Seit seinen Auftritten als gequält dreinschauender Vampir Edward in der Twilight-Saga ist Robert Pattinson für Mädchen rund um den Globus der Größte. Quasi über Nacht avancierte er dank dieser Rolle zum Megastar. Zuvor war der Brite einem breiteren Publikum allenfalls als Nebendarsteller aus Harry Potter und der Feuerkelch ein Begriff. Nachdem er bereits Hauptrollen in den Independent-Produktionen How To Be und Little Ashes übernahm, will der bleiche Frauenschwarm nun mit Allen Coulters Drama „Remember Me“ endgültig den Beweis antreten, dass mehr in ihm steckt, als ein zum Gutaussehen verdammter James-Dean-Verschnitt. Doch wer gedacht hat, dass der Schauspieler das Publikum in zwei Lager spalten wird, sollte erst mal auf die finale Auflösung warten, die etliche kontrovers geführte Diskussionen nach sich ziehen wird.
Tyler Hawkins (Robert Pattinson) ist ein sensibler, aber auch zorniger junger Mann, der den Tod seines Bruders vor einigen Jahren noch nicht verarbeitet hat. Sein Vater Charles (Pierce Brosnan), ein erfolgreicher Geschäftsmann, kommt zwar seinen finanziellen Verpflichtungen nach, ist aber praktisch nicht präsent im Leben seines Sohnes und dessen kleiner Schwester Caroline (Ruby Jerins). Als Tyler in eine Schlägerei gerät, überredet ihn sein Kumpel Aidan (Tate Ellington), mit der Tochter des Polizisten (Chris Cooper) anzubandeln, der ihn verhaftet hat. Ally (Emilie de Ravin) studiert genau wie Tyler an der NYU. Langsam kommen sich die beiden näher - und was zumindest auf Tylers Seite als Albernheit begann, entwickelt sich zu einer tiefen Liebesbeziehung, die schließlich jedoch auf eine harte Probe gestellt wird...
Gerade wenn einen der Ruhm über Nacht ereilt, brechen die Schattenseiten des Geschäfts oft noch viel stärker über einem zusammen, als es ohnehin schon der Fall wäre. Was es bedeutet, den Status eines Superstars innezuhaben, erfuhr Robert Pattinson beim Dreh von „Remember Me“ buchstäblich am eigenen Leib. Als in einer Drehpause eine immer größer werdende Menschenmasse auf ihn zukam, flüchtete er kurzerhand vor den Fans über eine Straße. Dabei wurde er von einem vorbeifahrenden Taxi an der Hüfte getroffen. Zwar kam er mit ein paar kleineren Verletzungen davon, doch der Schock saß tief. Willkommen in Hollywood, Herr Pattinson! Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Der Brite ist mit diesem Film langsam, aber sicher nicht nur als Megastar, sondern auch als Schauspieler in der Traumfabrik angekommen.
„WHAT we do is insignificant. It’s important THAT we do it, because nobody else will.”- Mahatma Gandhi
Fast noch größer als Tylers Wut ist seine Angst vor dem, was die Zukunft bringen wird. Der intelligente junge Mann, der immer wieder Mahatma Gandhi zitiert, weiß, dass der geistige Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung bereits mit 23 Jahren Vater von drei Kindern war. Er weiß auch, dass Wolfgang Amadeus Mozart mit 23 schon mehr als 30 Sinfonien komponiert hat. Was Tyler nicht weiß, ist, wo und wie er seinen eigenen Platz in der Welt finden soll. Schließlich steht er kurz vor seinem 22. Geburtstag. Doch nicht nur hinsichtlich seiner immer größer werdenden Unsicherheit beschäftigt ihn dieser Tag. Schließlich nahm sich sein Bruder vor acht Jahren genau in diesem Alter das Leben. Nach und nach entschlüsselt sich Tylers Innenwelt und der Zuschauer beginnt im Verlauf der Geschichte zu verstehen, woher dieser Schmerz kommt, der in fast jeder Szene spürbar in der Luft liegt.
Statt diesen Charakter jedoch zu sehr mit überlebensgroßen Emotionen aufzuladen, erzählt Regisseur Allen Coulter die Figur des zerbrechlichen Rebellen sehr leise und ohne übertriebene Gesten aus. Er lässt seinem Protagonisten Zeit, was dem Ganzen Aufrichtigkeit verleiht. Pattinson verkörpert diesen Charakter souverän und drückt dessen gesamten Weltschmerz mit seinem melancholischen Blick aus. Sicherlich ist dies auch ein Verdienst von Coulter, dem zuvor auch schon in dem Noir-Thriller Die Hollywood-Verschwörung das Kunststück gelang, aus dem früher als Schmalspur-Star verpönten Ben Affleck eine schauspielerische Glanzleistung herauszukitzeln. Zwar ist es um Pattinsons Ruf nicht ganz so schlecht bestellt, doch eine solch imposante Darstellung hätte man auch ihm nicht blindlinks zugetraut.
Überhaupt lässt sich Regisseur Coulter in Sachen Inszenierung keinen Vorwurf machen. Er beherrscht sein Handwerk beeindruckend präzise und weiß meist, wo die Gefahren lauern, zu viel zu erzählen. Stattdessen traut er seinem Publikum eine eigene Denkleistung zu. Viel schwerer fällt da schon die Einordnung der Story. Der Prolog zeigt in sterilen Rückblick-Bildern einen Raubüberfall, der für Allys Mutter tödlich endete. Dass dieses Ereignis jedoch nur Teil eines Nebenstranges ist, wird erst nach und nach deutlich. Man weiß bis zum Schluss nicht so recht, was die Voranstellung dieser Szene eigentlich soll. Vielmehr entsteht dadurch im Nachhinein der Eindruck einer erzählerischen Unentschiedenheit. Wo es Autor Will Fetters bei der Haupthandlung wunderbar gelingt, nur das Nötigste preiszugeben, führt er das Drumherum viel zu breit aus und macht dieses dann auch noch überdeutlich. Obwohl es einem doch viel mehr unter die Haut geht, wenn Tylers Schwester Caroline bei einem Sparziergang durch den Central Park davon erzählt, dass ihr Vater sie einfach nicht leiden kann, hält die Kamera dann leider doch voll drauf, wenn der überfürsorgliche Neil die Hand gegen seine Tochter erhebt und ihr eine saftige Ohrfeige gibt.
Sämtliche Charaktere in „Remember Me“ verbindet der Verlust eines geliebten Menschen, wobei dem Film gegen Ende bezüglich dieses emotionalen Themas allmählich jede Zurückhaltung verloren geht. Allerdings spielt diese Schwäche in Anbetracht des überraschenden Finales plötzlich eh keine Rolle mehr. Diskussionen nach dem Abspann werden sich unweigerlich um die letzten zehn Minuten drehen. Mit diesen steht und fällt der Film. Kurz: Ob einem „Remember Me“ gefällt oder nicht, wird sich hier entscheiden. Man folgt dem Geschehen gebannt bis zur letzten Sekunde, doch dann bleibt immer noch Frage nach dem „Warum“. Denn darüber, ob es dieses Knalls eigentlich zwingend bedarf, lässt sich trefflich streiten. Viele werden in der Auflösung eine tiefere Botschaft entdecken, anderen wiederum eine unnötige thematische Abweichung von dem, was zuvor erzählt wurde.
Der Cast weiß insgesamt zu überzeugen und präsentiert sich als homogene Einheit. Robert Pattinson und Emilie de Ravin (serie,Lost, The Hills Have Eyes) harmonieren vorzüglich. Ihnen gelingt es, ihre tiefe Liebe zueinander glaubhaft auf die Leinwand zu bringen. Auch Pierce Brosnan (Mamma Mia!, Der Ghostwriter) als emotionsloser Workaholic und Oscarpreisträger Chris Cooper (Adaption, Capote) als überfürsorglicher Polizist geben sich mit ihren väterlichen Gegenpol-Rollen nicht die Blöße. Eine echte Entdeckung ist die erst 12-jährige Ruby Jerins (Shutter Island), die ihre Rolle als Tylers hochbegabte Schwester ebenso cool wie abgeklärt runterreißt.
Fazit: „Remember Me“ erzählt eine dramatische Liebesgeschichte fernab von Kitsch und Klischee. Die Konflikte wirken im ersten Teil authentisch und nicht überladen. Erst gegen Ende verliert die Geschichte ihre erzählerische Dichte und wird nach einem leisen Anfang immer lauter, bis sie schließlich mit einem Donnerschlag endet, über den jeder selbst entscheiden muss, ob er die Geschichte auf eine neue Ebene hievt oder sie schlicht kaputtmacht.