gib niemals die Hoffnung auf! Im Verlauf der Erzählung, die kindgerecht in kleineren Sinnabschnitten voranschreitet, verlieren einige der Figuren dennoch die Zuversicht. Die Eltern glauben nach anfänglichen Bemühungen nicht mehr an den Erfolg der Boutique, Philip wagt kaum zu hoffen, dass er in der neuen Schule Anschluss findet, und Lillebror verzweifelt, weil seine Mädchenbekanntschaft aus der Nachbarschaft, die er schwärmerisch „Prinzessin" nennt, scheinbar verschwunden ist. Klar, dass am Ende alles heile ist: Die Boutique avanciert zum Hotspot, Philip wird beim Knutschen mit einer Mitschülerin gesichtet und die Prinzessin ist doch noch da. Im Kino wie im Leben wendet sich eben manchmal alles zum Guten, auch wenn die Umstände anderes erwarten lassen.

    Die geduldige, an alte Kinderfilme erinnernde Inszenierung verleiht dem Film eine gute Portion Charme: Die schrulligen Figuren, die beinahe anachronistischen Strickpullis und die knalligen Strumpfhosen, die märchenhafte Grundstimmung und die beschwingte Musik schaffen einen überaus stimmigen Rahmen für eine Erzählung aus kindlicher Perspektive. Die Phantasie des Jungen, die im sprechenden Holzstück Knerten ihre zentrale, aber nicht einzige Manifestation findet, charakterisiert den Film: Es ist die Reibung zwischen dem, was ist, und dem, was vorstellbar ist, zwischen Realität und Imagination, die den kompletten Film durchzieht. Spannend ist hierbei die gelungene Art und Weise, in der Regisseur Åsleik Engmark verschiedene Stimmungslagen verbindet.

    Der bisweilen Slapstick-artige Humor des Films steht gleichwertig neben der emotionalen Komponente der Geschichte und wird manchmal von recht gruseligen Szenen durchbrochen, die beinahe so unheimlich sind wie der Grundton der Potter-Verfilmungen seit „Harry Potter und der Gefangene von Askaban". Bei alldem vergisst Regisseur Engmark in „Mein Freund Knerten" jedoch nie seine Figuren, die er zwar überzeichnet, gleichzeitig aber mit ihren Sorgen respektiert. Die stets ohne große Hektik oder Übertreibungen auskommende Erzählweise lässt „Mein Freund Knerten" fordernder und nachhaltiger wirken als viele andere Kinderfilme. Wer Kinder mit nicht allzu schwachen Nerven hat, dem sei ein Familienausflug ins Kino daher auch im eigenen Interesse wärmstens empfohlen.

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