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    Black Dynamite
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Black Dynamite
    Von Florian Koch

    Die Parodie war schon immer ein aussagekräftiger Prüfstein für die Qualität eines Filmjahrgangs. Wie oft wurden Klassiker wie Krieg der Sterne oder 2001 – Odyssee im Weltraum durch den Kakao gezogen. Diese Filmgeschichte schreibenden Werke vereint, dass sie im Verballhornungsgenre keiner Verjährungsfrist unterworfen sind. Wie zum Beweis zitierte das Zeichentrickabenteuer Mullewapp unlängst den legendären BMX-Fahrradflug aus E.T. – der Außerirdische. Und auch hier gilt das Credo: Umso hochwertiger und einprägsamer die zu parodierenden Originalszene, umso besser und witziger ist meist auch die Persiflage. Folgt man diesem Kriterium, wirft das kein gutes Licht auf den Filmausschuss der letzten Jahre. Denn Spoof-Comedies wie die ab dem zweiten Teil unsägliche Scary Movie-Reihe oder das schaurig-schlechte Date Movie vergrätzten mit ihren plumpen und dümmlichen Anspielungen selbst härteste Filmparodie-Fans. Der junge farbige Regisseur Scott Sanders („The Last Bandit“) erkannte das Dilemma des Spoof-Comedy-Genres. Mit seiner köstlichen Komödie „Black Dynamite“ schlägt er deshalb eine gänzlich neue/alte Richtung ein. Seine formal und inhaltlich stimmige Persiflage verschließt die Augen vor dem Filmoutput der Gegenwart. Konsequent bedient sich Sanders in „Black Dynamite“ aus dem Fundus der Blaxploitation, die ihre Hochzeit Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre erlebte. In jeder Szene merkt man dem Filmemacher die Liebe zu den Charakteren, dem Kleidungsstil und den irrwitzigen Handlungssträngen der damals hippen B-Pictures an.

    Im Zentrum des Geschehens steht ein Mann, bei dessen Coolness selbst Shaft weiche Knie bekommen würde: „Black Dynamite“ (Michael Jai White, „Spawn“), ein ultra lässiger Schnüffler und gleichzeitig traumatisierter Vietnamkriegsveteran, der selbst bei acht Frauen in seinem Bett nicht den Überblick verliert. Doch die Untaten von „The Man“ lassen auch ihn nicht kalt. Der Gangster vertickt Drogen an Waisenhauskinder und sorgt mit seinem gepanschten Gesöff dafür, dass Dynamites Freunden die Manneskraft abhanden kommt. Das Fass zum Überlaufen bringt der Gauner, als er auch noch Blacks Bruder Jimmy umbringt. Dynamite macht sich auf die Suche nach dem Mörder und deckt - wie könnte es auch anders sein - eine gewaltige Verschwörung auf, in die auch der hinterlistige Dr. Wu (Roger Yuan) und ein gewisser „Tricky Dick“ alias Richard Nixon (James McManus) verstrickt sind...

    Ein Film wie „Black Dynamite“ steht und fällt mit dem Hauptdarsteller. Mit dem weitgehend unbekannten Michael Jai White ist Regisseur Scott Sanders ein wahrer Glücksgriff gelungen. White vereint vortrefflich die Qualitäten der drei Blaxploitation-Vorbilder Jim Brown (Das dreckige Dutzend), Fred Williamson („M*A*S*H“) und Martial-Arts-Ikone Jim Kelly („Enter The Dragon”). Der charismatische und körperlich ungemein präsente White versteht sich dank genau getimter Posergestik und von Pathos bebender Singsang-Stimme auf das Blaxploitation-Parodiespiel und wirkt, als wäre er aus den 70er Jahren direkt ins heutige Kinozeitalter gebeamt worden.

    Hier geht's zum vollständigen Programm des FantasyFilmFest 2009.

    Aber auch Sanders’ Inszenierung weiß bis auf ein paar wenige Geschwätzigkeiten und Längen im zweiten Filmdrittel zu überzeugen. Seine phasenweise irrsinnig-komische Hommage an die trashig-kultigen afroamerikanischen Billigfilme der 70er Jahre funktioniert zwar auch ohne Kenntnis des Genres, aber wer Coffy, „Foxy Brown“ und natürlich „Shaft“ nicht nur vom Hörensagen kennt, hat in vielen Sequenzen die Lacher auf seiner Seite. Ob schmierige Mafia-Knallchargen, willige Puffmütter, barbusige Babes mit Riesenafros, dauerquasselnde Möchtegerngangster oder überdrehte chinesische Kung-Fu-Kämpfer: Zum Vergnügen des Zuschauers lässt Sanders kein Figurenklischee aus.

    Natürlich ist die dünne Handlung von „Black Dynamite“ gewollt sinnfrei und nur Vorwand für eine Nonstop ablaufende Gagmaschine, die sich dann und wann leider auch in retardierten Albernheiten verliert. Dieses Konzept der bewussten Lächerlichkeit deckt sich aber mit dem Einsatz der Filmtechnik, die sich komplett an den charmanten Fehlleistungen der 70er Jahre Blaxploitation-Streifen orientiert. Krude Jump-Cuts, falsche Anschlüsse, hektische Zooms, unpassende Rückblicke, unscharfes Bildmaterial und Explosionswiederholungen (von Sanders aus Budgetgründen tatsächlich aus anderen Filmen eingekauft): „Black Dynamite“ lässt selbstironisch keine Filmlappalie aus. Am besten gelingt Sanders dieser etwas andere Blick zurück in der Szene, als Dynamite statt zu handeln mit einer seiner zahlreichen, pathetischen Ansprachen beginnen will, ihn aber eine ständig im Bild hängende Tonangel zum verzweifelten Kampf mit dem Text herausfordert.

    Abgerundet wird die bis auf wenige Redundanzen ungemein kurzweilige Spoof-Comedy durch peinlich-sinnfreie Dialoge, schräge Bluescreen-Verfolgungsjagden, bei denen auch schon mal rechts die Gegner umfallen, wenn Dynamite eigentlich nach links schießt, und einen coolen Retro-Funksoundtrack, der an beste Isaac-Hayes- und Curtis-Mayfield-Zeiten erinnert.

    Fazit: „Black Dynamite“ wurde beim Sundance Filmfestival und beim Münchner Filmfest vom Publikum mit Ovationen gefeiert. Und das zu Recht. Regisseur Scott Sanders ist bis auf wenige Längen und Wiederholungen in der zweiten Hälfte eine ungemein witzige Hommage an das fast vergessene Blaxploitation-Kino der 70er Jahre gelungen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die gleichsam lässige wie abgefahren authentische Persiflage (US-Start: 9. September 2009) den Weg auch in die deutschen Kinos findet. Zumindest im Rahmen des FantasyFilmFests ist der Film aber auch hierzulande auf der großen Leinwand zu sehen.

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