Im Grunde fand ich dieses Emmerich-Experiment unterhaltsam und recht gelungen. Englisch-LK sei Dank bin ich auch nicht ohne Vorkenntnisse in den Film gegangen, diese Verschwörungstheorie ist ja auch nur eine von vielen.
Sehr positiv war auf jeden Fall die Darstellerriege um Rhys Ifans, den ich bisher nur als Hugh Grant's freizügigen Mitbewohner in Notting Hill, als hippiemäßigen Radiomoderator in Radio Rock Revolution und als wahrscheinlich noch hippiemäßigeren Xenophilius Lovegood in Harry Potter kannte. Hier schlüpft er in eine für mich komplett andere Rolle und er schafft dies äußerst bemerkenswert. Besonders die Szenen, in denen er beobachtet, wie Shakespeare den Ruhm genießt, den er eigentlich bekommen sollte, sind großartig gespielt. Doch auch die anderen Schauspieler wissen zu überzeugen.
Roland Emmerich hat sich außnahmsweise einem Thema zugewandt, das nicht gerade das Ende der Welt beinhaltet und inszeniert diese weit verbreitete Verschwörungstheorie weitgehend gelungen und spannend. Wäre da bloß nicht die erste halbe Stunde.
In diesem Zeitraum werden die vielzähligen Charaktere mittels verschiedener Namen und mehreren Zeitsprüngen vorgestellt. Wird der Charakter von Rhys Ifans erst als 'Earl of Oxford' bezeichnet, ist er kurze Zeit später in einem Flashback 'Edward' und wird von Jamie Campbell Bower gespielt. Es dauerte einige Zeit, bis klar wurde, dass es ein und die selbe Person sein sollte. Auch das Dilemma der vielen Charaktere in vielen Zeitsprüngen (es gibt zwei Williams, einmal natürlich Shakespeare, der anfangs eher nebensächlich ist, und einmal William Cecil, Berater der Königin) macht es einem schwierig, nichts zu verwechseln. Hat man sich gedoch erstmal da durchgekämpft, erwarten einen Intrigen, Spannung und Unterhaltung, Missverständnisse kamen danach nicht mehr vor (jedenfalls bei mir nicht).
Einen großen Negativpunkt gibt es allerdings dafür, dass der ganze Film als wahr dargestellt wird und es keinerlei Interpretationsspielraum gibt. Es ist zwar eine weit verbreitete These, dass Shakespeare seine Stücke und Sonnets nicht selbst geschrieben hat, doch dieser Film lässt Shakespeare als egozentrischen, geldgeilen Nichtskönner dastehen. Gut, es geht hauptsächlich um seine Stücke, seine Person ist eher eine Nebenfigur, aber alles ist dargestellt, als wäre es bewiesen so gewesen. Doch kann man nichts dermaßen zweifelsfrei beweisen, sonst wäre es ja keine Verschwörungstheorie mehr. An sich ist es natürlich interessant zu sehen, dass mal jemand so öffentlich in einem Film Shakespeares angebliche Genialität infrage zu stellen, das Dilemma, das hierbei jedoch aufkommt, ist, dass auch diese ganzen Intrigen und Vorkommnisse im Königshaus als wahr dargestellt werden. Und dabei kommen weder Queen Elizabeth noch die Cecils gut bei weg, SPOILER: erstere verkommt zur hinterlistigen Hure, die sogar mit ihrem Sohn schläft (ok, die Elizabethan Era war nicht die rosigste, aber das?) und die Cecils waren machtgierige 'Puppenspieler', die im Grunde so ziemlich jede Intrige eingefädelt haben.
Die Auflösung aller Intrigen des jungen Cecil gegenüber Edward de Vere fällt dann auch etwas zu schnell und simpel aus. Sie erklärt im Grunde alles, womit jegliche Spannung aufgelöst wird, allerdings geht der Film dann noch eine halbe Stunde. Außerdem ist die Erklärung so vollständig, dass es mal wieder keinen Platz für Interpretationen gibt.
Fazit: An und für sich unterhaltsamer und gelungener Genrewechsel, allerdings zu sehr auf Emmerichs persönlicher Meinung beharrend mit wenig Raum für eigene Schlüsse und Interpretationen.