Martin Luther King Jr. hatte einen Traum. Nach seinem legendär gewordenen Marsch auf Washington und der Verleihung des Friedensnobelpreises 1964 schien fast alles menschenmögliche erreicht zu sein, doch es kam anders.
Im Süden der USA werden seine farbigen Mitbürger trotz entsprechender Gesetze weiterhin benachteiligt, vom Wahlrecht und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Man beschließt den mittlerweile schon berühmten Doktor King (David Oyelowo) in die Stadt Selma zu holen und dem Gouverneur (Tim Roth) auf die Pelle zu rücken. Auch der amtierende Präsident Lyndon B. Johnson (Tom Wilkinson) wird mit Nachdruck um ein Machtwort gebeten, gibt sich jedoch zögerlich. All das erweist sich weder als einfach noch als ungefährlich. Die schwarze Gemeinde, der sich nach und nach immer mehr Menschen unterschiedlichster Hautfarben und Konfessionen anschließen, erlebt herbe Rückschläge und unvorstellbare Gewalttaten durch Polizei und rassistisch gesinnte Bürger. Aufgeben ist für keine der beiden Seiten eine Option und so kommt es zu einer letzten Demonstration, bei der die Beteiligten alles auf eine Karte setzen.
Dieses historische Ereignis nimmt Regisseurin Ava DuVernay als Ansatzpunkt für ihr nach dem Ort der Handlung benanntes Filmdrama. Das Drehbuch soll schon mehrere Jahre durch die Hände der Studiochefs gegangen sein und unter anderem bereits Steven Spielberg vorgelegen haben. Jetzt wurde es schlussendlich mit der prominenten Unterstützung durch Produzenten wie Brad Pitt und Talk-Queen Oprah Winfrey (auch in einer soliden Nebenrolle zu sehen) umgesetzt und das mit einem interessanten Ergebnis.
Zur Klarstellung: trotz entsprechender Pressetexte handelt es sich eher weniger um eine Filmbiografie über das Leben von M. Luther King. Viele der wichtigsten Stationen seines bewegten Lebens hat er schon zu Beginn der Handlung hinter sich, man kennt ihn bereits in der gesamten westlichen Welt. Gerade deshalb soll seine Ankunft in Selma den dringend nötigen Wendepunkt in der Debatte um das Wahlrecht für schwarze Mitbürger bringen. Dank eines schießwütigen Polizisten, der kurzerhand einen der jungen Demonstranten erschießt, drohen die Proteste zu eskalieren. King bemüht sich um Verständigung und die Wahrung des Friedens, sieht sich jedoch der Wut auf beiden Seiten mitunter hilflos gegenüber. Noch dazu bereiten ihm private Angelegenheiten reichlich Probleme, man erpresst ihn unter anderem mit einer Affäre, die seine Ehe auf die Probe stellt. David Oyelowo spielt den berühmten Menschenrechtler mit reichlich Charisma, wenn er vor vielen Menschen steht, allerdings auch mit einer gewissen Distanz, wenn er in kleineren Szenen auftritt. Seine etwas schleppende Redeweise ist am ehesten der deutschen Synchronisation geschuldet, die sich nach Kräften bemüht, den Slang seines Umfeldes sprachlich abzubilden. Dass das nicht immer gelingt liegt auf der Hand, es macht den Film aber nicht schlechter.
Die Regisseurin macht zumindest handwerklich alles richtig, überfrachtet ihren Film nie mit zuviel Pathos oder Kitsch, sondern lässt die Taten ihrer Charaktere sprechen. Dazwischen gibt es genug Atempausen und Gelegenheit, anderen hervorragenden Darstellern wie Tom Wilkinson (der ironischerweise kürzlich in der TV-Serie "Die Kennedys" schon den Vater seines Vorgängers spielte) bei der Arbeit zuzusehen. Die Besetzung fällt an keiner Stelle negativ auf, ebensowenig die Bildgestaltung und musikalische Untermalung, die helfen, das Geschehen angemessen und lebendig in Szene setzen, aber nie durch ein Zuviel an Stilmitteln erschlagen. Vielleicht ist es am ehesten die Erzählweise, mit der man sich erst noch anfreunden muss. Der Film beginnt mit einer ruhigen Szene, in der sich King auf seine große Rede bei der Verleihung des Friedensnobelpreises vorbereitet. In einem ähnlichen Tonfall geht es weiter. Auch wenn für die Darstellung der Protestmärsche offenbar keine Kosten und Mühen gescheut wurden, erwarten uns hier keine überrumpelnden Massenchoreografien.
Der Fokus liegt stets auf den Figuren und ihren jeweiligen Empfindungen, nicht auf den visuellen Reizen. An sich ein guter Ansatz für einen Film über ein historisches Ereignis. Hier trägt es allerdings auch dazu bei, dass man sich fragt, wann denn nun wieder etwas geschieht und wie das Gezeigte in Zusammenhang mit der Handlung steht. Zum Glück wird man darüber hinaus mit etlichen hervorragend inszenierten Kapiteln verwöhnt, sodass zumindest keine dauerhafte Langeweile aufkommen kann.
Die BluRay-Ausgabe des Films überzeugt durch ihr glasklares Bild, das die kräftigen Farben der Motive passend ins Heimkino transportiert. Außerdem wird nicht mit Bonusmaterial gegeizt, ein ausführliches halbstündiges MakingOf gehört genauso dazu, wie zwei Dokumentationen über die geschichtlichen Hintergründe, zwei Audiokommentare, geschnittene Szenen, ein Musikvideo und der obligatorische Trailer.
Darsteller: David Oyelowo, Tom Wilkinson, Tim Roth, Common, Cuba Good Jr., Oprah Winfrey, Martin Sheen, Carmen Ejogo uvm.
Regie: Ava DuVernay
Jahr: 2014 (BluRay/DVD: 2015)
Label: Studiocanal Home Entertainment
FSK: ab 12 Jahren