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    Niko - Ein Rentier hebt ab
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Niko - Ein Rentier hebt ab
    Von Andreas R. Becker

    Es muss nicht immer Disney sein, ganz im Gegenteil. Die finnisch-deutsch-dänisch-irische Co-Produktion „Niko – Ein Rentier hebt ab“ kann in Sachen Produktionswerten zwar nicht mit ihren amerikanischen Vorbildern mithalten, was sich vorrangig auf die Optik und das Drehbuch auswirkt. Dennoch darf sich die klassisch-kitschige 3D-Weihnachtsanimation aus den Rechnern eines erfahrenen Trickfilmmacherstabs sehen lassen. Hier wurde nicht versucht, mit Gewalt das Rad neu zu erfinden. Stattdessen setzen die Macher überwiegend auf altbewährte, aber liebevoll inszenierte Schneerutsch-Action, kindgerechten Slapstick und ebensolche Dialoge. Das weitgehend archetypische Charakterdesign hält wenig Unvorhersehbares bereit, was sich von der überraschend modernen Moral von der Geschicht‘ wiederum nicht behaupten lässt: Während Disney mit stetig wiederkehrenden Stereotypen reaktionäre Familienideale zu zementieren versucht, erweist sich die Geschichte um das kleine Rentier Niko als angenehm zeitgemäß und tolerant gegenüber Patchwork-Konstellationen. Deshalb hat sich die Fabel über das Erwachsenwerden das Prädikat „pädagogisch wertvoll“ auch absolut verdient.

    Der Rentierjunge Niko lebt mit seiner Mutter und der Herde in einem verschneiten Tal. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, ist dieser doch angeblich ein Mitglied der fliegenden Truppe des Weihnachtsmanns. Diese unternimmt mit dem Schlitten immer wieder waghalsige Probeflüge durch die Wolken, bis mit dem Heiligen Abend endlich der große Auftritt naht. Die Fähigkeit zu fliegen wird genetisch von Rentier zu Rentier weitergegeben, weshalb Niko fleißig, aber erfolglos übt. Sein Mentor und Begleiter, das Flughörnchen Julius, ist dabei stets an seiner Seite. Als Niko bei einer Flugübung leichtsinnig den Ort der Herde preisgibt, müssen die Rentiere vor hungrigen Wölfen aus ihrem Heimattal fliehen. Weil ihn die eigenen Schuldgefühle sowie der Unmut und die Verachtung der anderen erdrücken, verlässt Niko die Herde, um mit seinem treuen Freund Julius nach seinem Vater und dem geheimen Land des Weihnachtsmanns zu suchen. Auf ihrer Reise treffen die beiden das Wiesel-Mädchen Wilma. Zusammen überwindet das tierische Trio allerlei Fallen und Gefahren, bevor es am Zielort eine ziemliche Überraschung erlebt...

    Während klassisch-zweidimensionale Animationsfilme aus ihrer Künstlichkeit keinen Hehl machen (können), sieht dies bei 3D-Animationen schon etwas anders aus. Der Weg von Toy Story bis Shrek 3 zeichnet sich vor allem durch ein zunehmendes Maß an Detailtreue in der Abbildung von Bewegungen, aber auch von unebenen Strukturen wie Haaren und Fellen aus. Hinter dem von US-Produktionen erreichten Standard muss „Niko“ budgetbedingt einfach zurückfallen: Manche Geste, mancher Schritt und mancher Bildhintergrund wirken unbeabsichtigt artifiziell. Ähnliches gilt für den einen oder anderen Dialog. Für das junge Zielpublikums wird dies aber wohl eh nur eine untergeordnete Rolle spielen. Im Vordergrund steht eine klassische Heldenreise, die das Erwachsenwerden in den Mittelpunkt rückt. Dass „Niko“ das Herzblut aller am Film Beteiligten in sich vereint, ist zu spüren und macht die finanziellen Defizite zumindest teilweise wieder wett. Neben Rentier Niko und Flughörnchen Julius macht vor allem die quirlige Wilma eine Menge Spaß und mit ihren flink-filigranen Bewegungen und einer selbstbestimmt-burlesken Form moderner Wiesel-Weiblichkeit zudem eine gute Figur. Sie und die poppig-pinke Pudeldame Essie sind es, die den kindgerechten Reigen der Archetypen etwas auflockern und so für die großen Zuschauer noch etwas Pfiff und Finesse hinzufügen. Zu den Bonbons für erwachsene TV- und Kino-Junkies zählen außerdem kleine Hommagen an „Die Simpsons“ und „Star Trek“ respektive „Space Balls“.

    Fazit: Verpackt in anheimelnde Bilder von Schnee und Eis ist diese Weihnachtsgeschichte ein durchaus empfehlenswerter, harmloser Familienspaß. Der Film bietet zwar kein Übermaß an Originalität, wartet dafür aber mit einer begrüßenswert-zeitgemäßen Haltung zum Thema Familie im 21. Jahrhundert auf, die dem amerikanischen Mainstream immer noch schmerzlich abgeht. Deshalb gilt: Piste frei für Nico & Co.

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