„Die Sendung mit der Maus“ – eines der Aushängeschilder des öffentlich-rechtlichen Fernsehens schlechthin. Seit mehr als 35 Jahren bekommen die Kleinen hier für eine halbe Stunde, angereichert mit amüsanten Trickfilmen, die Welt erklärt. Seit 2005 ist auch „Ein Fall für Freunde“ ein Teil der Sendung. Die liebevoll gezeichnete Serie spielt auf dem menschenleeren Bauernhof Mullewapp, dessen von Freundschaft und Miteinander geprägte Idylle nur hin und wieder von einem hungrigen Fuchs gestört wird. Natürlich gelingt es den Bewohnern stets, den Störenfried rechtzeitig in die Flucht zu schlagen. Nun bekommen „die Freund“ ihr erstes Kinoabenteuer spendiert: In „Mullewapp“ von Tony Loeser wird die Vorgeschichte erzählt – also wie das Schwein Waldemar, der Draufgänger Johnny Mauser und Franz von Hahn überhaupt zu Freunden wurden. Die sympathische Geschichte steckt voller Witz und kindgerechter Spannung – und verhilft so dem klassischen, handgemachten Zeichentrick zu einem kleinen Comeback.
Innerhalb der Zäune des Bauernhofs Mullewapp herrscht Friede, Freude, Eierkuchen. Die geschäftigen Hennen, die herumtobenden Küken, das dicke Schwein Waldemar (Stimme: Joachim Król), das neugierige Lämmchen Wolke (Maxi Häcke), der greise Hund Bello (Gerd Kilbinger) und der Gockel vom Dienst Franz von Hahn (Christoph Maria Herbst) – sie alle leben friedlich in ihrer roten Scheune und abends gehen sie gemeinsam ins Fahrradkino – ein dynamobetriebenes Schattentheater. Als der erfolglose Schauspieler Johnny Mauser (Benno Fürmann) auf der Farm übernachtet, findet er endlich die Bühne, nach der er schon so lange gesucht hat. Mit seinen Lügengeschichten von in die Flucht geschlagenen Piratenhorden nimmt er die arglose Tierschar im Sturm für sich ein. Doch das Aufplustern holt den Aufschneider bald ein: Als Wolke von einem bösen Wolf entführt wird, erwarten die anderen Tiere, dass Jimmy das arme Lamm zu ihnen zurückbringt. Am liebsten würde der angeberische Mäusewicht ja das Weite suchen, aber Waldemar und Franz von Hahn geben ihm Geleitschutz…
Der Kinderbuchautor Helme Heine schreibt und zeichnet seine Geschichten in seinem Haus in Neuseeland – hoch über der See. Erstmals tauchte der friedliche Bauernhof Mullewapp mit seinen ausschließlich tierischen Bewohnern 1982 in dem Buch „Freunde“ auf. Ab 2005 folgte dann die TV-Serie „Ein Fall für Freunde“. Da diese noch echte Handarbeit ist, entschieden sich die Macher um Regisseur Tony Loeser dafür, auch beim Kinofilm auf 3D-Animationen weitestmöglich zu verzichten. Damit kehrt der klassische Zeichentrick nun wieder auf die Leinwand zurück: Die von Hand gezeichneten Figuren agieren vor liebevoll gemalten Hintergründen. Die Wahl, sich am Look der Buchvorlage zu orientieren und auf gezwungene Modernisierungen zu verzichten, war auf jeden Fall richtig: Auch wenn der Begriff „Maus“ heutzutage wohl weit häufiger mit einem technischen als mit einem tierischen Sinn belegt ist, gibt es nur wenige 3D-Charaktere, die der 2D-Maus Johnny Mauser in Sachen Charme auch nur ansatzweise das Wasser reichen können.
Obgleich jedem Erwachsenen der Ausgang der Geschichte ab der ersten Einstellung klar ist, punktet „Mullewapp“ mit einer abwechslungsreichen, spannenden Reise durch die Welt jenseits des schützenden Gartenzauns. Das liegt vor allem an den gut ausgearbeiteten Charakteren, die neben der klassischen Gut-Böse-Einteilung auch noch mit allerlei kuriosen Eigenschaften daherkommen. Der böse Wolf wäre etwa gerne ein Meisterkoch mit guten Manieren und allem was dazu – aber wenn er ein Stück Fleisch sieht, verwandelt er sich doch augenblicklich wieder in ein wildes Tier.
Auf überflüssige Nebenhandlungen wird glücklicherweise verzichtet. Deshalb überzeugt „Mullewapp“ mit einer stringent erzählten Geschichte, die niemals Langeweile aufkommen lässt. Zwar hält der Film für ältere Semester weniger erwachsenenfreundlichen Witz als etwa die Pixar-Animationen (Ratatouille, Wall-E, Oben) bereit. Aber das sollte Eltern keinesfalls davon abhalten, mit ihren Kindern ins Kino zu gehen – in Zeiten, in denen Familienunterhaltung wie „Harry Potter“ eigentlich ab 16 Jahren freigegeben werden sollte, ist ein Film, der sich voll und ganz auf die Zielgruppe von vier bis sieben Jahren einlässt, ein seltenes Gut.