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    Die Lincoln Verschwörung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Lincoln Verschwörung
    Von Özkan Cira

    Robert Redford, Superstar der 70er Jahre, ist nicht nur als Top-Besetzung für romantische Stoffe, sondern inzwischen auch als Politfilmer bekannt. Zuletzt zeichnete er mit „Von Löwen und Lämmern" ein düsteres Bild der Vereinigten Staaten und legte schonungslos Widersprüche in der US-Politik offen. In seinem neuesten Werk „Die Lincoln Verschwörung" wendet sich Redford nun einem Kapitel der US-amerikanischen Geschichte zu, das im Kino bislang erstaunlich wenig Beachtung fand: die Ermordung von Abraham Lincoln und der anschließende Prozess gegen die mutmaßliche Mitverschwörerin Mary Surratt. Doch auch wenn es um Politik geht, ist „Die Lincoln Verschwörung" nicht unbedingt ein politischer Film, sondern vielmehr eine lebendige Geschichtsstunde, in der Redford ein präzises und weitgehend wahrheitsgetreues Bild davon zeichnet, was 1865 nach der Ermordung des Präsidenten geschah. Redford inszeniert mit exzellenter Ausstattung und einem erstklassigen Ensemble ein lebhaftes, historisches Gerichtsdrama, das den Prozess gegen die einzige Frau auf der Anklagebank nachzeichnet, ohne eine klare Position zur Schuldfrage einzunehmen. Dabei fehlt es jedoch an einer ausgefeilten Dramaturgie, was „Die Lincoln Verschwörung" für ein Publikum ohne Neigung für geschichtlichen Themen zu einer bisweilen zähen Angelegenheit macht.

    Am Abend des Karfreitags 1865 fällt Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, einem Attentat durch den Südstaaten-Sympathisanten John Wilkes Booth (Toby Kebbell) zum Opfer. Gleichzeitig wird Außenminister Seward bei einem Mordanschlag schwer verletzt. Schnell ist klar: Die beiden Attentäter haben nicht allein gehandelt. Insgesamt sieben Männer und eine Frau werden festgenommen. Der Vorwurf: Sie sollen in eine Verschwörung verstrickt sein, deren Ziel die Ermordung des Präsidenten sowie weiterer Regierungsmitglieder war. Als einzige Frau muss sich Pensionsbesitzerin Mary Surratt (Robin Wright) vor einem Militärtribunal verantworten. Nach anfänglichem Zögern übernimmt der idealistische Junganwalt und Nordstaaten-Kriegsheld Frederick Aiken (James McAvoy) die Verteidigung der mutmaßlichen Mitverschwörerin. Im Laufe des Verfahrens wird Aiken klar, dass seine Mandantin, die inzwischen meistgehasste Frau des Landes, unschuldig sein könnte. Doch eine faire Verhandlung scheint in weiter Ferne, denn die Richter und der neue Präsident drängen trotz mangelnder Beweise auf ein schnelles und hartes Urteil...

    Kenner der US-Geschichte werden schnell erkennen, dass sich Robert Redford weitgehend an den historischen Fakten orientiert – und das ist gut so, denn ein effekthascherischer Justiz-Thriller wäre einem Thema wie dem Lincoln-Attentat nicht gerecht geworden. Der Film entstand in enger Zusammenarbeit mit ausgewiesenen Lincoln-Experten und stellt das Debütprojekt der „American Film Company" dar. Diese hat sich zum Ziel gemacht, Episoden aus der Vergangenheit der Vereinigten Staaten so authentisch wie möglich auf die Leinwand zu befördern. Das gelingt nicht zuletzt dank einer exzellenten Ausstattung, die das Publikum zurück in die Zeit des Lincoln-Attentats versetzt. Vor bestechend schönen Kulissen entfaltet Redford ein atmosphärisches Drama, das sich in erster Linie auf den Gerichtsprozess gegen die mutmaßliche Mitverschwörerin Mary Surratt konzentriert.

    Dabei bezieht er nie Stellung zur Frage der Schuld oder Unschuld Marys. Robin Wright spielt hervorragend als undurchschaubare Mary Surratt. Auch ihre Kollegen, darunter Kevin Kline, Tom Wilkinson und Alexis Bledel, überzeugen restlos. Besonders James MacAvoy glänzt als junger, idealistischer Anwalt, der nach und nach erkennt, dass ein faires Verfahren hier keineswegs selbstverständlich ist, auch nicht in den Vereinigten Staaten von Amerika – eine Feststellung, die die Verhältnisse im US-Gefangenenlager von Guantanamo in Erinnerung ruft. Hier ist die Handschrift des bekanntlich liberal ausgerichteten Robert Redford deutlich zu erkennen.

    Kameramann Newton Thomas Sigel liefert seinem Regisseur stimmige Bilder und auch der Score von Mark Isham fügt sich optimal in das Setting ein. Besonders gelungen ist das mittels CGI ins 19. Jahrhundert zurückversetzte Washington. An der Dramaturgie hätte Redford allerdings noch feilen müssen, das zweistündige Werk ist bei all seinen Qualitäten nämlich keineswegs frei von Längen. Wer sich nicht für US-Geschichte interessiert und einen spannenden Justiz-Thriller erwartet, wird mit „Die Lincoln Verschwörung" eine zähe Kinoerfahrung machen. Dennoch hat Redford eines der zentralen Kapitel der Historie seines Heimatlandes in ein stark gespieltes, schön ausgestattetes und technisch auf der Höhe der Zeit inszeniertes Drama übersetzt. Auf die nächsten Projekte der „American Film Company" darf man gespannt sein.

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