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    Copykill
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Copykill
    Von Ulrich Behrens

    Ganz anders als Sieben (1995) von David Fincher oder Jonathan Demmes Das Schweigen der Lämmer (1991) erzählt Jon Amiel („Julia und ihre Liebhaber“, 1990; The Core, 2003) von einem Serienkiller, der allerdings noch nicht einmal im Vordergrund der Geschichte steht – ein Killer, dessen Hauptaugemerk auf die möglichst exakte Kopie von Morden gerichtet ist, die andere, berühmte Serienkiller vor ihm begangen haben. Im Zentrum von „Copykill“ stehen zwei Frauen – die auf Serienkiller spezialisierte Psychologin Helen Hudson (Sigourney Weaver) und die FBI-Spezialistin M. J. Monahan (Holly Hunter).

    Hudson hat sich in ihrer Villa verbarrikadiert. Sie trinkt zu viel, nimmt Tabletten in rauen Mengen und hat das Haus seit 13 Monaten nicht verlassen. Sie leidet an Platzangst. Sobald sie nur vor die Wohnungstür geht, wird ihr schwindlig. Nach einem Vortrag über Serienkiller war sie auf der Toilette des Gebäudes, in dem sie den Vortrag gehalten hatte, trotz Polizeischutz von Daryll Lee Cullum (Harry Connick Jr.) misshandelt worden. Hudson überlebte, Cullum wurde verurteilt. Aber Helen war nicht mehr fähig, ihrem Beruf nachzugehen, und lebt seit dem Überfall abgeschottet wie in einem Bunker. Der einzige Kontakt zur Außenwelt ist Andy (John Rothman), ein Schwuler, der sich rührend um sie kümmert.

    FBI-Agentin M. J. Monahan und ihr Kollege Ruben Goetz (Dermot Mulroney) finden die Leiche einer Frau, die in der Badewanne mit einem Seidenstrumpf erdrosselt und vorher gefoltert worden war. Alles deutet auf einen Serienkiller, der seine Taten en detail denen „großer Vorbilder“ nachempfindet – das jedenfalls meint Helen Hudson, die mehrfach bei der Polizei anruft, bis Monahan und Goetz bei ihr auftauchen, um sie um Hilfe bei der Fahndung zu bitten. Helen ist unentschlossen, sie hat Angst, spürt jedoch gleichzeitig das Verlangen, den Täter zu identifizieren.

    Monahan erkennt, dass Helen der Polizei die entscheidenden Hinweise geben könnte, und lässt – trotz des anfänglichen Widerstands ihres Vorgesetzten Lt. Quinn (J. E. Freeman) – nicht locker, um Helen immer wieder zu involvieren. Der Serienkiller auf der anderen Seite ist auch nicht untätig und meldet sich plötzlich auf dem PC von Helen. Woher weiß er, dass sie in die Ermittlungen einbezogen wurde? Helen muss befürchten, selbst Zielscheibe des Wahnsinnigen zu werden ...

    Amiel arbeitet ohne doppelten Boden, ohne den großen Unbekannten – denn die Identität des Täters wird dem Publikum schon bald serviert –, und vor allem arbeitet er mit zwei Hauptdarstellerinnen, die ihr Bestes geben, um zum Gelingen dieses Thrillers beizutragen. Holly Hunter spielt eine äußerst selbstbewusste FBI-Agentin, die weiß, was sie will, und ein Gespür dafür entwickelt, wo und mit wem (Helen) sie nach dem Täter suchen muss. Sigourney Weaver liefert wohl eine ihrer besten Leistungen als ehemalige Psychologin, die sich nur durch Tabletten und Alkohol „auf den Beinen halten“ kann, bis sie sich innerlich entscheiden kann, den Kampf gegen einen Serienkiller nochmals durchzustehen.

    Die Einengung des Bewegungsradius von Helen ist ein entscheidendes Moment, das dem Film extreme Spannung verschafft. Der Täter weiß, dass sie das Haus nicht verlassen kann. Beide Killer, die in dem Film auftauchen, sind Weiße zwischen 20 und 35, ganz „normale“ Männer aus einer „normalen“ Mittelschicht, die keine Skrupel und kein Gewissen kennen und deren Opfer immer weiße Frauen sind. Sie sind hochintelligent, raffiniert, mit allen Wassern gewaschen, wenn es um ihr Ziel geht, ein Opfer nach dem anderen auszusuchen.

    Die Atmosphäre des Films ist stimmig, der Nervenkitzel angemessen groß, etwa in den Szenen, in denen sich der Killer im Haus der Hudson aufhält, und auch in der Schlussszene. Nichts für schwache Nerven also. Männer stehen im Hintergrund dieses Thrillers, alles ist zentriert auf die Beziehung zwischen Helen und M. J. Die Nebenhandlungen – etwa das eifersüchtige Verhalten von Monahans Kollegen Nicoletti (Will Patton), mit dem sie eine Beziehung hatte, gegenüber Ruben Goetz – empfand ich nicht als störend, wie dies bei anderen Filmen oft der Fall ist. Amiel begeht auch nicht den Fehler, die Handlung aus dem Rahmen fallen zu lassen: Der Plot ist schlüssig aufgebaut, das Verhalten der Beteiligten logisch und konsequent.

    Neben „Se7en“ und „Das Schweigen der Lämmer“ oder auch Blutmond (1986) von Michael Mann kann sich „Copykill“ durchaus sehen lassen. Im Vordergrund stehen nicht die Morde oder geplanten Morde selbst, sondern die Atmosphäre der Angst, die Möglichkeiten, diese Angst zu bekämpfen und die beiden Frauen, die, wie gesagt, von Sigourney Weaver und Holly Hunter (Das Piano, 1993) exzellent gespielt werden.

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