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    Max Manus
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Max Manus
    Von Jan Hamm

    Es war einmal vor langer Zeit im von Nazideutschland besetzten Europa, als die Resistance die ultimative Waffe gegen Hitler und seine Schergen in Stellung brachte: das Kino. Gegen Pulver und Blei ist Historie immun, sie muss also im Raum des Geschichtenerzählens selbst ausmanövriert werden. Ein gewisser Max Manus hätte Quentin Tarantinos Inglourious Basterds wohl applaudiert. Die Idee, deutsche Besatzer mit sprichwörtlich explosivem Filmgenuss zu versorgen, hatte der norwegische Widerständler nämlich damals schon. Die Geschichte konnte er zwar, anders als Tarantino, nicht umschreiben, wohl aber überlebte er eine außergewöhnliche Guerilla-Laufbahn, der Joachim Rønning und Espen Sandberg (Bandidas) mit „Max Manus“ nun ein filmisches Denkmal setzen. Über ein Viertel der norwegischen Bevölkerung pilgerte bereits in die Lichtspielhäuser – ein beispielloser Rekord am lokalen Box Office. Den psychologischen Tiefgang des dänischen Pendants Tage des Zorns erreicht „Max Manus“ zwar nicht. Wohl aber ist dem Regie-Duo ein episch angehauchter Historienthriller gelungen, dessen superb inszenierte Actionsequenzen schnell vergessen lassen, dass der von Aksel Hennie mit Inbrunst verkörperte Manus stolze 82 Jahre alt werden sollte.

    Gerade vom finnischen Winterkrieg gegen die Sowjets zurückgekehrt, findet sich der Globetrotter Max Manus (Aksel Hennie) in einer von Nazis besetzten Heimat wieder. Die schnelle Kapitulation Norwegens als tiefe Demütigung empfindend schließt sich der Patriot einer losen Untergrundvereinigung junger Männer ohne militärische Erfahrung an und plant fortan Sabotage-Akte in und um Oslo. Einen schottischen Ausbildungsstopp später werden Manus, sein Freund Gregers (Nicolai Cleve Broch, URO) und die durch den Segen des norwegischen Königs aufgepeitschten Widerständler aggressiver - und ziehen damit den Zorn des Gestapo-Offiziers Siegfried Fehmer (Ken Duken, Zweiohrküken) auf sich. Der beantwortet die Anschläge mit grausamen Vergeltungsaktionen und treibt seinen verborgenen Widersacher so Tag für Tag weiter in die Isolation, bis Manus nicht einmal mehr seiner Alliierten-Kontaktperson und Geliebten Tikken (Agnes Kittelsen, Vergebung) vertrauen kann...

    Resistance-Geschichten sind leicht erzählt. Der narrative Knackpunkt jedes Heldenepos nämlich – die eindeutige Sympathiezuweisung – wird zwischen David und Hakenkreuz-Goliath zum Automatismus. Doch so nobel die Motivation auch sein mag: Auch der heroischste Untergrundstreiter muss kaltblütig Kollateralschäden in Kauf nehmen und die Gewaltspirale in Bewegung halten. An der Reflektion dieser ethischen Paradoxie kommt kein Filmemacher vorbei, will er seine Erzählung nicht zur bürgerlichen Wohlfühlfabel verwässern. Einen besonders schonungslosen Zugang hat Ole Christian Madsen mit Tage des Zorns erarbeitet, indem er die dänischen Todesengel Flamme und Citron an ihrem blutigen Handwerk zerbrechen ließ. Die moralischen Untiefen des Widerstandes werden in „Max Manus“ lediglich dann tangiert, wenn die Truppe taktiert: Wird der Tod unbeteiligter Landsmänner in Kauf genommen, um eine Mission sicher und effizient durchzuziehen?

    Dennoch destilliert Drehbuchautor Thomas Nordseth-Tiller aus den autobiographischen Aufzeichnungen Manus’ ein starkes Profil, indem er seine Figur am eigenen Glück verzweifeln lässt. Dabei gelingt ein bemerkenswerter Drahtseilakt: Wie Manus selbst den ausweglosesten Totentanz überlebt, wirkt nicht selten wie ein tiefschwarzer Scherz. Etwa, wenn er einer Sprengstoff-Razzia der Gestapo mit einem beherzten Satz aus dem vierten Stock entwischt, um dann vom Asphalt aufgelesen in ein Krankenhaus gesperrt zu werden, nur um von dort abermals zu entkommen. Immer wieder meldet er sich zum Himmelfahrtskommando, immer wieder geleitet eine zynische Fortuna ihn sicher zurück. Mit seiner Todessehnsucht wächst auch sein Alkoholdurst, bis hin zum von überwältigenden Schuldgefühlen gezeichneten Delirium, in dem er sich in den Kreis der Gefallenen phantasiert.

    Spannend bleibt „Max Manus“ dank der dichten Inszenierung trotz unsterblichem Protagonisten jederzeit. Besonders das Szenario des nächtlichen Osloer Hafens wird voll ausgereizt. Panoramen der Bucht fangen ein Lichter- und Schattenmeer geschäftigen Militärtreibens ein, während Manus’ Team in einer Nussschale zwischen Scheinwerferzirkeln entlangbalanciert und Sprengsätze an einem gewaltigen Kriegsschiff anbringt. Rønning und Sandberg bauen in der Hafenweite eine klaustrophobische Atmosphäre auf, die die Atemlosigkeit der brandgefährlichen Situation perfekt auf die Leinwand übersetzt. In solchen Augenblicken ist dann auch verziehen, dass Manus’ Kameraden kaum entwickelt werden oder Ken Dukens Siegfried schamlos auf den Archetyp des mephistophelischen Nazi-Oberst setzt, statt ihn à la Christoph Waltz in Inglourious Basterds zu dekonstruieren. „Max Manus“ ist eben ein Film, der die Konventionen des Historienthrillers auf hohem Niveau bedient, ohne an ihren Fundamenten zu sägen. Wozu auch? Dafür haben wir ja Tarantino.

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