Liebesfilme sind eine kitzelige Angelegenheit. Auf der einen Seite dürfen sie nicht zu seicht sein, da sie ansonsten dazu tendieren, auf Rosamunde-Pilcher-Niveau abzugleiten. Auf der anderen Seite dürfen sie auch nicht zu schwer und gehaltvoll ausfallen, da sonst allzu leicht die Grenzen zum Drama und zur Tragödie überschritten werden. Was liegt da näher, als gleich eine ganze Reihe von Liebesanekdoten zu erzählen, so dass für jeden etwas dabei ist? Das muss sich auch Regisseur Robert Benton („Krarmer gegen Kramer“, „Billy Bathgate“, Der menschliche Makel) gedacht haben, als er den Roman „The Feast of Love“ von Charles Baxter zu seinem episodischen Leinwandreigen „Zauber der Liebe“ verarbeitete. Zusammen mit einer erheblichen Anzahl hochkarätiger Schauspieler sollte das doch zu einem guten Ergebnis führen. Sollte man zumindest meinen…
Harry Stevenson (Morgan Freeman, The Dark Knight) ist Philosophie-Professor in Portland. Allerdings ist er seit längerem beurlaubt, wobei der Grund hierfür zunächst im Dunkeln bleibt. Die unfreiwillige Arbeitspause nutzt der Müßiggänger, um immer mal wieder im Coffee-Shop von Bradley Smith (Greg Kinnear, Little Miss Sunshine) vorbeizuschauen. Dabei bemerkt er Dinge, die anderen nicht so schnell auffallen. Insbesondere in Herzensangelegenheiten ist Harry ein scharfer Beobachter. Er ist der erste, der feststellt, dass sich Bradleys Frau Kathryn (Selma Blair, „Eiskalte Engel“) in jemand anderen verliebt hat, noch dazu in eine Frau. Und Harry ist auch Zeuge, als Bradleys Angestellter Oscar (Toby Hemingway), ein Ex-Junkie, das Herz von Chloe (Alexa Davalos) erobert, obwohl ihre Beziehung unter keinem guten Stern steht. Diese und andere Liebesgeschichten finden in der unmittelbaren Umgebung von Harry Stevenson statt und es kommt zu etlichen Verwicklungen, bis sich endlich herausstellt, welcher Deckel nun auf welchen Topf gehört…
Klingt doch ganz beschwingt, oder? Ist es aber leider nicht. Regisseur Benton kann sich nämlich nicht entscheiden, ob er den Stoff als Komödie, Tragödie, Drama oder schlicht als Liebesgeschichte behandeln möchte. Für eine Komödie ist der Film, obwohl er den einen oder anderen amüsanten Moment aufweist, einfach nicht witzig genug. Für ein Drama fehlt es an der notwendigen Entwicklung der Figuren, für eine Tragödie geht der Film nicht genug zu Herzen und für einen Liebesreigen bleiben die Personen zu flach, um unser Interesse zu wecken. Anders ausgedrückt: Der Film ist langweilig.
Besonders bedauerlich ist, dass Benton seine Darstellerriege nicht nur typengerecht, sondern geradezu klischeehaft besetzt hat. Jeder einzelne der Stars war in einer ähnlichen Rolle schon einmal zu sehen – nur eben besser. Morgan Freeman gibt den väterlichen Mittelpunkt, ohne dass etwas Besonderes in Bezug auf seine Geschichte oder seine Performance im Gedächtnis bleiben würde. Greg Kinnear ist ebenso beziehungsblind wie in E-Mail für Dich. Selma Blair spielt so verhuscht, wie wir es aus Hellboy gewohnt sind. Und besonders ärgerlich ist, dass Benton mit dem alten Haudegen Fred Ward (Der Stoff, aus dem die Helden sind) nichts anderes anzufangen weiß, als aus ihm einen übellaunigen Säufer ohne jede weitere Facette zu machen.
Der Film lässt seine Figuren nichts lernen, sie entwickeln sich nicht und bleiben damit Abziehbilder. Besonders deutlich wird dies bei Kinnears Charakter, der nicht nur eine, sondern gleich mehrere Beziehungen durchmacht. Wachsen tut er allerdings nicht, seine wahre Liebe wird ihm schlussendlich praktisch in den Schoß geworfen. Ebenso unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen wirkt das Schicksal des Ex-Junkies Oscar. Gleiches gilt für die Art und Weise, mit der Freemans Figur seinen eigenen privaten Verlust schließlich überwindet. Statt scharfer Charakterzeichnungen nebst zugehöriger -entwicklung würzt Benton das Ganze mit mehr oder weniger freizügigen Darstellungen vom nachmittäglichen Ehebruch bis hin zum privat gedrehten und zum Verkauf bestimmten Sexvideo. Benton will dem Zuschauer offenbar weismachen, dass es in der Welt dieses Films nur die Liebe auf den ersten Blick gibt. Die Charaktere verlieben sich praktisch im Zehn-Minuten-Takt. Da hätte das Thema erheblich mehr hergegeben.
Fazit: „Zauber der Liebe“ steht nach dem Kino-Flop in den USA (Einspiel: 3,5 Millionen Dollar) in Deutschland insgesamt also völlig zu Recht als reine Direct-to-DVD-Premiere in den Läden. Wie man viel besser mit dem Thema umgeht, hat uns der tolle Tatsächlich Liebe gezeigt, der auch beim wiederholten Ansehen mehr bewegt, als „Zauber der Liebe“ beim ersten.