Die Geschichte von Peter Hyams’ (Unternehmen Capricorn, 2010 - Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnahmen) Horrorfilm „Das Relikt“ scheint immerfort von Gegensätzen geprägt zu sein. Für die einen ein absoluter Geheimtipp des Genres und mit kleineren Auszeichnungen wie dem Stockholm Film and Fantasy Award versehen, ist er für die anderen nur ein B-Movie, das sich wie ein richtiger Blockbuster fühlt. Und ein wenig muss man sowohl den Befürwortern als auch den Gegnern Recht geben, denn ein filmischer Meilenstein ist dieser mitnichten. Wohl aber ein nettes Andenken an die großen Tage des Monsterfilms, das durchaus zu unterhalten weiß.
Ein rätselhaftes Schiff taucht im Hafen von Chicago auf. Der Laderaum ist voller Leichen, die allesamt ziemlich übel zugerichtet wurden. Lieutenant Vincent D’Agosta (Tom Sizemore) und sein Partner Hollingsworth (Clayton Rohner) werden auf den Fall angesetzt. Eine Woche später wird ein Nachtwächter in Chicagos Naturkundemuseum ermordet aufgefunden und D’Agosta entdeckt Parallelen zu den Morden auf dem verlassenen Schiff. Im Museum arbeitet auch die junge Evolutionsbiologin Dr. Margo Green (Penelope Ann Miller). Diese ist auf ein paar rätselhafte Pflanzen aus Südamerika gestoßen ist, die scheinbar sprunghaft ihre DNS verändern können. Als noch weitere Morde geschehen erhärtet sich der Verdacht, dass es sich bei dem Killer um eine neue, noch unbekannte Spezies handelt, die von den Pflanzen angelockt wird und sich rasant weiter entwickeln kann.
Obwohl wir die Gefahr, die von Genmanipulationen ausgehen kann, schon aus Filmen wie Jurassic Park (an den auch einige Szenen des Films erinnern dürften) kennen, kann die Geschichte von Hyams’ Monsterfilm auch abseits von ausgetretenen Horrorpfaden mit einigen netten Ideen überzeugen. Das liegt auch an dem erfolgreichen, gleichnamigen Roman von Douglas J. Preston und Lincoln Child aus dem Jahre 1995. Dieser diente nämlich den vier (!) Drehbuchautoren Amy Holden Jones, John Raffo, Rick Jaffa und Amanda Silver als Vorlage. Zwar wurden einige Dinge verändert und/oder gekürzt, aber der Aufbau bleibt derselbe. Vor allem das Setting in dem Museum sorgt für viel Gruselatmosphäre. Die engen Gänge im Keller, die dunklen, leeren Ausstellungsräume bei Nacht, all das funktioniert gut als Katalysator der Angst.
Auch die restliche Umsetzung ist Hyams recht gut gelungen und man merkt, dass er sein Handwerk solide beherrscht. Zwar sollte man keine Meisterleistung erwarten, aber für die 110 Minuten Horror reicht es allemal und der geschickte Einsatz von Licht und Schatten kann sich sehen lassen. Sehen lassen kann sich auch das computeranimierte Monster, das für eine „nur“ 40 Millionen Dollar teure Produktion ordentlich aussieht. Naturgemäß erscheint das Ungetüm in seiner kompletten Größe erst relativ spät im Film, was aber keineswegs einem dramatischen Spannungsaufbau geschuldet ist. Die Special-Effects-Abteilung hatte sich arg verspätet und das digitale Monstrum war noch nicht fertig, als es aber laut Drehplan schon längst auftauchen sollte. So verzögerte sich sein Auftritt. Auch der Starttermin des Films wurde deswegen um mehrere Monate nach hinten korrigiert.
Die Schauspieler aus dem Museum der Angst sind eigentlich fast alle notorische Nebendarsteller aus Hollywood, wie Tom Sizemore (Heat, Der Soldat James Ryan), der eigentlich immer den harten Mann mit der Knarre mimt. Ihre schauspielerische Leistung mindert das jedoch nicht im Geringsten. Sie alle machen ihre Sache gut, ohne besonders aufzufallen.
Der Film ringt ständig mit sich selbst. Er macht eigentlich nichts wirklich schlecht, aber auch nichts besonders herausragend. So ist die Story spannend und recht originell, kämpft aber auch an kleineren Stellen mit argen Logikfehlern. Auch die Musik ist ganz okay, aber mehr auch nicht. Das Monster wirkt echt cool und gruselig, aber in ein, zwei Einstellungen sieht es dann wieder hoffnungslos dilettantisch animiert aus und man denkt sich: Okay, hier hat jemand an den Special-FX gespart! Außerdem wirken viele Szenen und selbst einige Dialoge wie kopiert aus „Jurassic Park“. Da gibt es dann zum Beispiel folgenden Wortwechsel (sinngemäß):
Technikmann 1: „Oh mein Gott, der verdammte Strom ist aus! Was machen wir jetzt nur?“
Technikmann 2: „Hmm, wir müssen das System herunterfahren und wieder neu booten.“
Technikmann 1: „Aber das geht nur am Hauptstromschalter im Ostflügel und bis dahin ist es über einen Kilometer.“
Einer geht dann doch los und wie es endet, ist klar… Richtig, er wird vom Monster gefressen. Gefressen wird natürlich auch wieder (wie in „Jurassic Park“) der böse Nebencharakter, der einem die ganze Zeit schon auf die Nerven ging und immer die große Klappe hatte. Nicht viel Neues also. Aber wir wollen ja auch nicht alles Altbewährte verteufeln. Wie zum Beispiel ordentliche Schockmomente, kreischende Frauen, viel Blut und abgetrennte Köpfe. Davon gibt es natürlich auch in „Das Relikt“ genug und Gore-Fans kommen voll auf ihre Kosten.
Fazit: „Das Relikt“ ist ein Film, der einem ein wenig Nachsicht abverlangt, denn die guten Seiten werden von den schlechten fast eingeholt. Aber nur fast, denn im Grunde erwartet sie ein grundsolider Monsterstreifen, der nicht nur für Genrefreunde interessant sein dürfte. Und vielleicht erwartet uns ja irgendwann auch noch das Sequel, denn einen zweiten Teil des Romans gibt es schon. „Attic“ heißt das gute Stück und war schon für eine Verfilmung im Gespräch und auch Hyams bekundete sein Interesse an der Regiearbeit.