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Veröffentlicht am 11. Juni 2017
"Sie wurden gewarnt. Nicht ist so, wie es scheint." Leider war ich zu jung, um diese Warnung ernst zu nehmen, was mir ein traumatisches Kindheitserlebnis bescherte. Dass nicht nur die Realität den Film beeinflußt, sondern auch Filme erheblichen Einfluß auf das zumindest subjektiv real empfundene Wahrnehmen der Wirklichkeit besitzen,  ließ sich nach "Wenn die Gondeln Trauer tragen" nicht mehr schönreden. Von bösen Vorahnungen begleitet, beginnt dieser Alptraum mit dem Tod und mit dem Tod endet er auch. Vergangenheit und Zukunft bilden lediglich Wahrnehmungszustände des zweiten Gesichts ab. Der nur punktuelle Einsatz der Farbe Rot kontrastiert in surrealer Konsequenz mit britischer Trostlosigkeit bzw. venezianischer Hermetik. Symbolträchtig führen von Anbeginn Wasser und zerbrochenes Glas durch das kafkaeske Szenario. Das hat Stil und ist mit penibler Detailverliebtheit inszeniert. "Don't look now" - so der Originaltitel - ist kein Horrorfilm, vielmehr ein verstörendes Dokument über das "Sehen" von Nichtsehenden, eine kontroverse Gegenüberstellung des immanent Vergänglichen mit der Transzendenz des Unendlichen. Ein philosophischer Film, dessen erkenntnistheoretischer Ansatz auch fern von Religion bis heute überaus spannend ist und genügend Interpretationsspielraum bietet. Fazit: Meisterwerk und klare Empfehlung, man darf allerdings das Produktionsdatum nicht außer Acht lassen, sonst bekommt man unweigerlich Probleme mit Sutherland's Fifi und der angesetzten Patina.
Kino:
Anonymer User
5,0
Veröffentlicht am 12. März 2010
Für mich ist "Don't Look Now" eines der besten Grusel-Werke der Filmgeschichte. Eine unglaublich irreale, bedrohliche und verstörende Atmosphäre in grandiosen Bildern erzählt. Hier zeigt ein Regisseur wirklich mal deutlich, was in Sachen Erzähl- und Montagetechnik schon früher alles möglich war. Harte Schnitte, plötzliche Wechsel in Zeit-rund Wirklichkeitsebenen (die berühmte Sex-Szene), verstörend schöne Farben (Stichwort ROT) , tolle Musikuntermalungen und eine grandiose Kamera. Beinahe auch ein Experimentenfilm -filmtechnisch auf höchstem Niveau. Es gibt wenige Filme, die einen gleich so dermaßen 'rein-und runterziehen'. Unglaublich faszinierend, schon diese surrealen Szenen am Anfang. Als die kleine Tochter im roten Mantel am Teich herumspielt, als plötzlich Blut (?) über ein Dia-Bild kleckst, der Ball sich im Wasser dreht, das Mädchen ertrinkt, der Vater zu spät kommt. Einfach bemerkenswert inszeniert. Wie auch die Szenen in Venedig, wo der Film die meiste Zeit lang über spielt. Diese so berühmte Stadt der Romantiker, die hier im Film ganz anders erscheint. Grau, verregnet und sehr unheimlich. Die engen Gassen, die kleinen Brücken, die maroden Häuser - Im genialen Finale extrem schaurig. Wenn Donald Sutherland die kleine Zwergengestalt im roten Mantel durch das nächtliche Venedig verfolgt und schließlich stellt - Der Moment, als sich der "Zwerg" umdreht ist für mich einer der besten Gänsehaut-Effekte aller Zeiten. Und die vielen Schnitte, die kurz darauf folgen - bis hin zur Trauer tragenden Gondel.. Grandios.
Kino:
Anonymer User
5,0
Veröffentlicht am 18. März 2010
Wenn die Gondeln Trauer tragen ist ein bedrückender Horrorthriller von Nicolas Roeg aus dem Jahr 1973, nach einer Vorlage von Daphne Du Maurier (u.a. Die Vögel).



Aufmerksam wurde ich auf Wenn die Gondeln Trauer tragen, als ich verzweifelt nach Filmen suchte, die einem meiner Lieblings-Streifen Rosemaries Baby (Roman Polanski, 1968), über den ich auch noch schreiben werde, ähneln.





John Baxter (Donald Sutherland) ist ein zufriedener Familienvater von zwei Kindern, der einen Auftrag für eine Restaurierung einer Kapelle in Venedig erhalten hat. Als er sich ein Dia der Kapelle anschaut, schüttet er versehentlich Rotwein darauf. Während der Tropfen sich seinen Weg über das Dia bahnt, erfährt John eine schreckliche Vision: Er sieht seine in einem roten Regenmantel bekleidete Tochter ertrinken. Voller Panik stürzt er aus dem Haus, doch er kann die kleine Christine nicht mehr retten. Schnitt.



Der weitere Handlungsstrang spielt in Venedig, das bewusst bedrückend und trist dargestellt wird. Während John mit seinen Restaurierungsarbeiten an der Kapelle beginnt, begegnet seine Frau Laura (Julie Christie) zwei seltsamen alten Damen, von denen eine blind ist und Visionen über Christine hat. Sie wiederholt desöfteren, dass John und Laura Venedig verlassen müssen. Je mehr Laura sich zu den Damen hingezogen fühlt, umso mehr entfremdet sich das Paar, das zuvor noch in einer für damalige Verhältnisse skandalösen Sex-Szene (Kritiker behaupteten, sie sei nicht nur gespielt) als perfekte Einheit präsentiert wurde.



Während John immer wieder denkt die in ihrem roten Regenmantel bekleidete Christine durch die dunklen Gassen huschen zu sehen und knapp einem tödlichen Unfall in der Kapelle entgeht, wird der in England gebliebene Sohn Johnny krank. Laura sorgt sich und reist sofort ab. Obwohl diese schon längst in England sein müsste, sieht John sie zusammen mit den beiden alten Damen in einer Trauergondel vorbeischiffen...



Die Vorzeichen verdichten sich und enden schließlich in einem dramatischen Finale, dessen visuelle Darstellung seinesgleichen in der Filmwelt sucht.



Wer von einem Horrorfilm einen maskierten Messerstecher oder zweistündige Folterszenen erwartet ist bei Wenn die Gondeln Trauer tragen komplett an der falschen Adresse. Das Grauen wird selten greifbar, ist jedoch allgegenwärtig. Keine Figur neben der Familie Baxter schafft es auch nur ansatzweise Vertrauen zu erwecken. Vielmehr wirkt jede noch so kleinste Nebenrolle als Teil einer riesigen Verschwörung, bestärkt durch die grandiose musikalische Untermalung von Pino Donaggio.



Nicolas Roeg arbeitet mit vielen Metaphern, von denen einige erst in der finalen Sequenz ersichtlich werden, sich aber schon durch den ganzen Film ziehen wie ein roter Faden: Zerspringendes Glas, religiöse Symbole, offenes Tor - geschlossenes Tor usw.



Das Leitmotiv stellt die Farbe Rot dar. Neben dem auffälligen roten Mantel der kleinen Christine, sind es die Kleinigkeiten, die erst beim zweiten Mal hinsehen bewusst werden: So rückt beim erscheinen einer Person scheinbar zufällig eine rote Kerze ins Bild und verschwindet Sekunden später wieder, schreiben der Kellner und der Polizist mit einem roten Stift, lieben sich John und Laura auf einer Zeitung mit rotem Titelblatt..



Ich könnte noch stundenlang über dieses Meisterwerk schreiben, jedoch würde ich dann zuviel preisgeben und das Zuschauer-Erlebnis beschneiden.



Wenn die Gondeln Trauer tragen ist ein Kunstwerk.



10/10

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