Die Opposition von Chaos und Ordnung, von Gut und Böse, ist im Grunde das klassische Hollywoodthema überhaupt. In einer Szene von The Dark Knight erzählt Butler Alfred etwa seinem Schutzbefohlenen Master Wayne, wie er im Krieg festgestellt hat, dass es bestimmte Menschen gibt, die einfach gerne die Welt brennen sehen. Doch beherrschen diese im Krieg freigesetzten destruktiven Energien des Menschen auch den Alltag unserer Welt? In den Anfangsminuten von Stanley Kubricks 2001 – Odyssee im Weltraum erlernen Affen den Gebrauch eines Werkzeugs. Dieses erste Werkzeug, das letztlich die ganze kommende Technologie und zivilisatorische Ordnung repräsentiert, dient ihm zuallererst als Tötungswerkzeug – als Mittel zur Zerstörung seiner Umwelt. Ähnlich lautet nun auch die These des Doku-Dramas „The Age Of Stupid“ von Franny Armstrong. Wenn die Ausbeutung und Zerstörung unserer Umwelt so weiter geht wie bisher, ist die Welt dem Untergang geweiht. Etwas fraglich scheint in diesem Zusammenhang die angestrebte Lösung, die der Film implizit vorschlägt: Wir sollten unsere Vernunft doch einfach vernünftig gebrauchen - nur so ließe sich die Welt noch retten.
Wir schreiben das Jahr 2055. Die Welt ist ein lebensfeindlicher Ort. Las Vegas – im Wüstensand verschwunden. Sydney – ein brennendes Inferno. Geisterstädte wohin das Auge blickt. Einzig in einer unzugänglichen Festung in der inzwischen fast abgetauten Arktis existiert noch ein intaktes Archiv der Menschheit. In diesem haust ein Archivar (Pete Postlethwaite, Die üblichen Verdächtigen). Er verfasst eine Videobotschaft an Aliens, die retrospektiv erklären soll, wie die Welt zugrunde gerichtet wurde. Die Botschaft besteht aus Nachrichtenbildern, Ausschnitten aus Dokumentationen und graphischen Animationen. Alle mit demselben Inhalt: Als das neue Jahrtausend angebrochen war, wurde die Erde von überdurchschnittlich dummen und selbstsüchtigen Menschen bevölkert, die zwar die Gefahr der von ihnen verursachten Umweltprobleme erkannten, jedoch unfähig waren, entsprechend ihrer Einsicht zu handeln…
Um sein Ziel, die Menschen zur Umkehr zu bewegen, erreichen zu können, muss ein Film wie „The Age Of Stupid“ zwangsläufig tendenziös und einseitig angelegt sein. Das heißt im Klartext, dass Gegenstimmen, nach denen es etwa auch natürliche Erwärmungseffekte gäbe, außen vor bleiben müssen. Doch auch darüber hinaus ist der Film weit davon entfernt, seine Sache - wenn auch einseitig - mit objektiven Mitteln darzustellen. Vielmehr besteht die Methode der Filmemacher darin, mit den Ängsten und Schuldgefühlen ihrer Zuschauer Geschäfte zu machen. Stoff für die Mobilmachung solcher Affekte gibt es aktuell ja mehr als genug: die ungleiche Verteilung von Geld, Ausbeutung, Krieg um Öl, Hunger in Afrika - kurz: Leid auf der ganzen Welt, bald auch bei uns.
Leider wird bei dieser Milchmädchenrechnung verkannt, dass die angestrebte Lösung nicht weit von dem entfernt liegt, was die Ursache der meisten Probleme zu sein scheint. Wenn heute tatsächlich das Zeitalter der Dummen wäre, so wäre dies bereits mit dem Beginn der Menschheitsgeschichte eingeläutet worden. Immerhin bestehen alle Errungenschaften der Menschheit darin, aus einem chaotischen Urzustand herauszutreten und eine bestimmte Ordnung zu schaffen. Der Traum eines armen irakischen Jungen, der im Krieg seinen Vater verloren hat, handelt davon, sich eine Villa zu kaufen und viele Sklaven zu haben, die ihn bedienen. Letztlich hat dieser Junge die Lektion der Zivilisation bereits verstanden – die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Das von „The Age Of Stupid“ angebotene Allheilmittel ist eine Utopie, die sich als eine Mischung aus weltweit real praktiziertem Kommunismus und Zen-Buddhismus erweist. Alle Menschen sollten gleich sein und in Einklang und Harmonie mit der Natur leben. Lediglich die guten (?) technologischen Errungenschaften der alten Welt solle man in das neue Zeitalter mit hinübernehmen.
Fazit: Der Konsum von „The Age Of Stupid“ ist ökologisch gut verträglich, schließlich belastete die Produktion der Doku die Umwelt mit gerade einmal 94 Tonnen CO2. In Anbetracht der akuten Missstände, den vermehrten Umweltkatastrophen und Kriegen ist es sicherlich angebracht, zu moralisieren. Doch trotz gewisser Unterhaltungswerte macht es sich „The Age Of Stupid“ im Endeffekt viel zu einfach, um glaubwürdig zu sein.