Stille Hochzeit - Zum Teufel mit Stalin
Von Stefan LudwigAm 5. März 1953 ging eine russische Ära zu Ende: Der Diktator Josef Stalin erlag in Moskau den Folgen eines Schlaganfalls. Den sowjetischen Provinzen wurde angesichts dieses herben Verlustes für die kommunistische Welt Staatstrauer verordnet. Doch Stalins Tod scherte die Landbevölkerung herzlich wenig. Diesen Umstand macht sich Horatiu Malaele für seine Komödie „Stille Hochzeit“ zu Nutze. Der rumänische Schauspieler und Theaterregisseur verarbeitet eine reale Begebenheit zu einem Leinwandmärchen, das leider nur streckenweise überzeugt.
Aufgrund der festgeschriebenen Staatstrauer dürfen in Rumänien in der Woche nach Stalins Tod keinerlei Feste veranstaltet werden. Das bringt ein kleines Dorf in arge Schwierigkeiten: Ausgerechnet am Tag der Trauer-Ankündigung wollten Mara (Meda Andreea Victor) und Iancu (Alexandru Potocean) nämlich eigentlich heiraten. Das Festmahl ist bereits angerichtet, die Verwandtschaft aus dem ganzen Land angereist. Deshalb entscheidet die Dorfgemeinschaft, die Hochzeit nach dem Einbruch der Dunkelheit in einer Scheune zu feiern – so lautlos wie irgendwie möglich: Die Band stopft Stofflappen in die Trompeten, die Sänger bewegen nur die Lippen, statt mit klirrendem Besteck wird mit den Fingern gegessen und die polternden Kindern werden geknebelt. Doch irgendwann gibt es einfach kein Halten mehr und der Vater der Braut eröffnet das Fest mit einem lauten Schrei standesgemäß…
Die Idee einer lautlosen Party bietet genug Aufhänger für skurrile Scherze. Mit allerlei amüsanten Einfällen führt Regisseur Malaele die Unwegsamkeiten des geräuschlosen Feierns vor. Ob der krakelende Kuckuck aus der Wanduhr, eine brummende Flieg oder ein furzender, weil satter Gast – irgendein Laut bringt die fröhliche Festgemeinschaft immer zum Verzweifeln. Doch leider ist mit dieser Partysequenz der Höhepunkt des Films auch schon überschritten. Was dann noch kommt, ist nur noch Durchschnitt. Der derbe osteuropäische Humor zündet dann – auch aufgrund einer wenig überzeugenden deutschen Synchronisation – allerdings nur noch selten. Die abstruse Dorfgemeinschaft steuert zwar einige skurrile Charaktere bei, wirkt aber insgesamt einfach zu sehr überzeichnet. Die dauerblauen Kneipenkumpels, die sich alle paar Minuten prügeln wollen, und die sich pausenlos lächerlich machenden Parteipolitiker geben zwar ein buntes Figurenensemble ab, sind schlussendlich aber doch nur nach dem Schema F konzipiert.
Die Rahmenhandlung um ein fiktives Filmteam, das in einem Geisterdorf auf diese Geschichte aufmerksam wird, ist ebenso überflüssig wie wenig originell. Regisseur Malaele hätte sich bei seinem Kinodebüt besser auf die titelgebende lautlose Festivität konzentriert, anstatt den Kern des Films mit allerlei unnötigem Beiwerk zu verwässern. Der auftauchende Wanderzirkus bringt zumindest noch eine amüsant-romantische Liebesgeschichte um zwei Liliputaner mit sich. Die Gruselstory um die Ex-Geliebte des Bräutigams ist hingegen völlig fehl am Platze.
Fazit: „Stille Hochzeit“ ist eine unterhaltsame, aber nicht gänzlich überzeugende Ensemblekomödie, bei der keiner der Schauspieler genug Raum erhält, um sich tatsächlich ins Herz des Zuschauers zu spielen. Während der Film seinen großen Trumpf, die stille Hochzeit, voll ausspielt, bleibt die übrige Story deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Fans osteuropäischer Folklore sollten einen Kinobesuch dennoch nicht scheuen.