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    Jeff, der noch zu Hause lebt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Jeff, der noch zu Hause lebt
    Von Robert Cherkowski

    Wer in der heutigen Leistungsgesellschaft nicht ständig unter Strom steht, jeden Schritt genau plant und Überstunden einlegt, wo er nur kann, der bleibt leicht auf der Strecke. Wer nicht mitspielt und dem Geld, der Arbeit und den Statussymbolen hinterherrennt, gilt als Versager oder im schlimmsten Falle als Sozialschmarotzer. Dabei tun auch in Deutschland Instanzen wie etwa bekannte Springer-Medien einiges dafür, dass die leistungsorientierten Bevölkerungsschichten den Aussteigern mit teilweise offener Verachtung gegenüberstehen. Zu Filmhelden werden sie selten ernannt – und genau das ist einer von vielen Gründen, sich über Jay und Mark Duplass' beschwingte Komödie „Jeff, der noch zu Hause lebt" zu freuen. Denn hier steht ein ebensolcher Müßiggänger im Zentrum. Und ganz gleich, ob man ihn als Narren oder als genialen Lebenskünstler betrachten möchte, Vergnügen bereiten die angenehm verpeilten Abenteuer des sympathisch von „How I Met Your Mother"-Star Jason Segel interpretierten Jeff allemal.

    Viel passiert nicht im Leben des ständig zugekifften 30-jährigen Tagediebs Jeff (Jason Segel). Seit er denken kann hütet er den Keller im Haus seiner ausgebrannten Mutter Sharon (Susan Sarandon), die einem öden Job in einem Büro frönt, wo sie einen anonymen Verehrer hat. Wenn sie sich nicht über das Intranet mit ihrem Cyrano austauscht, ärgert sie sich über Jeffs Antriebslosigkeit. Ihr anderer Sohn Pat (Ed Helms) ist indes auch kein leichter Fall. Der schnöselige Workaholic hat längst vergessen, dass das Leben auch jenseits von Porsche-Käufen noch Spaß machen kann und nicht nur aus Maloche bestehen muss. Als Jeff jedoch versucht, seine bekiffte Sinnsuche mit einem Gang zum Baumarkt zu kombinieren, Pat der potentiellen Untreue seiner Frau Linda (Judy Greer) auf die Schliche kommt und Sharons Verehrer sich aus dem Mauseloch traut, kommt Bewegung in den grauen Alltag...

    Obwohl „Jeff, der noch zu Hause lebt" in erster Linie eine Komödie ist, wird hier keineswegs verzweifelt jedem Gag hinterhergerannt. Das Regiegespann und Brüderpaar Jay und Mark Duplass gönnt sich die gleiche entspannte Zwanglosigkeit, die auch ihr Held an den Tag legt. Im Schlendergang flanieren Jeff und seine Sippe bei ihren kleinen Abenteuern umher und entsprechend ist auch der Humor des Films leise und unaufdringlich - die Duplass‘ frönen charmanter Situationskomik und driften nie unter die Gürtellinie ab. Jeff und Pat treten über weite Strecken des Films als wunderbar urig-ungleiches Duo auf, das zwischen stoischem Gleichmut und überdrehter Aufschneider-Hektik pendelt. Ganz gleich welch jähzornigen Irrsinn Pat dabei verzapft, auf Jeffs Deeskalationskünste ist Verlass.

    Wo in zahlreichen amerikanischen Chaos-Klamotten - von „Hangover" über „Stichtag" bis „Bad Sitter" – viele Situationen auf Kosten der Figuren bis an die Grenze zum Fremdschämen getrieben werden, steht die Komik hier im Zeichen der Versöhnung. Jay und Mark Duplass machen deutlich, wie sehr sie ihre Antihelden mögen und gönnen ihnen eine positive Entwicklung, die zwar etwas naiv-gutmenschlich daherkommen mag, nie aber verlogen wirkt. Das macht sich besonders in den Szenen mit der grandiosen Susan Sarandon („Thelma und Louise") bezahlt, die als Frau am Scheideweg für die eher dramatischen Aspekte des Films zuständig ist. Dass Jason Segel inzwischen eine sichere Bank für warmherzig-sensible Comedy-Figuren ist, dürfte spätestens seit seinem „Muppets"-Erfolg ohnehin klar sein. Ed Helms müht sich derweil als Pat redlich, dabei Schritt zu halten und verliert sich nur gelegentlich etwas in den nervigen Manierismen seiner immerhin auch als nervig angelegten Rolle.

    Bei allen diesen Stärken könnte man fast übersehen, dass „Jeff, der noch zu Hause lebt" immer mal wieder am Indie-Kitsch entlangschrammt: der immer gleiche Soundtrack im monotonen „American Beauty"- oder „Garden State"-Modus, das gemütliche Erzähltempo, der unerwartet dramatische Showdown – all das gehört längst zum Standardrepertoire und wird hier nicht allzu eigenständig variiert. Trotz einer Spielzeit von gerade einmal 83 Minuten schleichen sich so ein paar kleine Längen ein. Aber das gehört schließlich auch zum Konzept und entspricht der Lebensführung des Titelhelden, mit dem man gerne auch ein paar ruhigere Minuten verbringt.

    Fazit: Mit sympathischer Verpeiltheit und entspannter Verweigerungshaltung dem Ernst des Lebens gegenüber erobert „Jeff, der noch zu Hause lebt" die Herzen des Publikums. Dass er gelegentlich dann doch arg gemütlich durchs Leben schlappt, sieht man ihm gerne nach.

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