Nein, diesmal waren es nicht die zu steifen Nippel im Batsuit wie in „Batman & Robin", sondern die oberflächlich anmutende „Gossip Girl"-Atmosphäre der New Yorker Upper East Side, welche die Erwartungen an neuen Film von Joel Schumacher sinken ließen. Aber aufgepasst: Der auf der umjubelten Romanvorlage von Jungautor Nick McDonell basierende „Twelve" ist tiefgründiger, als es die Hochglanzoptik vermuten lässt. Treffend werden hier die Abgründe der verwöhnten Upper-Class-Jugend zwischen Drogen, Party und Exzess zu einem überraschend unterhaltsamen Ensemblestück verdichtet. Allerdings kommt es dabei immer mal wieder vor, dass sich Schumacher im dramaturgischen Zusammenspiel der zahlreichen Episoden etwas verzettelt.
Es ist Spring Break in New York City und die hippen Oberschicht-Teenager begehen die freie Zeit am liebsten mit ausschweifenden Partys. Designerdrogen helfen dabei, für einen Abend aus dem eintönigen, durch Geld und Glamour verseuchten Alltag zu entfliehen. Besonders angesagt ist die Droge „Twelve", eine noch nie dagewesene Kombination aus Ecstasy und Kokain. Nur White Mike (Chace Crawford), der Stammdealer der Upper-Eastside-Jugend, sträubt sich trotz großer Nachfrage gegen den Trend. Der 17-Jährige, der nach dem Tod der Mutter auf die schiefe Bahn geraten ist, führt ein Doppelleben. Für seine Jugendfreundin Molly (Emma Roberts) hält er noch immer die Fassade des netten Typen von nebenan aufrecht, doch spätestens als sein Cousin Charlie (Jeremy Allen White) bei einem Überfall auf „Twelve"-Dealer Lionel (Curtis Jackson) draufgeht und sein bester Freund Hunter (Philip Ettinger) daraufhin unter Mordverdacht gerät, droht die Fassade endgültig zu bröckeln...
Die erbarmungslose-authentische Vorlage erhielt begeisterte Kritiken und wurde darin immer wieder mit „Unter Null" von „American Psycho"-Autor Bret Easton Ellis verglichen. Hinzu kam mit Joel Schumacher ein gestandener Regisseur, auch wenn sein Werk in den vergangenen Jahren (siehe etwa „Blood Creek") sehr verhalten rezipiert wurde. Die Erwartungen der Fans waren also dementsprechend groß. Doch schon mit der ersten Casting-Entscheidung verspielten die Filmemacher gleich wieder etwas von diesem Kredit. Ausgerechnet „Gossip Girl"-Schönling Chace Crawford verkörpert mit seinen 26 Jahren den ganze neun Jahre jüngeren White Mike, obwohl er schon rein körperlich absolut nicht mehr als Teenager durchgeht. Das kostet der Verfilmung ein gutes Stück der Authentizität, die den Roman doch gerade auszeichnet. Zumindest passt Crawford, stets gestylt wie ein männliches Model, abgesehen vom Alter perfekt in die auf Style statt Substanz getrimmte Upper-Eastside-Szenerie.
Mehr Wahrhaftigkeit findet sich hingegen bei den Nebendarstellern. (Ex-)Gangster-Rapper Curtis „50 Cent" Jackson („Get Rich Or Die Tryin´") ist als Brooklyner Drogenboss voll in seinem Element. Auch wenn seine Darstellung – genau wie seine Lyrics – das eine oder andere Klischee zu viel bedient, steht ihm die Rolle. Ebenfalls überzeugend ist Emma Roberts („Valentinstag") als verletzliche Außenseiterin Molly, die nicht nur in White Mike, sondern auch im Publikum Beschützerinstinkte wachrüttelt.
Was die visuelle Umsetzung des Glamours und des Drogensumpfes angeht, poliert Joel Schumacher die düster-verlockende Welt der Reichen und Schönen so sehr auf Hochglanz, dass es einem zunächst schwerfällt Zugang zu finden. Da wirkt der Film statt wie eine Adaption mitunter fast wie eine Parodie des Romans. Allerdings macht diese ironische Haltung gegenüber der Unmoral der Oberschicht eine Menge Laune, so dass sich hier die Authentizität des Romans und der satirische Biss der Verfilmung nicht nur ins Gehege kommen, sondern sich mitunter durchaus ergänzen.
Seine stärkste Phase hat „Twelve", wenn er sich in der zweiten Hälfte langsam zu einem Teenager-Melodram wandelt. Vor allem die Suche der hochbegabten Jessica (Emily Meade), die für ihren nächsten Twelve-Trip alles zu tun bereit ist, und das abgefuckte Verhältnis der Brüder Chris (Rory Culkin) und Claude (Billy Magnussen), die mit der örtlichen wie emotionalen Abwesenheit ihrer Snob-Eltern unterschiedlicher nicht umgehen könnten. Das furiose Finale überrascht schließlich mit einer nicht vorauszuahnenden Konsequenz, die alles Vorangegangene als Ansammlung von Upper-Class-Banalitäten entblößt und in Sachen Intensität locker in die Tasche steckt.
Fazit: Die schlechten US-Kritiken lassen sich zumindest insofern nachvollziehen, als dass Joel Schumachers „Twelve" zwischen authentischem Jugenddrama und bissiger Upeer-Class-Satire tatsächlich nicht ganz rund geworden ist. Zugleich ist es aber auch dieser Widerspruch, der dem Film seinen nicht zu unterschätzenden Unterhaltungswert verleiht.