Wenn eine erfolgreiche Filmreihe in die Krise gerät oder nicht mehr zeitgemäß scheint, dann erfindet man sie heutzutage einfach neu und erzählt ihre Geschichte von vorne, wobei der bewährte „Markenkern" natürlich erhalten bleibt. So etwas heißt dann Reboot. Das Verfahren hat sich bei amerikanischen Comic-Superhelden wie Batman und Spider-Man bereits ausgezahlt und auch die Briten haben ihren eigenen Kino-Nationalhelden James Bond mit „Casino Royale" längst einer Rundumerneuerung unterzogen. Nun sprechen die französischen Produzenten der vierten Realverfilmung der berühmten Asterix-Comics ebenfalls von einem Reboot. Obwohl es bei „Asterix & Obelix: Im Auftrag Ihrer Majestät" tatsächlich eine ganze Menge Neuerungen gibt, von denen der erstmalige Einsatz der 3D-Technik nur die augenfälligste ist, geht es den Machern offenkundig vor allem darum, sich von den drei Vorgängern abzusetzen, denn die gelten trotz ihres Kassenerfolgs weitgehend als misslungen. Neustart heißt hier daher vor allem Rückbesinnung auf die Qualitäten der Comicalben. Der neue Regisseur und Co-Drehbuchautor Laurent Tirard („Der kleine Nick") wählte mit „Asterix bei den Briten" einen der besten Bände der Reihe als Vorlage und verband ihn mit Elementen aus „Asterix und die Normannen". Das Ergebnis fällt allemal besser aus als die ersten drei Realfilme, aber den Esprit und den zeitlosen Charme der Comics erreicht Tirard mit seiner amüsanten Komödie für die ganze Familie nicht.
Cäsar (Fabrice Luchini) und seine Legionen haben Segel in Richtung Britannien gesetzt, die Insel soll die nächste Eroberung des stolzen römischen Feldherrn sein. Cordelia, die Königin der Briten (Catherine Deneuve), schickt ihren treuen Berater Sir Teefax (Guillaume Gallienne) angesichts der scheinbar aussichtslosen Lage mit einem Hilfeersuchen in das kleine gallische Dorf von Asterix (Edouard Baer) und Obelix (Gérard Depardieu), das den Römern von einem Zaubertrank gestärkt erfolgreich die Stirn bietet: Ein Fass ebendieses magischen Gebräus soll für die Briten das Kriegsglück wenden. Die Gallier akzeptieren und so machen sich Teefax, Asterix, Obelix und der junge Schnösel Grautvornix (Vincent Lacoste) aus Lutetia, der zur Sommerfrische in die Provinz geschickt wurde, mit der wertvollen Flüssigkeit auf den Weg nach Londinium. Dort besuchen sie Teefax‘ Verlobte Ophelia (Charlotte Le Bon), auf die Grautvornix bald ein Auge wirft. Obelix interessiert sich indessen für ihre strenge Gouvernante Miss Macintosh (Valérie Lemercier). Doch der romantische Reigen wird jäh unterbrochen, als Ophelia und Grautvornix von den Normannen gefangengenommen werden, die Cäsar zur Unterstützung angeheuert hat...
„Asterix & Obelix: Im Auftrag Ihrer Majestät" entstand mit einem Budget von stattlichen 60 Millionen Euro und Laurent Tirard zeigt uns gleich am Anfang, was man mit solchen üppigen Mitteln alles anstellen kann. Da begegnen die unglückseligen Piraten mit ihrem Kapitän Rotbart (Gérard Jugnot) der römischen Flotte und sie erleiden wie immer Schiffbruch. Aber wie hier aus einer Galeere immer mehr werden bis der ganze Horizont gefüllt ist und wie das Flaggschiff die Piraten buchstäblich überrollt, das ist visuell sehr beeindruckend. Auch wenn im weiteren Verlauf die römischen Legionäre von den Galliern versohlt werden und durch die Luft fliegen, wirkt das dank der 3D-Technik plastisch wie nie zuvor. Hübsch ist auch der Effekt, mit dem die Wirkung des Zaubertranks auf den Trinkenden illustriert wird – das ist fast als könnte Bruce Banner seine Verwandlung in den Hulk gerade noch verhindern. Solche technischen Kabinettstückchen heben den Film gemeinsam mit den ungemein detailreichen Dekors (Höhepunkt ist die Großstadtszenerie in London, die vor netten Kleinigkeiten geradezu wimmelt) im Vergleich zu den Vorgängern auf eine neue visuelle Ebene. Der Look ist zwar immer noch sehr künstlich, aber wie hier Real- und (Computer-)Animationsfilm geradezu verschmelzen, das hat oft einen sehr passenden geradezu comichaften Effekt.
Eine ordentliche Prise Spektakel gehört im Blockbuster-Geschäft einfach dazu, aber es ist offensichtlich, dass sich Regisseur Tirard stärker für die Kleinigkeiten am Rande, für die Spleens und Eigenarten der Figuren interessiert. Dazu passt auch seine Wahl des neuen Asterix-Darstellers Edouard Baer („Huhn mit Pflaumen"), der die Rolle ungewohnt ernsthaft, manchmal fast träumerisch angeht. Das ergibt nicht nur einen netten Kontrast zum herzhaften Obelix (Gérard Depardieu ist einfach die Idealbesetzung und daher auch das einzige Überbleibsel aus den ersten drei Filmen), die Beziehung zwischen den beiden bekommt auch einen zärtlich-romantischen Unterton. Weitere Glanzlichter setzt Guillaume Gallienne („Sagan") als typischer englischer Gentleman – ein Ausbund an Steifheit und Überkorrektheit, aber auch unbeirrbar loyal und stets fair. Überhaupt sind es die Ticks der Briten, die hier in erster Linie für Vergnügen sorgen. Das fängt bei der verdrehten Wortstellung und den bizarren Akzenten an, woran auch der Weltstar Catherine Deneuve („Belle de Jour", „Ekel") in einer kleinen Rolle als englische Königin sichtbar Spaß hat. Und es geht mit dem Ritual des Fünf-Uhr-Heißwasser-Trinkens (der Tee wird hier erst „erfunden"), mit Pfefferminzsoße, Rugbyspielen und strikt-absurden Benimmregeln weiter. Hier ist Tirard oft sehr nah an der Comicvorlage und der Film versprüht dabei oft einen altbacken-sympathischen Charme, der an Opas Ostfriesenwitze erinnert.
Mit der betulich-nostalgischen Erzählweise, die Tirard schon in seinem vergangenen Film „Der kleine Nick" (ebenfalls nach Goscinny) an den Tag legte, geht zuweilen ein wenig Trägheit einher und gerade bei den nicht so gelungenen Nebenhandlungen um die Normannen (Dany Boon liefert als Hirnisnichvilaf eine eindimensionale Darstellung, die dem Namen seiner Figur alle Ehre macht) und den Jüngling aus Paris stellen sich zuweilen Längen ein. Auch die neu hinzugefügten popkulturellen, historischen und politischen Anspielungen, die ja bei Asterix Tradition haben, sind nicht immer gelungen. So ist ein Verweis auf „Uhrwerk Orange" doch etwas zwiespältig und auch die anderen Witze über Folter wirken deplatziert. Der indische Einwanderer Hatnix (Atmen Kelif), der ohne Papyrus unterwegs ist, dürfte ebenfalls ruhig etwas feinfühliger gezeichnet sein. So sorgt dann Fabrice Luchini („Das Schmuckstück"), der als Cäsar immerhin Alain Delon nachfolgt, für ein paar nette Spitzen: Seine Pointen, die von einem köstlichen „Star Wars"-Zitat über die Vorhersage des Hundertjährigen Kriegs bis zum Bonmot über Reisekostenabrechnungen von Politikern reichen, zünden. Der eitle Römer fühlt sich zudem auch als Medienstar von Asterix herausgefordert, eine treffende Beobachtung, denn der kleine Gallier ist unverwüstlich.
Fazit: Der „Reboot" der Asterix-Reihe ist in Maßen erfolgreich: visuell oft beeindruckend, mit liebevollen Details und vielen netten Ideen, aber auch mit Längen und einigen misslungenen Pointen.