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    Here & There
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Here & There
    Von Andreas Staben

    Als Hauptdarsteller David Thornton vorschlug, seine Frau zur Mitarbeit an „Here & There“ einzuladen, fragte ihn Regisseur Darko Lungulov, was die Gattin denn mache. „Musik“, lautete die knappe Antwort. Und so kam es, dass Cyndi Lauper nicht nur den Titelsong zu der bittersüßen Culture-Clash-Komödie beisteuerte, sondern auch eine kleine Rolle übernahm. Das willkommene Wiedersehen mit dem Star der Achtziger ist nicht sonderlich sorgfältig in den mit kleinem Budget in New York und Belgrad entstandenen Film integriert, dennoch ist die über weite Strecken spürbare familiäre Atmosphäre einer seiner Pluspunkte. Insgesamt hat sich Spielfilmdebütant Lungulov mit seiner zwischen den Genres und den Kontinenten pendelnden Geschichte allerdings deutlich zu viel vorgenommen und verliert sich zwischen Slacker-Ballade, Krisenkomödie und dem zarten Ansatz einer Romanze.

    Der New Yorker Jazz-Musiker Robert (David Thornton, Alpha Dog, Beim Leben meiner Schwester) steckt künstlerisch und finanziell in der Krise. Er verliert seine Wohnung und kommt kurzfristig bei seiner Ex-Freundin Rosa (Cyndi Lauper) unter, aber sie wirft ihn bald hinaus. Schließlich schlägt ihm der Serbe Branko (Branislav Trifunovic), den er als Umzugshilfe engagiert hatte, einen Deal vor: Für 5.000 Dollar soll Robert nach Belgrad fliegen, um mit Brankos Braut Ivana (Milena Mrdja) eine Scheinehe einzugehen und ihr so ein Visum für die USA zu verschaffen. Der Musiker nimmt den Vorschlag an und fliegt nach Serbien. Dort kommt er bei Brankos Mutter Olga (Mirjana Karanovic) unter, die nichts von dem Hochzeitsschwindel erfahren soll. Während Branko in New York zunehmend verzweifelt versucht, das Geld für Robert zu besorgen, kommen sich Robert und Olga in Belgrad ganz allmählich näher...

    In Interviews äußert sich Darko Lungulov immer wieder bewundernd über die Filme der Independent-Ikone Jim Jarmusch (Down By Law, Broken Flowers). Mit ihr verbindet ihn dann auch mehr als nur der Hauptdarsteller David Thornton, der für Jarmusch in Romance And Cigarettes vor der Kamera stand. Der Schauspieler mit der charakteristischen, kunstvoll arrangierten Strubbelfrisur verkörpert in „Here & There“ eine Figur, die direkt aus einem Jarmusch-Film stammen könnte: einen Außenseiter und richtungslosen Streuner, der seinem Schicksal und seinen Mitmenschen mit stilvoller Gleichgültigkeit begegnet. Thornton ist darin so überzeugend, dass es zunächst schwerfällt, sich für seine Figur zu interessieren – der ganze New-York-Teil ist von einer gewollten lakonischen Distanziertheit und halbgarem Epigonentum durchzogen.

    Während Lungulov erfolglos versucht, den minimalistischen Plot im Big Apple durch eine zunehmend absurde Nebenhandlung um Branko, der von dem Gauner Jose Escobar (Antone Pagan, El Cantante, Mulberry Street) bei der Autoreparatur übers Ohr gehauen wird, aufzupeppen, findet der Regisseur für das Geschehen in Belgrad einen deutlich überzeugenderen und wärmeren Erzählton. Die Begegnungen in den kargen Straßen und Wohnungen der serbischen Hauptstadt lassen Robert allmählich wieder am Leben teilnehmen und die leise Liebesgeschichte zwischen ihm und seiner Gastgeberin Olga ist nicht zuletzt dank Mirjana Karanovic (Esmas Geheimnis) das stärkste Element des Films. Auch die Darstellung von Roberts Freundschaft mit Tosha (Fedja Stojanovic, Liebe und andere Verbrechen), einem sympathischen Kauz, der immer ein paar Bierkrüge für besondere Gelegenheiten im Kofferraum hat und in seiner Wohnung einen regelrechten Schrein für eine nostalgisch verklärte Vergangenheit errichtet hat, besitzt eine Feinfühligkeit, die sonst meist fehlt.

    „Ist da nicht gerade ein Krieg im Gange?“, fragt Robert, als er erfährt, dass er nach Serbien fliegen soll. Da täuscht er sich zwar ziemlich, aber ruhig ist es im ehemaligen Jugoslawien noch lange nicht. Zwölf Tage vor dem Drehbeginn des serbischen Teils wurde die US-Botschaft in Belgrad von einem Mob gestürmt. Mit dem ständig auf die Amerikaner schimpfenden Taxifahrer Mirko (Goran Radakovic) gibt es in „Here & There“ aber nur ein fernes komödiantisches Echo der stürmischen Zeiten im Land, auch problematische Themen wie Scheinehe und Emigration werden nicht ernsthaft aufgegriffen. Und so lässt sich der uneinheitliche „Here & There“ mit den Schlussworten einer Hauptfigur bei der Einfahrt nach New York zusammenfassen: „It's not Belgrade.“ Eine banale Erkenntnis am Ende eines weitgehend belanglosen Films.

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