Mein Konto
    Direct Contact
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Direct Contact
    Von Björn Becher

    Der Zustand der alten B-Movie-Recken ist schon traurig. Sie kommen einfach nicht mehr auf die Beine. Während Chuck Norris offenbar überhaupt keine Filme mehr macht, legt Steven Seagal immer mehr Fett an und kurbelt einen belanglosen Streifen nach dem anderen runter. Dabei bekommt er immer weniger Leinwandzeit und seine Doubles erhalten von Film zu Film immer mehr. Nur zwei der alten Helden machen es ein wenig besser. Jean-Claude Van Damme bewies mit Wake Of Death und Until Death, dass es ab und an auch noch ordentliche B-Movies in die Regale der Videotheken schaffen, und zeigte mit JCVD zudem eine gehörige Portion Selbstironie. Allerdings geben aktuelle Äußerungen sowie das krude Projekt The Eagle Path doch einigen Anlass zur Sorge, dass Van Damme das ganze Lob schon wieder zu Kopf gestiegen ist. Höchst sympathisch bleibt hingegen Dolph Lundgren. Der ließ mit Missionary Man nicht zum ersten Mal durchblicken, dass er auch ein guter Regisseur ist (nur ein missratener Nebenhandlungsstrang verhinderte einen B-Movie-Hit). Außerdem war er als einziger der alten Garde so schlau, Sylvester Stallones Angebot für eine Rolle in The Expendables anzunehmen. „Direct Contact“ ist nun aber leider ein gewaltiger Rückschritt. Lundgren ist zwar körperlich in Form wie eh und je, was ihn aber dazu veranlasst hat, sich den nicht vorhandenen Regiekünsten des umtriebigen Produzenten Danny Lerner (War Inc., The Contract) zu unterwerfen, ist kaum verständlich.

    Der Ex-Special-Forces-Kämpfer Mike Riggins (Dolph Lundgren) sitzt wegen Waffenschmuggel auf dem Balkan im härtesten Gefängnis der Welt. Nachdem er einen Mithäftling verprügelt hat, landet er in Einzelhaft und wird tagein tagaus von den Wächtern aufs Übelste zugerichtet. Doch dann taucht plötzlich ein Mann namens Clive Connolly (Michael Paré) auf, der für die US-Botschaft zu arbeiten vorgibt und ihm einen Deal vorschlägt. Riggins soll seine Freiheit und zusätzlich 200.000 Dollar Salär erhalten, wenn er dafür die Amerikanerin Ana Gale (Gina May) befreit. Die sei von dem Warlord Vlado (Vladimir Vladimirov) und dem sadistischen General Drago (Bashar Rahal, Whiteout) entführt worden und werde nun in deren uneinnehmbarer Festung gefangen gehalten. Für die Ein-Mann-Armee Riggins ist das natürlich kein Problem. Mit reichlich Feuer- und Muskelkraft stürmt er im Alleingang das Lager und haut mit der schönen Ana unterm Arm wieder ab. Doch damit fangen die Probleme erst an. Die angeblich Entführte behauptet steif und fest, freiwillig im Domizil der Balkan-Schlächter gewesen zu sein. Und als langsam auch Riggins dämmert, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt, sind nicht nur Vlado und Drago, sondern auch der zwielichtige Connolly sowie dessen Boss Trent Robbins (James Chalke, The Defender) bereits hinter ihm her...

    „Direct Contact“ tut nichts weiter, als Actionklischees und B-Movie-Versatzstücke aneinanderzureihen. Da ist dann wirklich alles dabei, was man so gewohnt ist: der Einzelkämpfer, der zu Beginn im Knast sitzt, die zwielichtigen Geschäftsleute, die ihn reinlegen wollen, die schöne Frau, die es zu retten gilt - und so weiter und so fort... Regisseur Danny Lerner und sein Autor Les Weldon (Today You Die, Mercenary For Justice) geben sich erst gar keine Mühe, dem Zuschauer so etwas wie Plausibilität oder Kreativität vorzugaukeln. Die einzigen Qualitäten, die „Direct Contact“ trotz des megalangweiligen Zusammenfügens von ausgelutschten Genreelementen interessant hätten gestalten können, sind krachende Action und Hauptdarsteller Dolph Lundgren. Letzterer zeigt von der ersten Minute an vollen Körpereinsatz und beweist, dass er auch mit mehr als 50 Jahren auf dem Buckel noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Das mit der Action hat dafür allerdings nicht ganz so gut hingehauen.

    Regisseur Lerner, dessen Filmographie Graupen wie Der weiße Hai in Venedig oder Raging Sharks - Killer aus der Tiefe ans Tageslicht befördert, ist ein lupenreiner Gar-Nichts-Könner. So viele Anschlussfehler, wie er in seine Produktion einbaut, schafft sonst nur Uwe Boll. Da mutet es wie ein Fingerzeig an, dass Lerner sich mit dem B-Movie-Recken Michael Paré (Alone In The Dark 2, Tunnel Rats, Seed, Crash Landing) einen von Bolls Stammdarstellern ausgeborgt hat. Besonders missraten ist der Schnitt, der über weite Strecken schlicht stümperhaft wirkt. Auszugleichen versucht wird dies mit reichlich Splatter-Effekten. Da spritzt das Blut immer wieder über die ganze Breite des Bildschirms. Lundgren und Lerner zeigen hier keinerlei Scham, was dazu führt, dass in Deutschland die Kauf-DVD nur eine geschnittene Fassung beinhalten wird. Wenn überhaupt, dann sollte der Konsument also unbedingt zur ungekürzten Leih-DVD greifen.

    Dass „Direct Contact“ keine völlige Katastrophe ist, hat der Film neben Hauptdarsteller Dolph Lundgren ein paar zumindest soliden Actionszenen zu verdanken. Zudem bereichert eine Prise unfreiwilliger Humor die Szenerie. Bei den Versuchen, wirklich jedes B-Movie-Klischees zu bedienen, schießen die Macher nämlich ein ums andere Mal übers Ziel hinaus. Besonders vergnüglich ist ein Moment, in dem der Oberbösewicht sich darüber zu informieren versucht, mit wem er es denn da eigentlich zu tun hat (wohlgemerkt erst nachdem (!) man Riggins mit der angeblich so wichtigen Mission betraut hat). Diese Szene kommt in zahlreichen Billig-Actionern vor und dient hauptsächlich dazu, dem Zuschauer mit Phrasen wie „Belobigung hier, Belobigung da“, „super ausgebildeter Einzelkämpfer“, „Experte in den und den Kampfkünsten“ zu vermitteln, was für ein Badass die Hauptfigur eigentlich ist. In „Direct Contact“ blättert der Oberbösewicht nun in wenigen Sekunden durch das Dossier, um dann in etwa festzustellen: „Ex-Marine, Waffenschmuggler, ehrenhaft entlassen, Knast! Scheiße, der Mann ist eine unkontrollierbare Kampfmaschine. Das ist schlimmer als wir je gedacht haben.“ Es bleibt zu hoffen, dass Dolph Lundgren diesen Flop schnell abhakt und den zuvor beschrittenen Weg wieder fortsetzt. Spaßig dreinschauende Projekte wie Command Performance geben immerhin Anlass zur Hoffnung.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top