Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat Deutschland zwar wie alle anderen Nationen Ende 2008 massiv getroffen, aber kaum eine vergleichbare Volkswirtschaft erholte sich so prächtig von dieser existenziellen Bedrohung wie die Bundesrepublik. Für die USA kann dies bei weitem nicht gelten. Das Land wurde überrumpelt; der Plan der Regierung Obama, das Krisenloch mit Tonnen von Dollar zuzubetonieren, funktionierte nur sehr bedingt. Die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie lange nicht mehr und ein Aufschwung einfach nicht in Sicht. In diesem Klima etabliert Produzent John Wells („Emergency Room", „The West Wing") bei seinem Kino-Regiedebüt „The Company Men" ein berührendes Drama um den Abstieg eines Besserverdiener-Trios im Zug der Finanzkrise – und erzählt darüber feinfühlig von der Befindlichkeit einer gebeulten Nation.
Der smarte Bobby Walker (Ben Affleck) lebt den amerikanischen Traum: Er verdient als leitender Angestellter bei einem Bostoner Schiffsbauer ein Heidengeld, hat eine nette Frau (Rosemarie DeWitt), gut geratene Kinder und fährt einen Porsche. Doch das beschauliche Leben in einem Vorort der Ostküsten-Metropole wird erschüttert, als Walker, der sich auf dem Weg zum CEO sieht, aus heiterem Himmel gefeuert wird. Nicht besser ergeht es seinen befreundeten hochrangigen Kollegen Gene McClary (Tommy Lee Jones) und Phil Woodward (Chris Cooper), die ebenfalls dem Rationalisierungsprozess des 60.000 Mann starken Konzerns zum Opfer fallen. Jeder geht anders mit der schwierigen Situation um. Walker fühlt sich im Kreise der Familie als Arbeitsloser nutzlos und schliddert in eine Ehekrise. Während McClary versucht, seinen Optimismus zu behalten, stürzt Woodward kopfüber in die emotionale Krise. Als Walkers Schwager Jack Dolan (Kevin Costner) ihm einen Aushilfsjob als Zimmermann in dessen kleiner Firma anbietet, lehnt er zunächst dankend ab...
Wie Leid kann einem jemand tun, der von der weltweiten Wirtschaftskrise derart umgehauen wird, dass er nicht nur seinen lukrativen Job verliert, sondern gleich noch den teuren Porsche gegen einen Normalo-Wagen eintauschen muss? Auf dem Papier wohl nicht sehr viel. Deshalb ist es ein Verdienst von Regisseur John Wells, dass dem Publikum die Figuren des oberen Managements in „The Company Men" dennoch zu Herzen gehen. Der von Ben Affleck wunderbar zurückhaltend gespielte Familienvater Bobby Walker hat ein schweres Päckchen an der persönlichen Niederlage zu tragen, ganz weit oben auf der Entlassungsliste seiner Firma gelandet zu sein, hielt sich der Manager doch für unantastbar. Seinen Kampf gegen den stetig wachsenden Minderwertigkeitskomplex gegenüber seiner Familie inszeniert John Wells in ruhigem, sachlichem Ton und ohne Effekthascherei. Die intensiven Szenen mit Filmehefrau Rosemarie DeWitt bilden dabei das emotionale Zentrum des Dramas.
Aber auch das Zusammenwirken des ewig unterschätzten Affleck mit Kevin Costner, der als dessen ungeliebter Schwager brilliert, zeichnet „The Company Men" aus. Costner liefert eine feine Charakterdarstellung ab, mit der er sich durchaus für eine Oscar-Nominierung qualifiziert. Sein Jack Dolan legt eine nicht unwesentliche Arroganz und Selbstgefälligkeit gegenüber Bobby an den Tag, hat aber so viel familiäres Verantwortungsbewusstsein, dem taumelnden Verwandten dennoch seine Hilfe anzubieten. Für die zwei weiteren Hauptcharaktere verwendet Regisseur Wells zwar weniger Mühe und Aufwand, aber es ist dem Spiel Tommy Lee Jones zu verdanken, dass auch hier Anteil genommen wird. Sein Gene McClary repräsentiert den Optimisten, der trotz schmerzhaften Jobverlusts immer an die zweite Chance selbst im fortgeschrittenen Alter glaubt, während Chris Cooper als geschasster Phil Woodward den absoluten Gegenpol bildet und nur noch Rot sieht.
Cooper läuft wie ein geprügelter Hund durch den Film, ohne Hoffnung auf Besserung. In einer Szene rückt Woodward vor dem Firmengelände an und wirft Steine in Richtung des Gebäudes – das ist Ausdruck der totalen Frustration, Wertlosigkeit und schließlich auch Resignation. Wells hätte jedoch gut daran getan, seine Schar an Nebenfiguren etwas auszudünnen, um den drei zentralen Charakteren noch mehr Raum zu gewähren. Die vielen Nebenschauplätze liefern zwar das stimmige Umfeld, rauben aber mitunter ein wenig die Konzentration auf Affleck, Jones und Cooper. „The Company Men" ist kein weinerliches Rührstück, was es bei der Thematik leicht hätte werden können. Dennoch spart der Regisseur nicht mit Pathos, aber zum Glück an den richtigen Stellen und ohne dass sein Drama dabei aus dem Gleichgewicht kippt. Dazu trägt aber auch eine seichte Prise Humor bei, die die Reflexion über das Verhältnis von Leben und Arbeit auszeichnet.
Kinodebütant John Wells rückt der Wirtschafts- und Finanzkrise auf den Pelz, betritt mit „The Company Men" aber sicherlich kein filmisches Neuland. Dennoch überzeugt der Regisseur mit seinem fein temperierten Drama dank guter Darsteller, einem klugen Drehbuch und dem richtigen Erzählton. Seine zurückgenommene Schilderung der neuen amerikanischen Realität zu Zeiten der großen Krise ist ein Gegenentwurf zu JC Chandors thematisch ähnlich angelegtem, auf der Berlinale 2011 gelaufenem Dialog-Feuerwerk „Margin Call" – beide Ansätze wurden jeweils von fähigen Filmemachern umgesetzt und ergänzen sich ausgezeichnet.